Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 1, 1989

lieh sogar mit 80 bis 100 vielfach adeligen Gä sten), erwies er sich aber auch sensibel ge genüber den Anliegen der sozial Schwäche ren. Einen deutlichen Beweis liefert das westlich neben der Paura-Kirche gelegene Waisenhaus (heute Pfarrhaus). Schon 1720 trug sich der Lambacher Abt mit der Absicht, eine „Stiftung auf 7 Waisenknaben zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit" zu errichten (für die Kinder verunglückter Traunschiffer). Die Grundsteinlegung zum Bau der Pagl'schen Waisenhausstiftung erfolgte je doch erst am 24. Juli 1724. Ein Vergleich dieses Zweckbaus (einem halbelliptisch vor tretenden dreiachsigen Mittelrisalit und ihn flankierenden, vorspringenden, an der Stirn seite dreiachsigen Eckflügeln) mit Arbeiten des Linzer Baumeisters Prunner läßt auch bei diesem Werk die Autorschaft des Meisters der Paurakirche vermuten. Im gleichen Jahr ließ der Abt auch eine Stiftsapotheke errich ten, die sich bis 1794 im Stiftshof links vom Eingangsportal befand. Auf dem Puchberg bei Lambach setzte Abt Maximilian ein weiteres Denkmal tiefer Fröm migkeit, diesmal aber „Unserer lieben Frau" gewidmet. Er verwirklichte damit einen Wunsch eines Mitbruders, des Lambacher Paters Wolfgang Bruckmayr (1649—1722). Diese Mariahilfkapellemit den sieben konkav eingezogenen Seiten und dem glockenför mig ausschwingenden Kuppeldach mit Later ne entstand zeitgleich mit der Dreifaltigkeits kirche in Stadl-Paura. Die Grundsteinlegung erfolgte am 27. Juli 1717, die Weihe jedoch erst am 2. Juli 1736 unter Abt Johannes Seitz (1735—1739). Auch bei dieser Kapelle erweist sich die Architektur als Symbolträger. Noch zu Lebzeiten Pagls erhielt der Welser Maler Johann Georg Abfalterer den Auftrag, für die Kuppel sieben Ölgemälde mit Darstellungen der Sieben Zufluchten Mariens anzufertigen (Arbeitsbeginn im Sommer 1719 — Messenta übernahm die scheinarchitektonische Aus zier der Kuppel). Die konkaven Wand segmente des Außenbaus können so auch als Art Schutznischen Interpretiert werden, welche die Gottesmutter in Kerkersnot (I.), bei Leibesgebrechen (II.), in Feuergefahr (III.), in Kriegsnöten (IV.), bei Wassergefahren (V), bei ansteckenden Krankheiten (VI.) und bei Gewittergefahr (VII.) offenhält (= Zufluchten Mariens). Die am Altar der Kapelle ange brachte Nachbildung des Passauer MariahllfBildes verweist auf eines der beherrschen den Momente barocker Religiosität, überflü gelte doch die vornehmlich von den Kapuzi nern und Franziskanern propagierte Mariahilf-Verehrung alle anderen mariani schen Kulte. Da die Daten der Baugenehmi gung (10. September 1716) und der Grund steinlegung (27. Juli 1717) auch in zeitlicher Nähe zu zwei bedeutenden Türkenschlach ten (Peterwardein am 5. August 1716 und Bel grad am 16. August 1717), stehen, mag der Aspekt der in KriegsnötenbeistehendenGot tesmutter bei der Errichtung Vorrang genos sen haben (zumal Maria auch zur Schutzpa tronin der gegen die Türken zu Felde ziehenden Truppen erkoren wurde). Wollten wir eine Kurzcharakterisierung dieser Kapel lenarchitektur versuchen, so dürfte der Hin weis auf den aus einer Standardvorstellung lombardischer Baumeister entwickelten Zen tralbaugedanken nicht fehlen. Einzelne Bau details ließen sich zudem auch als stilistische Derivate aus Hildebrandts und Prunners Bauformenrepertoire identifizieren. Auf dem benachbarten Pfisterberg östlich der Mariahilfkapelle steht ein weiterer, von Abt Maximilian initiierter Bau: die Kalvarienbergkirche. In Hochlage gegenüber dem Stift (ver gleichbar mit dem 1736/37 errichteten Kalvarienberg des Stiftes Kremsmünster) erhebt sich der über einem griechischen Kreuz ent wickelte Sakralbau mit seiner markanten Doppelturmfassade. Mit Recht hat Bruno Grimschitz diese Kirche ob ihrer Einzelfor men (Portalrahmen mit Kleeblattbogen und schräg gestellten Freisäulen, Fensterrahmungen und die Form der Glockenkuppel) in den Oeuvrekatalog des für Abt Pagl mehr mals tätigen Prunner eingeordnet (zwischen 