Bücherecke Otto Mazal: Der Aristoteles des Herzogs von AtrI. Die Nikomachische Ethik in einer Prachthandschrift der Renaissance. Codex phii. g.r 4 aus dem Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. — Graz: Akademische Druck- und Veriagsanstait 1988,112 Seiten. Wiedergabe aller 10 Miniaturseiten in Farbe in Originaiformat, 70 Schwarzweiß-Abbil dungen, Format 28.5 x 42.5 cm. Ganzleinen mit Schutzumschlag, Ladenpreis S 880.—. Wer Aristoteles war, lehrt uns ein — wenn auch all gemein eher blasses — Schulwissen. Wer aber war jener Herzog Andrea Matteo III. Acquaviva, der als Urheber eines „Meisterwerkes der süditalieni schen Buchmalerei der Renaissance" angeführt wird? Mit der Veröffentlichung von Zimelien alter Buch kunst vermittelt die Akademische Druck- und Ver lagsanstalt dem interessierten Leser nicht nur den Zugang zu den Handschriftenschätzen bedeuten der Bibliotheken, sondern erweitert auch wesent lich unsere historischen und kunsthistorischen Einsichten. So führt uns diese Neuerscheinung in den süd italienischen Kulturkreis um 1500 ein. Wir werden mit einer faszinierenden Persönlichkeit dieser Zeit bekannt gemacht, Feldherr, Landesfürst, Politiker, aber auch eigenschöpferischer Philosoph, Förde rer von Wissenschaft und Kunst. Aus der einst um fangreichen Bibliothek dieses Herzogs von Atri sind einige wertvolle Codices im Lauf der Ge schichte in die Österreichische Nationalbibliothek gekommen, wo sie in der Handschriften- und Inku nabelsammlung sorgfältig verwahrt werden. Eine dieser „Prachthandschriften" ist der Codex phil. gr. 4, dessen Inhalt die sogenannte „Nikomachische Ethik des Aristoteles", benannt nach dem Sohn des Philosophen Nikomachos, bildet. Dieses Werk, das als ein „Hauptwerk antiker Moralphilosophie" erklärt wird, ist in 10 Bücher gegliedert, den Anfang jedes Buchtextes schmückt eine Bildseite, die bild lich in die Grundideen der behandelten philosophi schen Gedankengänge einführen soll. Die Bildpro gramme entwarf der Auftraggeber, eben jener Herzog Andrea Matteo III. Acquaviva selbst, Schreiber (Kalligraph) und Künstler (Miniaturma ler) sind bekannt und werden eingehend ge würdigt. Großartig auch in dieser bibliophilen Buchausgabe die Wiedergabe der Miniaturen in Originalgröße. Es eröffnet sich uns eine wahre Wunderwelt renais sancezeitlicher Buchmalerei. Jede Miniatur wird umfassend beschrieben, ihr Inhalt ausführlich in terpretiert. In diesem Wechselspiel von Bildbe trachtung und Bilderläuterung werden wir einge führt in die Aristotelische Gedankenwelt, von der wir erfahren; „Das oberste dem Menschen erreich bare Gut, das Glück, besteht daher in einem Tätig sein der Seele im Sinne der ihr wesenhaften Tüch tigkeit in einem vollen Menschenleben." Karl Norbert Mrasek: Balthasar Neumann, Lebens roman des großen Barockbaumeisters. — Regens burg: Verlag Friedrich Pustet 1988, 250 Seiten, Lei nen, Ladenpreis S 182.78. Führen die im Verlag Pustet, Regensburg, erschie nenen und in unserer Zeitschrift „Oberösterreich" bereits besprochenen Künstlermonographien über Johann Baptist und Dominikus Zimmermann, die Brüder Asam und Johann Michael Fischer mit wis senschaftlichen Texten und hervorragenden Bild dokumentationen in den Reichtum der süddeut schen Barockarchitektur ein, so vermittelt dieser „Lebensroman" über das „große Genie des fränki schen Barock" Johann Balthasar Neumann (1687—1753) ein für jedermann verständliches Zeit bild. Es ist eine wirklich „unterhaltsam geschriebe ne Biographie". Der Leser wird bekannt gemacht mit der Umwelt des 18. Jahrhunderts, jenes Zeit raumes des Hochbarock, der eine hohe Zeit der Katholizität und aller Künste war. Wir erleben den Aufstieg eines begabten Menschen aus einfach sten Verhältnissen vom Gießergesellen zum fürst bischöflichen Baudirektor, der sich nicht nur mit künstlerischen Arbeiten zu beschäftigen hatte, sondern auch Feldingenieur, Stadtplaner und Artil lerieoffizier war. Zu seiner Zeit gab es noch keine Kunstakademien. Technisches Wissen mußte sich jeder Architekt selbst erarbeiten. Entscheidend war die Harmonie zwischen Bauherrschaft und Baumeister. In den Fürstbischöfen von Würzburg Johann Philipp Franz und Friedrich Karl von Schönborn besaß Balthasar Neumann kongeniale Auftraggeber. Aber auch für ein Genie gab es ein ständiges Auf und Ab. Höhepunkte wurden von ar gen Enttäuschungen abgelöst. Ein heikles Pro blem für den Franken war die Eifersucht des be rühmten Wiener Barockbaumeisters Lukas von Hildebrandt. Auch konnte er nicht immer nur schö ne Architekturen schaffen. Er war u. a. ebenso ver antwortlich für die Festungsbauten von Würzburg und nahm im Lager von Prinz Eugen 1717 an der Belagerung von Belgrad teil. In schlichter Erzählform werden wir mit den Haupt werken