Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 2, 1989

Sole und Salz des Erzbistums und Kroniandes Salzburg Ein historisches Streifiicht Günther Hattinger Zur Betrachtung gelangt die Sole- und Salz gewinnung in Hallein, im heutigen Bundes land Salzburg, innerhalb des historischen Zeitraumes von der Gründung des Erzbi stums bis zu seiner Säkularisierung und dem Ende des Kronlandes Salzburg mit dem Zu sammenbruch der Donaumonarchie im Jah re 1918. Sie nimmt in der Geschichte des ostalpinen Salzwesens eine besondere Stel lung ein, welche sich aus der geographi schen und politischen Situation des Gewin nungsortes ergibt. Während der Völkerwanderung war der in der Bronze- und Eisenzeit zur Hochblüte gelang te, vorzeitliche bergmännische Salzabbau im Ostalpenraum in Hallstatt und am Dürrnberg bei Hallein gänzlich zum Erliegen ge kommen. Zur Zeit der Erhebung Salzburgs zum Erzbis tum unter Bischof Arn im Jahre 797 war der einzige nennenswerte Salzproduzent der Ostalpen die Saline Reichenhall mit einer großen Anzahl kleiner Sudpfannen, in wel chen aus Quellsole Salz gewonnen wurde. Auf Grund einer Schenkung hatte das Erzbis tum Salzburg schon damals einen wesentli chen Anteil an der Salzgewinnung in Rei chenhall und die Einkünfte daraus bildeten das wirtschaftliche Fundament des Erzbi stums. Der Name des Flusses Salzach und der Stadt Salzburg sind bereits auf die Salz gewinnung in Reichenhall zurückzuführen. Um die gleiche Zeit finden wir auch für Ober österreich in der Stiftungsurkunde des Klo sters Kremsmünster aus dem Jahre 777 einen eindeutigen Hinweis auf Salzgewin nung in historischer Zeit, ebenfalls aus Quell sole, von wahrscheinlich nur örtlicher Bedeu tung im Räume von Bad Hall. Am Ende des 12. Jahrhunderts, bedingt durch das Anwachsen der Bevölkerung und einer damit verbundenen, wachsenden Nachfrage nach Salz als Lebensmittel sowie für die Konservierung von Fleisch, Fellen und Häuten, entstanden nahezu gleichzeitig drei Sole- und Salzgewinnungsstätten auf engem geographischem Raum. Die Saline am Tuval, am heutigen Gutrats berg nördlich von Hallein, erstmals genannt 1191; und die Saline Goldenbach-Schellenberg, welche sowohl vom Gutratsberg als auch von Goldenbach mit Sole versorgt wur de. Beide Salinen mit ihren Solegewinnungs stätten wurden von der Propstei Berchtesga den errichtet. Um die Saline am Tuval erfolgte ein Territorialstreit zwischen dem Erzbischof und Berchtesgaden, an dem sich auch das Salzburger Domkapitel und die Bürger von Reichenhall beteiligten. Er gipfelte vorerst in einer Verwüstung der Saline am Tuval. Der Streit konnte endgültig erst durch Kaiser und Papst gelöst werden und führte zu einer Drei teilung des Ertrages der Saline zwischen dem Erzbischof, dem Domkapitel und Berch tesgaden. Um 1230 wurde der Betrieb dieser Saline wahrscheinlich wegen mangelnder Lagerstättensubstanz eingestellt. Die Saline Schellenberg, welche ab der Gründung des Salzbergwerkes Berchtesga den im Jahre 1517 auch mit Sole von dort ver sorgt wurde, stand nach wechselvollem Schicksal, wie Besetzung durch den und Ver pfändung an den Erzbischof, bis zum Jahre 1805 in Betrieb. Schließlich erfolgte als dritte Gründung die Saline Hallein in der ehemaligen Siedlung Mühlbach auf dem heutigen Stadtgebiet von Hallein und die Solegewinnung auf dem Dürrnberg im Bereich der damaligen Grund herrschaft der Abtei St. Peter. Sowohl die Propstei Berchtesgaden als auch die Abtei St. Peter hatten sich durch Falsifikation von Urkunden das Recht der Salzgewinnung auf ihrem Grund und Boden gesichert. Letztere übertrug ihren Rechtsanspruch jedoch auf den Erzbischof als Landesherrn, dessen Fi nanzkraft und politische Macht dem Salz bergbau auf dem Dürrnberg und der Saline in Hallein die nachfolgende Entwicklung zum damals größten Salzgewinnungszentrum der Ostalpen erst ermöglichte. Im Gegensatz zur Saline in Reichenhall, wel che auf die natürliche Darbietung von