Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 1, 1989

■ Stift Lambach, kleiner Bibiiothekssaai, Ausschnitt vom Deckenfresko: Entwurf zu einer Dreifaltigkeitskapelle 1711, daneben Waffen. Das Gesamtthema dieses Deckengemäldes ist eine Allegorie auf Kriegswissenschaft und Baukunst. — Foto: Elfriede Wöhry, Linz Wicklung der barocken Bibliothek vom 17. zum 18. Jahrhundert läßt sich auf die zuneh mende Lust am Prunk, wie auch auf die stetig wachsende Anzahl der Bücher zurückführen. Es ist wohl anzunehmen, daß Pagl bei sei nem Bibllotheksvorhaben aus Gründen der Einheitlichkeit bewußt an das ältere Vorbild anzuschließen suchte. Eine ähnliche Situation muß sich auch ab 1710 ergeben haben. Plante doch der ehrgei zige Abt Maximilian eine Neugestaltung des 1656 bereits vollendeten hölzernen Hochalta res. Diese Aufgabe stellte sich weniger aus praktischen Überlegungen, als aus dem ge änderten Geschmack (Orientierung am Hochbarock) und mündete letztlich in eine Neugestaltung des Altares. Zu diesem Zwecke trat man an Johann Bernhard Fi scher von Erlach (1656—1723) heran, wel cher seinerseits lediglich den unglücklichen Zustand des alten Hochaltares konstatierte, Fragen hinsichtlich des zu verwendenden Marmors stellte und dem Lambacher Abt überdies einen Stich des großen Altares in Mariazell übermittelte (Schreiben Fischer von Erlachs an den Salzamtmann in Wien, Carl Bartolli von Bartenfeld, 6. September 1710). Sosehr wir auch den Beitrag der einzel nen Künstler kennen und die stilistische Ver wandtschaft zu Fischers Mariazeller Hochal tar (ab 1694) ersehen, die Frage nach dem Urheber des neuen Altarkonzeptes bleibt dennoch offen. In den Diskussionen zu diesem Problem wurde mehrmals Antonio Beduzzi (1675—1735) erwähnt (besonders in Hinblick auf die 1711 datierten Entwürfe für die Seitenaltäre der Stiftskirche Melk). Unter Beibehaltung von Sandrarts Hochaltarge mälde mit der Darstellung der Himmelfahrt Mariens (1655 datiert) entstand ein klar ge gliederter Marmoraltar. Je zwei auf hohem Unterbau postierte Säulen mit ionischen Ka pitellen flankieren das Altarblatt, wobei durch die der Chorwand angepaßte Säulenstellung (viertelelliptisch einwärts gekrümmt) einer seits die dazwischenliegenden Oratorienfen ster mit ihren feuervergoldeten Gittern op tisch entschärft werden, andererseits die Hochaltarplastiken beidseitig des Altarblat tes (der hl. Kilian links, der hl. Maximilian rechts) an theatralischer Wirkung gewinnen. Gerade letzterer Effekt ließe sich sowohl auf Fischers Konzept für Mariazell, als auch auf Beduzzis Lösungen zurückführen. Die Altar bekrönung umfaßt ein reiches stuckplasti sches Ensemble, bestehend aus einer Trinitätsgruppe, zahlreichen Engelsgestalten und den Statuen der hll. Katharina (links) und Bar bara (rechts). Während das Dreifaltigkeitsen semble sowie die Engel und Wolkengebilde von Paolo dAllio und Diego F. Carlone ge schaffen wurden, konnte Abt Maximilian für die vier großen Statuen des Altares den aus Vicenza gebürtigen kaiserlichen Hofbildhau er Lorenzo Mattielli (um 1688—1748) gewin nen. In einem Vertrag vom 30. Oktober 1713 beauftragte der Lambacher Abt Pagl vorerst Die „Stockhatoren" Diego Francesco Carlone und Paolo dAllio mit der gesamten Ausfüh rung des Hochaltares. Der Auftrag betraf alle anfallenden Arbeiten und sollte ab 1714 reali siert werden. Noch in einem Schreiben Allios an Pagl vom 13. Juli 1717 erbietet sich Carlone alles zu verfertigen, sowohl die vier Statuen, als auch all jenes, was im Riß und Modell an gesprochen worden ist. Aus dieser Zeit (zwi schen dem 27. August 1717 und dem 4. Okto ber 1718) besitzt das Stiftsarchiv aber auch Zahlungsbestätigungen an Mattielli. Diesem Umstand zufolge mußte Pagl bald nach dem ersten Vertragsabschluß mit Carlones Vor stellungen Unzufriedenheit empfunden ha ben. Elfriede Baum datierte stattdessen, wie viele andere Autoren auch, Mattiellis Hochal tarfiguren für Lambach ins Jahr 1714, in dem der Künstler nicht nur den Titel eines kaiserli chen Hofbildhauers verliehen bekam, son dern auch vom Benediktinerstift Melk erst mals für kleinere Aufträge (Attikafiguren und Vasen) herangezogen wurde. Eine derartige Datierung setzt schon eine frühe, archivalisch nicht dokumentierbare Abwendung Pagls von Carlone und letztlich einen Ver tragsbruch voraus. Obwohl von Mattiellis Frühwerk andernorts nichts erhalten blieb (das goldene „Kindl" für Mariazell, das Altar kreuz für Karl VI. und die Bau- und Gartenpla stik für den Schwarzenbergischen Landsitz in Hirschstetten sind allesamt verlorengegan gen), muß dieser Bildhauer ob seiner Her kunft und seines Ranges auf Pagl einen gro ßen Eindruck gemacht haben (Melk als Vermittler?). War es Pagl auch nicht gelun gen, den Hofbaumeister Fischer von Erlach für das Lambacher Altarprojekt zu interessie ren, so hatte er wenigstens in der Person des Hofbildhauers Mattielli eine renommierte Kraft an der Seite. Möglicherweise hat die 1714 nach Mattiellis Entwürfen entstandene Silber-Kreuzigungsgruppe in Mariazell einen entscheidenden Einfluß auf Pagls Künstler12

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