Balthasar Neumanns bekannt gemacht, er leben die oft dramatischen Bauentwicklungen, so vor allem beim Bau der Würzburger Residenz. Angenehm lesbar ist das Menschenbild, das von diesem Barockgenie entworfen wird, sein Fami liensinn, seine Freude an Frau und Kindern, seine weltoffene Lebensfreude ,die Würzburger Re sidenz, Vierzehnheiligen und Neresheim, viele, viele Schlösser und Kirchen sind unvergängliche Zeugen für den Mann aus Eger in Böhmen, der ein Glockengießer werden wollte und einer der größten Baumeister in deutschen Landen wurde." Erich Widder: Kirchenkunst im europäischen Osten. — Eichstätt: Franz-Sales-Verlag 198,7 474 Seiten mit 273 Schwarzweiß- und 44 Farbtafein, 160 Textseiten sowie Architekturzeichnungen, Leinen, Format 20.5 X 24 cm, Ladenpreis S 674.88. Ein markantes Kennzeichen in Erich Widders Le benswerk ist dessen Vielfalt. Als Diözesankonservator widmete er sich nicht nur der Denkmalpflege, sondern vor allem auch der modernen Kirchen kunst. Als Kunsthistoriker begnügte er sich nicht mit lokal begrenzter Thematik, sondern strebte un ermüdlich über die Landesgrenzen hinaus. Eine besondere Vorliebe galt seit etwa 1964 der „Kir chenkunst im europäischen Osten." Einen ersten publizistischen Niederschlag fand diese Aktivität in dem 1970 im OÖ. Landesverlag erschienenen Buch „Kirchenkunst im Osten", das nunmehr in einer wesentlich erweiterten Auflage neu vorliegt. Die wissenschaftliche Grundlage erarbeitete sich der Autor in vielen Studienreisen nach Polen, in die Tschechoslowakei, nach Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und Rußland (!) Nach seinen eigenen Angaben brachte er es dabei auf mehr als 140.000 Straßenkilometer. Treuer Begleiter bei all diesen Fahrten war seine Leica-Kamera, mit der er reiches dokumentarisches, aber auch künstlerisch wertvolles Bildmaterial sammeln konnte. In einem Vorwort werden kurz die Wesensmerkma le der osteuropäischen Kirchenkunst erläutert, ausgehend von der historischen Tradition, die eine Trennung zwischen Ost und West, beginnend mit Ost- und Westrom, schuf, eine Trennlinie zwischen dem „Bereich der katholischen Papstkirche" und der „orthodoxen Reichskirche der Patriarchen". Diese Spaltung ist in unserem Jahrhundert auch politisch untermauert worden. Erich Widder fühlt sich dabei verpflichtet, an einem „geistigen Brückenschlag in diesem Jahrhundert der gewalt samen Trennungen" mitzuwirken. In diesen Dienst stellt er sein Buch, das deshalb nicht nur einen ein zigartigen kunstgeschichtlichen Aspekt, sondern auch gesamteuropäische Bedeutung besitzt. Das Werk ist nach den heutigen Staatsgrenzen ge gliedert. Die Kirchenkunst jedes Landes wird in einer Einführung charakterisiert. Darauf folgen mit Abbildungen belegte Objektbeschreibungen. Literaturhinweise ermöglichen eine weitere Informa tion. Eine echte Informationshilfe stellen auch die von Bernhard Widder neu gezeichneten Architek turgrundrisse dar. Im Lesen und Schauen eröffnet uns dieses Werk eine großartige Kunstlandschaft, oft unserer westeuropäischen Tradition verwandt, meist aber doch geheimnisvoll neu. Viel wird dieses Buch zum Verstehen der Kirche Christi im europäischen Osten beitragen. Es mahnt uns, Eu ropa nicht nur im westlichen Abendland zu suchen. O. Wutzel Friedrich Knaipp: Hintergias-Künste. Eine Biiddokumentation. Herausgegeben und Text von Woifgang Brückne.r — Linz: Landesveriag 1988, 240 Seiten, 340 Farbbilde,r 20 schw/w Risse, Leinen, Laden preis S 698.—. Die alte Juristenmeinung, wonach jeweils die äu ßere Form das Korrelat zum Inhalt sei, läßt sich an gesichts dieses eindrucksvollen Buches unschwer umkehren, denn das Thema mußte wohl das gefäl lige Aussehen und die Dokumentation der vielen Bildbeispiele herausfordern. Wie aus dem Nach wort zu erfahren ist, war es Friedrich Knaipp nicht mehr vergönnt, nach zwei Buchpublikationen (1963 und 1973) über sein „Lebensthema", die Hin terglasmalerei, ein abschließendes, umfassendes Werk, wie es das vorliegende ist, herauszugeben. Er starb 1982 während der Vorarbeiten und brachte noch den Bildteil zustande. Das liegengebliebene Material konnte jetzt dank der Initiative von Knaipps Hausdruckerei (Wimmer) und zwei Verla gen in Linz und München durch Texte ergänzt wer den. Neben Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brückner wirkten an der Gestaltung und Herausgabe die Ärzte Hans Jesserer, Wien, und Raimund Schu ster, Zwiesel, beide Hinterglasbildsammler und -forscher, mit. Univ.-Prof. Dr. Franz 0. Lipp schrieb ein ungemein flüssiges Vorwort, darin er dank persönlicher Be kanntschaft und jahrelanger Zusammenarbeit den begeisterten Sammler und bis ins kleinste gewis senhaften Forscher Knaipp vorstellt. Diesem Bei85
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