Bücherecke Koch (1838—1929), beide Lebensbilder nach exak tem Quellenstudium von Georg Hellingsetzer, Oberarchivrat am oö. Landesmuseum, und dem ehemaligen Superintendent der Evangelischen Di özese A. B. Oberösterreich Leopold Temmel an schaulich dargestellt, befindet sich der Leser be reits In der ferneren bzw. ganz nahen Gegenwart. Die folgenden Lebensbilder lassen sich In zwei Gruppen gliedern: Politik und Kunst. Die politischen Lebensbilder beschäftigen sich mit Johann Blöchl (1895—1987), „Vater des Mühlvier tels der Besatzungszelt" — Ludwig Bernaschek (1899—1970), „Ein Politiker ei gener Art" — Hans Lehner (1926—1984), „Herz und Verstand für Bauerninteressen". Irgendwie Ist auch die Biographie eines oberöster reichischen Seelsorgers In schwieriger Zelt, des aus Ebensee gebürtigen Theologen Franz Loidl (1905—1987), hier einzureihen. Die Autoren schöpfen durchwegs aus persönlicher Erinnerung. Ihre Lebensberichte sind deshalb auch lebensnah. Harry Slapnicka, Begründer der Abteilung Zeitgeschichte am oö. Landesarchiv — Hans Sperl, einst Sekretär von LandeshauptmannStellvertreter Bernaschek, zuletzt Bezirkshaupt mann von Eferding, ein eifriger Lokalhistoriker — Viktor Stampfl, durch 18 Jahre unmittelbarer Mitarbeit von Präsident Hans Lehner — Alfred Schlegel, Generalpostdirektor In Ruhe, einstiger Mitarbeiter von Loldl In der Wiener Katholischen Akademie, In der Serie „Oberösterreicher" bereits vertreten als Autor des 5. Bandes mit der Biogra phie von Landeshauptmann Dr. Josef Schlegel. Die zweite Gruppe Kunst beschäftigt sich mit zwei bildenden Künstlern, einem Baukünstler, einem Dichter, einem Volkskundler und den schon ge nannten Rundfunkmitarbeiter Heinz FlscherKarwln. Aus Platzgründen kann In dieser Rezension nur eine Aufzählung der Beiträge mitgeteilt werden. Allgemein Ist den Autoren zu bestätigen, daß auch sie anschauliche Lebensbilder gestaltet haben, daß viel Material zur zeitgenössischen Kunstszene aufbereitet wurde. Maurlz Balzarek (1872—1945), „Architekt — Von Otto Wagner bis zum Dritten Reich", Verfasser: Alexander Wied, Kustos an der Neuen Galerle am Landesmuseum Joanneum In Graz; Emilie SImandl-SchleIß (1880—1962), „Eine Frau im Kreis großer österreichischer Künstler um die Jahrhundertwende", Verfasserin: Elfrlede Prllllnger, Schöpferin und langjährige Direktorin des Kammerhofmuseum Gmunden; Hans Glelge (1901—1970), „Ein Leben für das Ausseerland", Verfasser: Franz Carl Lipp, wohl einer der berufensten wissenschaftlichen Vertreter der österreichischen Volkskunde; Alois Dorn (1908—1985), „Ein Leben für Figur, Raum und Maß — ein Leben für die Kunst", Verfas ser: Karl Pömer, ehemaligen Leiter der Kulturabtei lung des Amtes der oö. Landesregierung, In wel cher Funktion er sich eingehend mit dem Lebenswerk dieses Bildhauers beschäftigt hat; Heinz FIscher-KarwIn (1915—1987), „Der Gentle man-Reporter des österreichischen Rundfunks", Verfasserin: Irmgard Stelner, Journalistin, langjäh rige Kulturredakteurin des Linzer Volksblattes, der zeit Korrespondentin dieser Tageszeitung In Wien; Herbert Eisenreich (1925—1986), „Meisterhafter Erzähler und Essayist", Verfasser: Helmut Salflnger, pensionierter Gymnasialdirektor, Literaturhi storiker. 0. Wutzel Roland GIrtler: Wildere.r Soziale Rebellen im Konflikt mit den Jagdherren. — Linz: Landesveriag 1988, 311 Seiten, 13 x 21 cm, 18 Schwarzweiß-Abbiidungen, gebunden, Ladenpreis S 298.—. Der Vater der Soziologie, Auguste Comte, um schrieb seine Erfindung auch als die Physik der Gesellschaft. Seither wird an Ihr gezählt, gewogen und gemessen und man Ist sich nicht Immer ganz klar darüber, welchem Zweck solche Bemühungen dienen sollen. Manchmal aber wenden sich die So ziologen dem einen oder anderen Thema zu, das sonst zu unrecht gänzlich unbeachtet blieb. Das gilt auch für das hier abgehandelte Thema, mit dem der Soziologieprofessor GIrtler seine Publika tionen zu Sub- und Randkulturen erfolgreich fort setzt. Das Tun und Treiben, ja selbst die Erschei nung des Wilderers Ist In der Vergangenheit nicht gerade unbemerkt geblieben, doch Immer wieder mit Romantlkflair und Heimatkitsch kandiert wor den. So geht der Autor allen Erzählungen, geht Wilderergeschichten und -gerächten geflissentlich aus dem Wege und stützt sich bei der Durchleuch tung und Erforschung dieser Lebenswelt auf „freie Interviews", die Ihm als methodische Mittel vorran gig zur Verfügung stehen. Wie aus dem Hinwels auf benützte und zum Vergleich herangezogene Li teratur zu schließen Ist, wurden Not und Schicksal der Wilderer — abgesehen von Berichten über lo kale Geschehnisse — freilich schon früher des öf teren sachlich-ernsthaft betrachtet, allerdings un ter dem Blickwinkel von Juristen, Jagdherren oder Chronisten. Eine Studie des Phänomens nach der hier vorliegenden Methode scheint uns neu zu sein. Wie Robert GIrtler Im Vorwort bemerkt, kam er Im Verlauf seiner Vorarbeiten mit dem Thema der Armut von Bauern, Dienstboten, Taglöhnern u. a. im Gebiet der oberösterreichischen Berge auch mit dem Problem des Wilderers In Berührung und erkannte, daß diese weder romantische noch kriminelle Gestalt eine „nicht unwichtige Funktion" In der bäuerlichen Welt ausübt. Tatsächlich gelingt es dem Autor, diese Welt samt Ihren Problemen und Motiven äußerst farbig darzustellen. Wenn auch manche Kapitelüberschriften (Die Freude am kräftigen Fleisch oder Die Schlacht zwischen Wil derern und Gendarmen, Der Kampf auf der Mayralm bei WIndlschgarsten u. a.) neugierig machen, so sind dahinter keine Raubersgeschlchten zu er warten. Anliegen des Buches Ist es, die soziale Herkunft wie auch die soziale Position des Wilderers heraus zufinden, Typen und Strategien, Methoden, Partner- und Gegnerschaft In diesem Bereich ge sellschaftlichen Zusammenlebens deutlich zu ma chen. Für einen Leser, der den In solchen Kreisen sich ereignenden Vorgängen ferne steht, sind die Erhebungen über Sympathie und Ansehen der Wilderer In der Bevölkerung, sprachliche und juri dische Definitionen, nicht zuletzt auch Aufnahme bräuche und Symbole der Jagd, wie sie auch auf den in die Reihen der Wilderer einzuführenden jungen Burschen angewendet werden, überra schend. Es entspricht dem Wissenschafter, wenn er auch für diese „Randkultur", der seines Erachtens nach das Wildern zuzuordnen Ist, nach historischen Wurzeln sucht, wie er das auch für sein ebenso be achtliches Buch „Aschenlauge" (1987) besorgt hatte. In beiden Fällen zeigt Robert GIrtler seine überaus guten Ortskenntnisse, kommt er doch aus dem Gebiet des Pyhrnpasses. Darin liegt ein weite rer Vorteil, nämlich Gewährsleute zu finden und mit ihnen Ins Gespräch zu kommen. Wer Ist schon be reit, einem Fremden gegenüber einzugestehen, Wilderer zu sein, auch wenn dieser gewagte, ris kante und letztlich doch reizvolle Lebensabschnitt weit hinter Ihm liegt; selbst dann noch, wenn keine schmerzlichen Folgen mehr zu befürchten sind. R. Fochler Literatursplltter Andrea Schiokmair: Jenseits ailer Lügen — zum Le ben bereit. — Steyr: Veriag Ennsthaie,r 96 Seiten, 20,5 X 12,5 cm, broschiert, Ladenpreis S 98.—. Neben Landes- und Heimatkunde als Schwer punkt seiner Verlagslinie Ist es dem rührigen Steyrer Buchhändler und Verleger Wilhelm Ennsthaier offensichtlich ein persönliches Anliegen, auch jun ge Lyrik, die von der offiziellen Literaturkritik nicht beachtet wird, zu fördern. Mit der Herausgabe des Gedichtbandes von Andrea Schickmair aus Wels, Jahrgang 1959, erweist er erneut verlegerlschen Spürsinn. Seinem Werbetext: „Die Lyrik, die In diesem Buch geboten wird, wird dem Namen ,Ly rik'gerecht ...", Ist vollinhaltlich zuzustimmen. Die junge Lyrikerin schreibt aus persönlichem Erleben. Die Liebe Ist Zentrum Ihres Lebens — Liebe mit all Ihren Freuden und Leiden. Sie schreibt sich Ihre Gefühle von der Seele. Dadurch wirken Ihre Verse echt. Sie wirken auch In formaler Hinsicht. Andrea Schickmair versteht Ihr Handwerk. Neben persön licher Liebeslyrik dringt sie vor bis zu allgemeiner Menschenliebe. So darf sie u. a. schreiben: „Ich bitte Dich, /lach nie/ über meine Poesie. /Doch wenn nur/ ein einziger Satz / Dein Herz gewärmt hat, / so haben meine Worte / SINN / gehabt. Hugo Schanovsky: Telebilder. — Marburg: .W Hitze roth Verlag 1988, 45 Seiten, 1 Porträtfoto, 24 x 12,5 cm, broschiert, Ladenpreis ca. S 105.—. Erschienen sind diese Interessanten Prosatexte des ehemaligen Linzer Bürgermeisters Hugo Schanovsky In der Serie „VIS POETICA", einer Sonderreihe der In Marburg erscheinenden Zeit schrift „Literatur um 11". Ein Informatives Vorwort stellte Gertrud Fussenegger zur Verfügung. Sie nennt die 60 Texte „Bildgedichte". Wir möchten eher von Aphorismen sprechen. Es sind kurz ge faßte Gedanken über erlebte Kunstwerke von Inter nationaler Bedeutung, aber auch einige von aus schließlich lokaler Wertbezogenhelt. Der Autor erweist sich In diesen Texten als Huma nist und kluger Kunstfreund. Seine Beobachtun gen regen zu vertiefter Bildbetrachtung an. Sie sind frei von kunstgeschichtlicher Interpretation. Sie zeigen uns, welch geistige Möglichkelten sich bei Beschäftigung mit Kunstwerken jedem von uns erschließen können. O. Wutzel 92
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