Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 1, 1989

auswahl ausgeübt. Neben Mattielli, d'Allio und Carlone begegnen wir beim Hochaltar bau noch dem bürgerlichen Bildhauer Jo hann Baptist Spaz (t 1729) aus Linz (er hatte den Salzburger Marmor zu liefern), dem Lam bacher Tischler Sigmund Rassinger (Taber nakelmodell), dem aus Hallein stammenden Steinmetzmeister Niclas Wendlinger (Archi tekturteile des Tabernakels) und dem Bild hauer Domenico Parodi (Alabasterfiguren). Abt Pagl hatte also bei der Auftragsvergabe Können und Begabung vor lokalpatriotische Interessen gestellt, wenngleich sich die Ablö se der italienischen und austro-italienischen Künstler durch heimische Kräfte auch am Beispiel Lambach dokumentieren ließe. Dem Vorbild seiner Amtskollegen folgend, stand Abt Maximilian Pagl in engem Kontakt zu be freundeten Klöstern. Wie schon Abt Anselm Angerer von Garsten (1683—1715) korrespon dierte auch der Lambacher Abt in Kunstfra gen mit dem Prälaten im bayerischen Tegern see (laut Briefkonzept vom 10. April 1711 bestellte Maximilian für den Hochaltar zwei Stück Marmor „im Grundt tunckhl graue mit weisßlichten Tupfen so auf Thiger ahrt herauß khomet")."^ Bald sollte sich herausstellen, daß auch Abt Maximilian das Bauen nicht allein als Le bensaufgabe, sondern als eine große Freude betrachtete. Wie viele andere Bauprälaten hatte er ein Tagebuch angelegt, das in Art eines Baujournals nur Leistungen und Verträ ge vermerkt, nichts aber von den mit den Bauvorhaben verbundenen Sorgen erahnen läßt. Der Bau der Dreifaltigkeitskirche in Paura bei Lambach nimmt nicht nur in diesem Ta gebuch Pagls eine herausragende Stellung ein. Durch die Eintragung der wichtigen Da ten und durch eine Reihe von Kontrakten ist diese Bauschöpfung Johann Michael Prun ners (1669—1739) vom Baukontrakt bis zur Bauvollendung urkundlich nachvollziehbar. Der Hauptanlaß für die von Abt Maximilian schon länger geplante Dreifaltigkeitskirche ergab sich durch ein Gelöbnis im Pestjahr 1713, in dem auch Kaiser Karl VI. aus demsel ben Grunde sein Versprechen zum Bau der Karlskirche gab. Die Pestepidemie der Jahre 1713/14 war zwar die letzte große Pestwelle in Österreich, doch erfaßte sie einen höheren Prozentsatz der Menschen als die der Jahre 1679/80. Da als gerechte Strafe Gottes für das sündige Leben der Menschen angesehen, konnte die Pest unter anderem auch durch Besserung des Lebenswandels („Abstehung von sündigem Leben" und durch regelmäßi ges Beten) abgewandt werden.® Da der Markt und das Stift Lambach von der Seuche verschont geblieben waren, wollte Pagl sein Gelübde rasch einlösen. Er suchte deshalb am 2. Jänner 1714 in Passau (hier lag das zu ständige Fürstbischöfliche Ordinariat) um Baugenehmigung an, welche schon zwölf Tage später (14. Jänner) erteilt wurde. Die theologische Idee, bzw. das ikonographische Programm, Gott durch ein symbolisches Baukunstwerk zu verherrlichen, das in allem die Dreiheit widerspiegeln und doch als Gan zes eine harmonische Einheit darstellen soll te, stammt von Abt Maximilian selbst. Auf dem Altarblatt des Gott-Vater-Altares der Paurakirche (Martine Altomonte 1722) präsentiert der Lambacher Kirchenfürst den Bauplan dieser Kirche demutsvoll der Dreifaltigkeit — und sich selbst in der Pose des Schöpfers sei nes eigenen Denkmals. Dieser Eindruck wird noch durch