Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 4, 1988

Links: Geätzte Rüstung, Ende 16. Jahrhundert, blankes Eisenblech mit gebördelten Rändern, bestehend aus Visierheim (auf Stirn geätzt), Haisberge (geätzt), Brustharnisch (geätzt), Rückenharnisch, Schultern, Armzeug, Ellenbogenkachein (geätzt), Eisenhandschuhen, Diechiingen, Kniekachein (geätzt), Beinröhren und Eisenschuhen Rechts: Anderthaibhänder 1500—1525. Sechskantkiinge mit zwei Schliffen im oberen Drittel, Sförmige gedrehte Parierstange mit rundem Querschnitt und Kugeiknäufen, Griff mit Leder überzogen, birnenförmiger Knauf Mit seiner Produktpalette kommt der Mitteiaiterfan den Bedürfnissen der Gegenwart mit ihren historischen Sehnsüchten genau ent gegen. Wenn man bedenkt, daß er seine Kunstwerke, und das sind sie sicher, erstmais vor vier Jahren auf der Münchner Hand werksmesse präsentierte, so muß man wohi von einem kometenhaften Aufstieg sprechen bzw. schreiben. Fast ausschiießiich stellt er auf ausländischen Messen aus: Straßburg, Chikago und Toronto begründeten die inter nationale Geltung des durchaus bescheide nen Moiiner Meisters. Österreich steht mit Wien 1987 nur einmal auf der Liste. Kostspielige Zeitungsinserate braucht Schmidberger nicht. Mundpropaganda — und zwar weltweit — trägt in der Hauptsache die Werbung —, auch zahlreiche Fachartikei (wie der vorliegende) sind nicht gerade ein Nachteil. Die schon erwähnte Auftragsliste ist nur noch insofern zu ergänzen, als in den U.S.A. haupt sächlich alte Waffen gefragt sind und Bestel lungen auch aus Südafrika, Saudiarabien, Malaysia und noch einigen exotischen Län dern vorliegen. Die Orders halten sich an die Produktpaiette des Meisters. Es gibt keine „verrückten" Be stellungen, wie man es sich vielleicht bei Kunden aus dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten" vorstellen könnte. Ein einziger „origineller" Auftrag ist in Johann Schmidbergers Gedächtnis haften geblie ben: Ein Wiener wollte einen Motorradheim mit Vollvisier bestellen — dieser Auftrag wur de allerdings nie ausgeführt. Ein rationaler Mensch würde jetzt fragen: „Wozu braucht man heutzutage das mitteiaiteriiche Zeug? Ritter gibt es keine mehr — und zur Aufbewahrung von Wertgegenstän den hat man die Bank oder einen Tresor." Nun, Ritterrüstungen dienen als Dekor oder aber auch als Kostüme für Ritterspieie. So mancher Burgenverein Deutschlands hat in seinem Vereinsiokal eine Schmidberger'sche Rüstung als Zier stehen. Schmidbergers momentaner „Renner" sind stark verkleinerte Rüstungen, von denen der zeit „in Serie" produziert wird, was hinwieder um aber nicht den Eindruck einer Massen herstellung erwecken soll — im Gegenteil, jede einzelne Rüstung ist (schon lange) vor bestellt. Apropos originelle Aufträge! Hier wäre unbe dingt noch ein Zusatz zu machen. Ein deut scher Wissenschaftier bedachte unseren Meister mit einem wirklich einzigartigen Auf trag: Schmidberger solle die „Eiserne Hand" des Ritters Götz von Berlichingen, der land auf und landab dank Goethe noch anderwei tig bekannt ist, originalgetreu nachbauen. Nun mag man meinen, daß so eine Armpro these keine ailzugroßen Schwierigkeiten ma chen könnte. Weit gefehlt! Götz von Berlichin gen, Herr auf Jagsthausen (1480 — 1562), verlor im Landshuter Erbfoigekrieg 1504 durch eine Geschützkugel seine rechte Hand. Er ließ sich damals die berühmte 55

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