Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 4, 1988

Links: Die Braunauer Kerze Im Chorraum der Flllalkirche St. Florian bei Flelpfau (Innviertel) mit der Jahreszahl 1751, Abbildung der Braunauer Stadtpfarrkirche mit Notdach nach einem Brand Rechts: Kinder zeigen stolz ein Prunkstück der 7 erhaltenen Votivkerzen In der Flllalkirche St. Florian bei Flelpfau — die „Wurmannsquicker-Kerze", benannt nach einer Ortschaft in Bayern, Jahreszahl 1767, neben der Darstellung der Flll. Florian und Andreas folgende Aufschrift: Vor Flagel und Donner/vor großen Unglick/behüth Wurmans/quikh Sühnevertrag verlangten Leistungen erbrin gen. Die Kirche verlangte ebenfalls für den begangenen Frevel eine Reihe kostspieliger Leistungen. Unter diesen Leistungen an die Kirche nahmen die Wachs- bzw. Kerzenspen den eine bedeutende Stelle ein. Im Jahre 1473 legte man z. B. einem Totschläger im Eichstättischen folgendes auf: „zu hllff vnd trost ein begengknüß zu Erlingßhouen mit einer gesungenen Vigil vnd gesungen seelambt vnd vier gesprochen seelmessen begeen lassen . . . Er soll auch acht tag vor solcher begengknüß sechs Pfund wachs geben und antwurten zu der obuermelten Pfarrkirchen, darauß man Kerzen machen, die dann bei der begengk nüß vigil vnd messen brinnen und fürtter bey der Kirchen bleyben sollen." Der Kerze kam bis in das vorige Jahrhundert vor allem als Weihegabe eine hervorragende Bedeutung zu. In den Wachskammern der Wallfahrtsorte werden heute noch bunt ver zierte und bemalte Wachskerzen aufbewahrt, die ehedem von Königshäusern, Fürsten, Ge meinden und Zünften gestiftet worden sind. Die Fürbitte von Schutzheiligen war vielfach mit einer Kerzenspende verbunden. Aus den Mirakelbüchern dieser Zeit ist zu ersehen, daß manche Fleilige sogar die Gläubigen zu einem Kerzenopfer aufforderten. So z. B. hatte sich 1550 Bernhard von Kersch baum bei Braunau ein Bein gebrochen. In seinem Schmerz erschien ihm St. Leonhard und mahnte ihn: „Du hast in deiner Truhen einen wächsinen Kerzenstock. Nimb denselbigen mit Dir vnd opffere den meinem Gottshauß im Gebürg auff, alsdann sollest du ohne einzige Menschlich Flülff durch mein bey Gott Fürbitt frisch vnd gesund werden." Die Erwähnung des „wächsinen Kerzen stock" weist darauf hin, daß damals schon, d. h. im 15./16. Jahrhundert, der Wachsstock im Gebrauch war. Er stellt ein typisches Kunstwerk des Wachsziehers dar. Dünne, sehr elastische Wachsstränge (Wachsdraht) wurden über Legehölzer zu einfachen oder kunstvollen Gebilden geformt. In seiner einfa chen Form diente der Wachsstock dem Kir chenbesucher zur Beleuchtung des Gebet buches, indem ein Ende des Wachsdrahtes aufgebogen und angezündet wurde. Die kunstvoll gelegten und reich verzierten 23

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