die Hintergrund-Ansicht der voll endeten Paurakirche und der Lambacher Stiftsanlage (Akzent auf die von Pagl errichte ten Klostergärten) verstärkt. Ist in diesem Ge mälde der Abt noch an der Spitze des Kon vents gegeben, so entspricht das ebenfalls von Altomonte geschaffene Brustbild Pagls (1722, Lambacher Stiftssammlung) noch deutlicher dem neuzeitlichen Typus des Stif terbildnisses: Pagl hält — in Abwandlung der im Mittelalter üblichen Baumodelle — den Bauplan der Paurakirche in seiner Hand. Diese Porträts lassen keinen Zweifel daran, daß die Bautätigkeit die einzig überliefernswerte oder zumindest die in den Augen der Zeitgenossen bedeutendste Leistung dieses Lambacher Abtes bildete. Die künstlerische Qualität der Paurakirche wiegt jedoch im Fal le Pagl die uns heute wohl als überbewertet erscheinende und zu prominent vorgetrage ne Rolle als weltlich orientierter Bauherr auf. Der am 4. März 1715 in Lambach zwischen dem Abt und dem „khunstreichen H. Johann Michael Prunner, Baumeistern zu Lünz" ab geschlossene Baukontrakt verpflichtete Prunner, jeden Frühling „zu rechter zeith" am Bauort zu erscheinen und während der Bau zeit monatlich wenigstens einmal die Arbei ten zu kontrollieren „damit das Gepey dem eingereichten Endtwuerff und Abriss nach ohne Fehler" aufgeführt werde. Prunner schloß mit seinem diffizilen Bauplan schein bar nahtlos an den in der manieristischen Kunst veränkerten Versuch einer symbolisti schen Architektur an. Er hatte wohl auch Kenntnis von Georg Dientzenhofers (1643—1689) Dreifaltigkeitskirche im ober pfälzischen Kappel (zwischen 1685 und 1689 entstanden), die über einem dreipaßförmigen Grundriß errichtet und ebenfalls mit drei Tür men ausgestattet war. Ein noch viel engerer stilistischer Konnex zu Paura ergibt sich durch einen Vergleich mit der dreitürmigen Annakapelle in Jungfern Bfezan/Böhmen. Giovanni Santini Aichel (1667—1723) schuf diesen Sakralbau ab dem Jahre 1705. Da wir von Prunners Beziehungen zu Böhmen wis sen, mögen wichtige Anregungen zum Bau der Paurakirche aus dieser Richtung gekom men sein. Mittels graphischem Material (Ris se, Kupferstiche etc.), das von einzelnen Bau ten angefertigt und von den stolzen Bauherren gerne an Standesgenossen und Kunstfreunde verteilt wurde, ist wohl auch Prunner bei der Bewältigung der heiklen Auf gabenstellung beeinflußt worden. Die Bauar beiten an der Dreifaltigkeitskirche in StadlPaura dauerten vom Juni 1714 bis zum Okto ber 1717, und so konnte bereits 1718 mit der Innenausstattung begonnen werden. Die Zahl drei als Symbol lag nicht nur dem Bau selbst, sondern auch der Einrichtung zugrun de. Schon der Grundriß bildet ein gleichseiti ges Dreieck, das einen Kreis umschließt (nach dem Grundgedanken der Dreifaltigkeit: innen eins, außen drei). Drei Türme, drei Por tale, drei Altäre, drei Orgelemporen usw. kor respondieren mit der Idee dieser im Äußeren auffallend konkav und konvex rhythmisierten Kirche, deren Fassadenkomposition der Pe terskirche Hildebrandts in Wien als Vorbild diente. Am 25. Februar des Jahres 1718 fin den wir in Pagls Aufzeichnungen folgende Paura, Pfarrkirche zur heiligsten Dreifaltigkeit und Pfarrhof, ehemaliges Waisenhaus. — Foto: Gerhard Aigner, Linz. Luftaufnahme freigegeben vom BMLV mit ZI. 13080/385 — 1. 6./83 14

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