Wirtschaftsperspektiven des IVaunvierteis Wolfgang Sperner Betrachtet man das Traunviertel in seiner geographischen Dimension, so ist es, mit seinen Grenzlinien ,umschrieben, das Land zwischen der Gebirgsregion des Dachstein massivs und des Toten Gebirges im Süden, des Donauabschnittes zwischen Linz und der Ennsmündung im Norden, sowie den mächtigen Flüssen Traun und Enns im We sten und Osten. Wollten wir in der Geschichte nach Beweisen suchen, um die Bedeutung alter Wasserstra ßen für die Entwicklung der Wirtschaft eines Landes zu demonstrieren, das Traunviertel wäre ein ideales Modell. Seit mehr als 2000 Jahren bildet die Traun als natürlicher Trans portweg von der Zeit der prähistorischen Salzgewinnung in Hallstatt bis zu der Kraft werkskette unserer Tage eine der wesentlich sten Schlagadern der Wirtschaft Oberöster reichs. Die Enns war vor allem im Mittelalter jene wichtige „Eisenstraße", die zur Lebens ader der „Eisenwurzen" wurde. Die Donau schließlich ist in ihrer Verkehrsbedeutung bis heute lebendig geblieben und prägt auch in der Gegenwart das wirtschaftliche Image von Linz. Dabei läßt sich eine historische Brücke von der uns Heutigen sagenhaft erscheinen den Raffelstettener Zollordnung, mit der in den Jahren 903 und 905 der Handel des Frankenreiches in den Südosten geregelt wurde, also eine Art erste „Donaukonferenz" (Raffelstetten ist heute eine kleine Ortschaft im Gemeindegebiet Asten), über den 1938 projektierten und seit 1946 großzügig ausge bauten Linzer Donauhafen und der 1953 ins Leben gerufenen Zollfreizonen-Betriebs AG, sowie der ebenfalls im Linzer Hafengebiet seit 1955 angesiedelten OÖ. Kühlhaus AG bis zum Ennser Donauhafenprojekt in Zusam menhang mit dem Endausbau des RheinMain-Donaukanals, der etwa 1992 erwartet werden darf, gedanklich errichten. Diese ver kehrsgeographische Situation wurde bestim mend für die Entwicklung des großindustriellen Ballungsraumes im Städteviereck LinzWels—Steyr—Enns. Wir sollten uns allerdings daran erinnern, daß das Traunviertel — trotz früher Industriealisierungsansätze (Salz und Eisen) — erst seit wenigen Jahrzehnten den Strukturwandel vom Bauernland zur Industrielandschaft er lebt. In dieser Region mit ihren fruchtbaren Ackerböden, auf denen immer noch mächti ge Vierkanthöfe das Landschaftsbild beherr schen, wo heute noch das bäuerliche Ar beitsjahr von traditionellen Jahrmärkten beherrscht wird, die in dem 1878 begründe ten Welser Volksfest gipfeln, das sich inzwi schen in einem Zweijahresrhythmus zu einer hervorragend besuchten Landwirtschafts messe entwickelt hat, kam es in unserer Ge genwart zur größten Industriezusammenbal lung Österreichs mit dem einstigen Stahlrie sen Reichswerke Hermann Gering, heute VOEST-Alpine AG, dem Linzer Stickstoffwerk, heute Chemie Holding AG, und den SteyrWerken in der alten Eisenstadt Steyr. Die so ziale Struktur dieses Raumes hat sich durch diese Welle der Industrialisierung rasch und gründlich verändert. Daß eine derartige wirtschaftliche „Monokul tur" aber auch Gefahren in sich birgt, mußten in den letzten Jahren Tausende Arbeitskräfte bitter erleben, als die verstaatlichte Industrie immer tiefer in finanzielle Probleme absack te. In dieser Situation zeigte sich, wie wichtig für eine gesunde Wirtschaft gute Klein- und Mittelbetriebe sind. In einer Zeit, da die ver staatlichte Großindustrie viele Mitarbeiter entlassen, freisetzen oder in Frühpension schicken mußte, waren es vielfach klein struk turierte private Unternehmen, die durch Neu aufnahmen den Arbeitsmarkt im Ballungs raum des Traunviertels stabilisieren konnten. Es bewährte sich nun auch die seit langem betriebene privatwirtschaftlich-freundliche Politik der oö. Landesregierung. Ebenso be währte sich die Besinnung auf die von der Natur vorgegebenen wirtschaftlichen Mög lichkeiten der Region. Die Natur hat das Traunviertel wahrlich mit Naturschönheiten reich