Die Buchbinder Ammering zu Ried im innkreis Spezialisiert auf Vielseitigkeit Helga Litschel Es waren ihr schon Berichte und Aufsätze vorausgegangen, doch auf der Frankfurter Buchmesse des Jahres 1978 wurde sie nach mehrjähriger Arbeit vorgestellt und setzte die Fachweit in Erstaunen: die Faksimile-Aus gabe der 42zeiligen Gutenbergbibel in zwei großen Folio-Bänden zu je 640 Seiten. Dieses Prachtwerk mit mehr als hundert Miniaturen in vier bis zwölf Farben trug nicht nur dem Münchener Idion-Verlag und der für die Faksimiiierung verantwortlichen Lichtdruck AG in Dielsdorf bei Zürich hohes Lob ein, son dern auch einem kleinen Familienbetrieb in Ried im Innkreis, der Buchbinderei Amme ring. Ernst Wilhelm Ammering und sein Sohn Ernst Bruno nahmen die Herausforderung, diesem Meilenstein deutscher Buchdrucker kunst einen adäquaten Einband zu geben, an, nachdem ein Unternehmen in Deutsch land sich einer solchen Aufgabe nicht ge wachsen gefühlt hatte. Vater und Sohn Ammering gingen mit viel Sachverständnis und mit großer Akribie an ihre Arbeit heran. Sie prüften sämtliche noch im Original vorhandenen Einbände der B 42 und entschieden sich für das in Fulda ver wahrte Exemplar des „Buchbinders mit dem Lautenspieier und dem Knoten". Um eine weitgehende Annäherung an das Original zu erreichen, mußten sämtliche verwendeten Blindstempel von Hand nachgeschnitten und einzeln auf die Decke aufgedrückt werden. Es versteht sich, so gesehen, beinahe von selbst, daß auch alle übrigen Bindearbeiten, das Fadenheften der einzelnen Lagen auf fünf Doppelbünde aus Hanf, das Umstechen der Kapitale, das Anbringen der hölzernen Buchdeckel und das Überziehen mit pflanz lich gegerbtem Kaibsleder händisch gescha hen. „Unsere Faksimile-Einbände sehen keine Maschine!" bekräftigt Ernst Ammering, der Seniorchef. Heften einer Faksimileausgabe auf echte Doppelbünde, eine über 1000 Jahre bekannte und übliche Heftart von Handschriften und Druckwerken Eine Perfektion in handwerklicher und künst lerischer Hinsicht, wie sie die Buchbinderei Ammering mit dem Binden der Gutenberg bibel an den Tag legte, entsteht nicht von un gefähr. Der Familienbetrieb geht zurück auf das Jahr 1839, als der Buchbinder Franz Kranner das Geschäft im Haus Roßmarkt 39 von der Witwe Golling übernahm. Sein Sohn Wiiheimi setzte die Tradition der Buchbinde rei, die bis ins Jahr 1761 reicht, fort und ver legte 1880 den Betrieb in das Haus Haupt platz 14, in dem noch heute Lederwaren handlung, Papierfachgeschäft und Buchbin derei untergebracht sind. Wilhelm Kranners Ehe mit der Nachbars tochter Kreszentia Dachauer — Tante des nachmals berühmten Malers Wilhelm — blieb kinderlos, und so nahmen die Kranner den Neffen Ernst, Sohn der Josefa Dachauer, verehelichte Ammering, schon als Baby bei sich auf. Ernst Ammering zeigte bald solide künstlerische Anlagen, die er sowohl von der Familie Dachauer als auch vom Vater, einem Kunstgiaser, geerbt haben mochte. Die Basis für das Buchbinderhandwerk erlernte er im Betrieb seines Onkels, dann ging er, wie es 1 r
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