Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 4, 1988

Ei*8a 4 mr -'-jrl ■('>: ■ Marmorieren von Vorsatzpapieren: die Farben werden auf einen fiüssigen Grund aufgetropft und zu Mustern geformt Marmorieren von Vorsatzpapieren: das schwimmende Muster wird mit einem Papierbogen abgehoben Die plötzliche Notlage Heß die junge Frau über sich hinauswachsen. Zwar fiel es Ihr nicht schwer, Papier- und Lederwarenge schäft Im Witwenbetrieb weiterzuführen, aber die Werkstatt lag verwaist, und gerade diese sollte auf jeden Fall der Familie erhal ten bleiben. Das bedeutete neben Haushalt und Geschäftsführung Lehr- und Gesellen jahre In der eigenen Buchbinderei und Ab schluß der Ausbildung durch die Meisterprü fung Im Jahre 1930. Mittlerwelle war Ernst II. Ammering zehn Jah re alt. Die Welt seiner Kindheit war die helmi sche Buchbinderwerkstatt: In einem Alter, In dem sich andere Buben kaum für Karl May In teressleren, galt seine Leidenschaft bereits der Fachliteratur seines Vaters, und als er In die Lehrjahre kam, konnte Ihm, was Techni ken, Stile und Praxis der Buchbinderei an langte, keiner ein X für ein U vormachen. Nach einem Jahr Lehrzelt hatte er folglich auch die Gesellen überflügelt. Seine Jugend hinderte Ernst Ammering daran, nach Ham burg oder Weimar zu gehen. So vervoll kommnete er sich In München an der Mei sterschule für Deutschlands Buchdrucker und später In Wien an der Akademie der Bil denden Künste. Seine Ausbildung entsprach seinen mannigfachen Talenten: Radierung und Holzschnitt zählten gleichermaßen dazu wie Kalligraphie, die er als Privatschüler bei Anna Simons, damals Deutschlands Num mer Eins auf diesem Gebiet, studierte, er er lernte die aus dem 15. Jahrhundert stammen de Kunst des Lederschnitts und sämtliche Finessen der Handbuchbinderei. Die Einberufung zum Militär Im Oktober 1940 machte dem rastlosen Wissens- und Blldungsdurst des jungen Mannes zunächst ein Ende. Ernst Ammering ging den leidvollen und entbehrungsreichen Weg der 45. Infanterle-DIvIslon über Rußland bis In die amerika nische Kriegsgefangenschaft und hatte da bei noch mehr Glück als sein Bruder Bruno, der — ein höchst talentierter Dichter — 1944 Im Felde blieb. Als Ernst Ammering 1947 den elterlichen Be trieb als selbständiger Buchbindermeister übernahm, gab es kaum Aufträge: Die Men schen dieser Zelt hatten andere Sorgen, als alte Bücher sachgerecht binden zu lassen, und überdies mangelte es an brauchbarem Material. So bewies der junge Meister seine Fähigkeit und sein Können In unzähligen klei nen, unterschiedlichsten Aufträgen, die seine Vielseitigkeit stets aufs neue herausforder ten. Neben den technischen Finessen vertief te sich Ammering Immer mehr In die geistige Welt der Bücher, und es Ist so gesehen nicht verwunderlich, wenn der exzellente Buchbin-

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