ausgestattet. So be sitzt nach wie vor in diesem Raum der Frem denverkehr — trotz Primat der Industrie — einen hohen Stellenwert, für manche Talge meinschaften ist er immer noch der wichtig ste Erwerbszweig, auch wenn dies in Zahlen nicht so deutlich zum Ausdruck gebracht wer den kann. So meldet eine Arbeitsmarktstati stik aus dem Jahr 1986, auf das Traunviertel bezogen, im Fremdenverkehr lediglich 13.000 Beschäftigte, das war die 4. Stelle innerhalb der Gruppe von unselbständig Erwerbstäti gen; an 1. Stelle rangierte die Industrie mit 141.000, an 2. Stelle das Gewerbe mit 85.000, an 3. Stelle der Handel mit rund 67.000 Mitar beitern. Diese Zahlen werden, was den wirt schaftlichen Effekt betrifft, korrigiert durch die hohe Bedeutung des Fremdenverkehrs als Devisenbringer. Einige Beispiele, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollen die Stellung der Touristik im Traunviertel verdeutlichen. Dabei müssen im Salzkammergut vor allem die Anlagen der Dachstein-Fremdenverkehrs AG hervorgehoben werden. Mit der Dach steinbahn Obertraun zum Schönberghaus, zum Berghotel Krippenstein und zur Gjaidalm ist das Dachsteinplateau für Winter und Sommer hervorragend erschlossen, die un terirdische Zauberwelt der Rieseneishöhle und Mammuthölhle lockt jährlich Hundert tausende Besucher an. Die Gosaukammbahn erschließt mit immer größerer Frequenz die faszinierende Bergwelt des Gosaukammes mit seinen vielen Wandermöglichkeiten im Sommer und traumhaft schönen Skipisten im Winter. Seilbahnen besitzen, wie erwiesen ist, eine große „Umwegrentabilität". Sie bringen Gäste in Gegenden, die sonst nur karg strukturiert sind. In unserer Region können sie zusätzlich zur Schaffung einer „zweiten Saison" wesent liche Hilfe leisten. Im innersten Salzkammer gut beginnend, sind anzuführen: die Salz bergbahn in Hallstatt mit der immer beliebter werdenden Grubeneinfahrt in den Hallstätter Salzberg; die Katrin-Seilbahn, die auf den gleichnamigen schönen Aussichtsberg ober halb der „Kaiserstadt" Bad Ischl führt; die Feuerkogelseilbahn in Ebensee, die Seil bahngeschichte schreiben könnte, die Grünberg-Seilbahn in Gmunden mit herrlichem Tiefblick auf die Traunseelandschaft und einem viel begangenen Waldlehrpfad zum Laudachsee; die Wurzeralmbahn, eine hoch moderne Standseilbahn in Spital am Pyhrn; die Hinterstoder-Seilbahnen (Höß-Seilbahn und Bärenalm-Seilbahn). Dieses Bergbah nenangebot wird ergänzt von einer Vielzahl von Sesselliften und Schleppliften. Pionierar beit für den Fremdenverkehr im Almtal (Grü nau) wurde mit der Erbauung der Kasbergstraße geleistet. Auf diesen schönen Skiberg führt auch ein Sessellift. Fremdenverkehrstradition besitzt das Salz kammergut vor allem durch seinen Seen reichtum. Insgesamt sollen es 76 Seen sein (Hannes Loderbauer), darunter liebliche Bergaugen, bekannt vor allem die großen Seen: Hallstätter See, Wolfgangsee, Traunsee, Mondsee, Attersee, um nur die bekann testen zu nennen. Eine bedeutende Rolle im oberösterreichi schen Fremdenverkehr spielen auch die al ten, renommierten Heilbäder. Mit Recht wird Bad Ischl das „Herz des Salzkammergutes" genannt. Sein Solebad ist weltberühmt als bedeutendstes Bad dieser Richtung. Die Badetradition reicht bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück — Erbauung der Trinkhalle 1831. Traunaufwärts öffnet sich das liebliche Goiserer Becken und grüßt uns Bad Geisern, wo man 1874 auf der Suche nach Salzlagern auf eine Mineralquelle (Jodschwefel) stieß. In der freundlichen Landschaft des Alpenvor landes hat sich Bad Wimsbach-Neydharting zu einem Moorheilbad von Weltgeltung ent wickelt. Nicht übersehen dürfen wir in diesem Zusammenhang die Heilmooranlagen von Gmös. Eine zentrale Stellung im österreichischen Badewesen kommt Bad Hall zu, ein JodBrom-Sole-Bad, dessen Badegeschichte ebenfalls weit in das 19. Jahrhundert zurück63
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