Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 2, 1989

Ferdinand Georg Waldmüller, Ansicht des Dachsteins mit dem Hallstätter See von der Hütteneckalpe bei Ischl, Ölgemälde, 1839, Museum der Stadt Wien, Inv. Nr. 8151 auch die Bäume gewachsen sind) nichts zu rechtgerückt, arrangiert ist, nichts hervorge hoben, übersteigert, nichts abgeschwächt; der Pinsel folgt den fernen Gletscherspalten und Felsenklüften ebenso wie den Schürzen und Hutbändern der zufällig aus dem Tal bei der Almhütte anlangenden Bauernmädchen. Die Farbigkeit, die Vielfalt der Stofflichkeit, das modellierende Licht, die klare Luft in der sichtbaren Umwelt sind Waldmüllers Thema. Er „malt die Natur in der Zeit ihrer reichsten Entfaltung, in der strahlenden Helligkeit un vergeßlicher Sommertage, im Licht einer Sonne, die alle Farben enthüllt und alles Le ben durchflutet. . . Seine leuchtenden Land schaften, in denen alles erschaut und nichts erdacht ist, sind wie farbige Spiegelbilder der Welt. Sie sind Zeugnisse einer positivistischen Gesinnung,® die ihren extremsten, nämlich mechanistischen Ausdruck in der Photographie, ,dem bösen Geist des Jahr hunderts',^ finden sollte . . ." So ist es mehr als ein Zufall, daß Waldmüller, der mit gleicher Liebe das gesamte Weltbild malerisch zu erfassen suchte, in der Stadt Salzburg, die seinen Vorläufern und Wegwei sern zum bestimmenden Ausgang ihres neuen Verhältnisses zur Natur geworden war, überhaupt nicht gemalt hat. Zwar hat auch er die Stadt — zum ersten Mal im Mai 1830 — besucht, aber seinem nur auf das Lebendige, Gegenwärtige und sinnlich Faßbare einge stellten Auge bedeuten die Wälder und Fels schluchten, die Wildbäche und Alpenseen, die Gebirgszüge und Alpendörfer, bedeuten die wundervollen Panoramen des Salzkam mergutes, aus denen häufig der Dachstein hervorragt, mehr als die uralten Friedhöfe und Ruinen, als die ehrwürdigen Klöster und Burgen, als alle Denkmäler der Vorzeit und die von schwärmerischer Romantik künstlich geschaffenen Parkanlagen. Waldmüller suchte die von Menschenhand unberührte Natur, die im hellsten Sonnenlicht leuchten den Täler und Berge, die kristallscharfe Klar heit der Bergzüge, die die Bläue des Him mels durchschneiden, das saftige Grün der Bäume und Wälder, deren Schatten helle Bergwiesen verdunkeln. Und so fand er außer im Salzkammergut nur in der Umge bung Salzburgs, im Berchtesgadener Land, das vielfach dem Salzkammergut gleicht, im Pinzgau und im Gasteiner Tal, Motive für seine Kunst".® 24

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