Quell sole der Menge und dem Salzgehalt nach an gewiesen war, wurde nunmehr auf dem Dürrnberg Sole anfangs durch Auslaugung von zu Tage anstehenden salzführenden Gebirgsformationen in Schöpfbrunnen und spä ter durch den Aufschluß des Salzgebirges durch Stollen und die Anlage von Schöpfbau en unter Tage gewonnen. Diese Gewinnungs technik wurde wahrscheinlich von Zisterzien sermönchen der Zisterze Rein erstmals für die 1147 genannte Saline Aussee in der Stei ermark im Ostalpenraum angewandt. Sie er möglichte bei ausreichender Anzahl von Ar beitskräften und Mittel für Aufschlußarbeiten und Vorrichtung die Anpassung der Förde rung an steigenden Bedarf und die Produk tion von gesättigter Salzsole. Dies wiederum führte zu einer Senkung des bedeutenden Holzverbrauches für die Sudpfannen gegen über nur Quellsole verarbeitende Salinen wie beispielsweise Reichenhall. Dazu kam die günstige geographische Lage am schiffbaren Fluß Salzach, kamen die flußaufwärts und umliegenden Wälder als Lieferanten des für die Feuerung der Sudpfannen erforderlichen Holzes, sowie des Holzes für die Erzeugung der Fuderformen zur Formung des Salzes und der Küfel für dessen Transport, als auch für den Schiffbau. Zu Lande lag Hallein an einer damals bereits bedeutenden Landes verbindung der „unteren Straße", dem wich tigsten Fernhandelsweg von und nach Italien über den Radstätter-Tauern schon seit der Römerzeit. Es waren damit für das Erzbistum Salzburg und seinem regierenden Erzbischof alle Voraussetzungen gegeben, mit dem bis her größten Salzproduzent der Ostalpen, der Saline Reichenhall, in Konkurrenz zu treten. Deren Absatzgebiet erstreckte sich sowohl die Saalach und Salzach, den Inn und die Do nau abwärts, als auch von Passau nach Nor den und die Donau aufwärts nach Regens burg. Auch das nördliche Schwaben sowie natürlich Bayern und auch das südliche Fran ken müssen dazu gerechnet werden. Durch dieses allem politischen und wirtschaftlichen Handeln immanente Konkurrenzstreben wur de in den Folgejahrhunderten die Entwick lung des Salzwesens des Erzbistums stark und nicht immer erfolgreich beeinflußt. Ende des 12. Jahrhunderts war die Salzpro duktion in Hallein für die Saline Reichenhall bereits so weit spürbar, daß die Bürger von Reichenhall sich gegen den Konkurrenten zur Wehr setzten. Als Antwort auf dieses Vor gehen ließ der Erzbischof im Jahre 1196 Rei chenhall niederbrennen. Die Solegewinnung am Dürrnberg und die Salzgewinnung in Hallein im Mittelalter wa ren in ihrer Organisation gekennzeichnet durch die größere Anzahl von daran Beteilig ten, den sogenannten „Mitsiedern". Um das Jahr 1200 können in Hallein mindestens drei Pfannen angenommen werden, eine dem Erzbischof, eine dem Stift Nonnberg und eine dem Erzstift St. Peter gehörend. Im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts wur den die Mitsieder um zwei weitere vermehrt. Der Erzbischof vergab an die Zisterzienser klöster Salmansweiler am Bodensee (Salem) und Raitenhaslach bei Burghausen weitere Siedeanteile. Er erwarb sich damit nicht nur in der Verwaltung von Wirtschaftsobjekten, sondern auch in der damaligen Technik der Solegewinnung, der Anlage von Schöpfwer ken unter Tage, bereits von der Tätigkeit des Ordens in Aussee herrührend, erfahrene Mit sieder. Jeder von diesen Mitsiedern hatte nicht nur sein eigenes „Sieden" („Pfanne" oder „Pfann haus") in Hallein, sondern auch am Dürrn berg seinen eigenen Anteil am Salzberg. Aus späteren Jahrhunderten ist uns die Zuord nung der einzelnen „Berge" (durch Stollen aufgeschlossene Abbauhorizonte) am Dürrn berg zu den einzelnen „Sieden" in Hallein ge nau bekannt. Als Pfannen wurden Rundpfannen mit einem Durchmesser von 13—18 Metern verwendet. Gegenüber den Ouellsole verarbeitenden Salinen waren die Pfannen der Salinen der Ostalpen, in welchen durch Auslaugung in Salzbergbauen gewonnene, gesättigte Sole 27

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