Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 4, 1988

Arnold Lobisser — Von der Drechselbank zum Dudelsack Eva H. Neuburg In seinem Paß steht in der Rubrik Beruf „Tischlermeister" eingetragen, was amtlich korrekt und gleichzeitig so irreführend Ist, wie die Profession „Schüler" für bejahrte Seme ster. Doch das Reisedokument des Arnold Lobisser bleibt ohnedies die meiste Zeit in der Schublade. In der Welt herumzuzigeunern, ist nämlich ebenso wenig seine Sache, wie mit seiner wahren Berufung hausieren zu gehen. Der Mann aus Hallstatt mit dem Ge burtsort Graz könnte wahrlich aus einer gan zen Palette von Möglichkeiten wählen: Kunst handwerker zum Beispiel — doch das sagt wenig; Restaurator in eigener Sache — aber wen interessiert das schon? Instrumenten bauer — das käme schon näher, aber da fehlt halt die offizielle Bescheinigung; Lehrer — ein solcher ist er wirklich, und zwar an der Höheren technischen Lehranstalt von Hall statt; Kellner, Gastwirt, Kellermeister, auch das stimmt. Verflixt noch einmal, was und wer ist er wirk lich, dieser Arnold Lobisser, dessen Vielsei tigkeit nicht nur Paßämter überforderte, wäre nicht künftig die Berufsbezeichnung ohne dies aus der Liste der Angaben zur Person gestrichen? „Lassen wir es bei Tischler, das habe Ich gelernt", meint er schlicht. Anstelle weiterer Erklärungen führt er den Besucher einfach durch sein Domizil. 1472 wurde das vermutlich aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammende „Salzfertigerhaus" erstmals urkundlich erwähnt, 1504 verwandelten es die Hallstätter in eine Brauerei, seit 1860 ist der Bau mit den massiven Mauern im Besitz der Familie von Arnolds Frau Verena. Als sie vor mehr als zwanzig Jahren einen „Zuagrasten" aus Graz zum Mann nahm, da brachte sie ein architektonisches Juwel mit in die Ehe. Die Fassung aber verlieh dem tradi tionsreichen „Brauhaus" erst der gelernte Tischlermeister, der bei den Revitalisierungsarbeiten zum Allrounder werden mußte. „Vom Ofensetzen bis zum Rundmauern von zwanzig Türlöchern habe ich alles selbst ge macht", sagt er heute fast ohne Bitterkeit. Da mals, als er sich die Ärmel aufkrempelte, um der verborgenen Schönheit des mehr als 700 Jahre alten Gemäuers den ursprünglichen Glanz zu verleihen, halfen dem Ehepaar Lo bisser weder Bundesdenkmalamt, noch an dere Behörden. Eine Subvention von 30.000 Schilling war alles, was die offiziellen Stellen locker machten, damit der beim Heraus sprengen der Toilettenanlagen zum Vor schein gekommene steinerne Doppelbogen fensterrahmen aus dem 16. Jahrhundert wieder dort angebracht werden konnte, wo einst sein Platz war. Allen Widrigkeiten zum Trotz steht das Brau haus heute so da, wie es sich Arnold Lobisser vorgestellt hatte: ein urgemütlicher Ort, in dem jeder Winkel seine Handschrift trägt. Denn überall, in der Gaststube, den Frem denzimmern und in der Privatwohnung, ver leihen Möbel von ganz besonderer Art den Räumen jene schwer zu schildernde Atmo sphäre von Gediegenheit und Würde, wie sie kein noch so talentierter Architekt erzielen kann, der ein Interieur bloß nach äußeren Kri terien wählt. Nahezu jeden Kasten, jeden Schrank und jede Truhe hat der Herr des Hauses selbst gezimmert — nach Original vorbildern. Aus dem „Neo-Hallstätter" Arnold Lobisser (Geburtsheimat Graz) Ist längst ein begeisterter Hallstätter geworden — „Und an keinen anderen Ort wird man Arnold Lobisser jemals verpflanzen können". Im Bild: Arnold Lobisser Im Gastgarten des Brauhauses mit einer alten Geige, die ihm zur Reparatur übergeben worden ist

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