1719 und 1720 errichtet). Die Zuweisung des Konzepts kann auch durch den Umstand, daß P. Felix Etzinger (1663—1742) als Bauführer oder „Baumeister" erwähnt wird, nicht ernst lich erschüttert werden — Etzingers Anteil am Entwurf ist in keiner Weise festzustellen. Der Innenraum der Kalvarienbergkapelle pro fitiert von der malerischen Dekoration durch den in Zusammenhang mit dem Lambacher Sommerrefektorium bereits erwähnten Maler Heindl. Im Vertrag zwischen Pagl und Heindl (2. Mai 1724) verpflichtete sich zweiterer fol gende Freskenarbeiten zu übernehmen: Fresken in der gesamten Kuppel (Entsen dung Christi zum Erlösungswerk) sowie in den vier kleinen Kapellenanbauten, ferner die Kapitelle und die vier Vorführungen Chri sti — vor Kaiphas, vor Annas, vor Herodes und vor Pilatus). Als Lohn versprach ihm der Lambacher Abt neben Kost und Trunk im Stif te den Betrag von 500 fl. Heindl gelang durch die raffinierte Mischung von dramatisch be wegten Visionen und dekorativ-dynami schem Ornament eine Verfremdung bzw. eine imaginäre Ausweitung der starren Raumfolie. In diesem Bemühen deckten sich Heindls und Prunners Interessen. Die durch gängige Ausstattung mit Malerei (selbst tektonische Glieder wurden ins koloristisch-de korative Gesamtkonzept einbezogen) scheint beinahe einen Wesenszug des Rokoko vor wegzunehmen. Mit der Verlagerung der ge staltenden Phantasie in den Innenraum fin den die einzelnen Künste erst im vollendeten Zusammenspiel ihre eigentliche Bestim mung und Wirkung. Abt Maximilian Pagl war es aber nicht mehr vergönnt, in dieser Kirche Gottesdienste abzuhalten. Als Abt Gotthard von Lambach 1725 und 1728 beim Fürstbi schof von Passau um die Verleihung der MeßLizenz ansuchte, erhielt er diese nur befristet (für drei Jahre). Durch die 1945 zugefügten Bombenschäden ist dieses eindrucksvolle Gotteshaus an den Rande des Ruins gerückt und erst dank einer umfassenden Instandset zung gerettet worden. In unserer Würdigung der baulich-künstleri schen Beiträge Abt Pagls zur Lambacher Klo sterlandschaft müssen wir auch kleinere Auf gaben, wie z. B. die Auszier der Loreto- und Sakramentskapelle, die Barockisierung der Friedhofskirche, sowie den Ankauf von kirch lichen Geräten, Paramenten und Gobelins er wähnen. Einer dieser erhaltenen Bildteppi che stellt den hl. Adalbero dar, welcher das Stift Lambach der Gottesmutter weiht. Abt Pagl hat diese textile Kostbarkeit wohl in Ant werpen anfertigen und am Mariä-Himmelfahrtstag des Jahres 1712 in der Stiftskirche montieren lassen.® Im unteren Bildfeld des Teppichs sehen wir die Stiftsanlage mit den barocken Ziergärten. Von diesen großartigen Gärten und Wasserspielen haben sich erwar tungsgemäß nur mehr Fragmente erhalten. So sind im einstigen Prälatengarten (Traungarten) noch die letzten Reste einer Grotte er kennbar. Pagl folgte demnach ganz der neuen Mode, die sich hierzulande erst im 18. Jahrhundert, also recht spät, für die barocke Gartengestaltung zu interessieren begonnen hat. Auf dem genannten Adalbero-Gobelin wird in der rechten unteren Ecke des Stifts gartens bereits jener italienisch-französische Typus vorgestellt, der sich durch ein reiches, von Bosketten gesäumtes Broderieparterre auszeichnet und bald jede Barockanlage um gab. Neben der erwähnten Grotte stoßen wir auch heute noch auf Reste der einst qualität vollen Gartenplastik. Am vorhandenen Figu renmaterial läßt sich jedoch heute kein ein heitliches Programm, wie wir ein solches auch für Lambach erwarten können, ablesen. Die erhaltenen und ikonographisch als ge schlossen zu bezeichnenden Rgurenensembles, wie z. B. die Personifikationen der vier Elemente, der vier Jahreszeiten (im ehemali gen Prälatengarten) und der vier Erdteile (im Konventgarten), lassen aber ein umfassen des Figurenkonzept vermuten. In welchem Umfang die beiden in der Fachliteratur zur Diskussion gestellten Bildhauer Johann Felix Trintini (Trentini) und Leopold Mähl hier schöpferisch tätig geworden sind, bedarf erst 17

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