Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 1, 1989

Stuckdecken in Vierkanthöfen des TIraunvierteis Friedrich Thoma Stuck ist die erhabene Verzierung auf Wän den, Decken, Plafonds und Gewölben in In nenräumen und auch auf Außenmauern. Das Material wird aus Gips, Kalk, Marmormehl und Wasser zusammengemischt und von Künstlern, Stukkateuren, auch „Kaikzieher" genannt, aber ebenso von Maurermeistern, Polieren und geschickten Maurern aufgetra gen und bearbeitet. Die hauptsächlichen Werkzeuge der Stukkateure sind Kelle, Spachtel, Schablonen und Model. Aufgrund gleichbleibender Elemente kann man die Hand eines Meisters bestimmen; z. B. ein Stukkateur, der immer wieder Herzornamen te in den vier Ecken des Plafonds anbringt oder Engelsköpfe, die in demselben Model gegossen wurden. Diese Model machten sich die Stukkateure selbst, meist aus Lehm; es wurden aber auch von Modelschnitzern hergestellte Formen verwendet. Bei größeren Figuren mußte zu erst ein Gestell aus Draht angefertigt werden. Dieses wurde mit der Stuckmasse überzogen und von den Meistern modelliert. So mächti ge Figuren wie in Kirchen findet man jedoch auf Bauernhöfen nicht. Bei meinen Untersuchungen habe ich in Bau ernhöfen des oberösterreichischen Traunviertels 575 Stuckverzierungen in Innen räumen vermessen, fotografiert und kata logisiert: Von diesen 575 Stuckdecken sind 480 rein weiß, das heißt mit Kalkmilch über strichen, 77 zum Teil färbig (entweder der Un tergrund oder die Stuckmasse). In 17 Decken sind Gemälde als Fresko eingefügt, eine davon machte eine besondere Ausnahme: 1 Decke — 5 Gemälde (die 4 Evangelisten und das Letzte Abendmahl auf einer Lein wand gemalt). Der Vierkanthof in seiner heutigen Form ist nicht älter als 200 Jahre. Diese Ansicht stimmt mit meinen Forschungen über die Stuckdecken überein. Beim Umbau eines Vierkanthofes wurden Ziegel gefunden, auf denen die Jahreszahl 1784 zu lesen war. Für die Aufzählung der Räume, in welchen sich die Stuckdecken befinden, will ich ganz kurz einen typischen Bauernhof be schreiben: Der firstgleiche Vierkanter besteht aus dem gemauerten Wohntrakt, den ebenfalls ge mauerten linken und rechten Stalltrakten und dem aus Holz gebauten Stadel mit der Tenne und den beiden Barren. Der Stalltrakt und der Stadel sind durch die Durchfahrt miteinander verbunden. Durch diese Durchfahrten konnte man in den mei sten Fällen früher im Hof befindlichen Mist vom Misthaufen ausführen. Den Mittelpunkt in der Front des Wohntraktes bildet die Haus türe. Durch sie kommt man in das Vorhaus. Rechts und links im Vorhaus sind Türen an gebracht, die in die Wohn- und Wirtschafts räume führen. Man unterscheidet zwei große Gruppen von Anordnungen der Wohnräume: die eine, wo die Küche straßenseitig gelegen ist und die Stube hofseitig, z. B. im Räume Wels; die andere, wo die Küche hofseitig und die Stube straßenseitig zu finden ist, z. B. im Kremstal. Es gibt allerdings keine genauere Abgrenzung dieser Formen. Bis vor den Umbauten nach dem Zweiten Weitkrieg ist ein Raum bei allen Höfen gleich geblieben: Das war die Menscherkammer (Mädchenzimmer), die immer außenseitig lag Deckenbild (Mittelbild) einer Stuckdecke 1792 In einer „Hohen Stube" In Kremsmünster mit Darstellung der Auferstehung Christi. In den Eckfeldern der Stuckdecke Darstellung der vier Evangelisten (In dieser Abbildung nicht sichtbar) :• ■ i ^ s ,42^ 71

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