Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 2/3 1988

Kulturnotizen Glückwunsch an Carl Hans Watzinger zu seinem 80. Geburtstag „Raumknappheit" erlaubt der Schriftleitung der Zeitschrift „Oberösterreich" im allgemei nen — leider — keine Glückwunschadres sen. Wenn allerdings ein langjähriger und so verdienter Mitarbeiter wie Professor Carl Hans Watzinger heuer in voller Schaffens kraft seinen 80er feiert, wollen wir gerne eine Ausnahme machen. „Oberösterreich" gratuliert dem Jubilar herz lich. Die Schriftleitung dankt ihm für viele wertvolle Anregungen und Beiträge. Aus einem reichen Wissen schöpft Carl Hans Watzinger unermüdlich Essays, historische Skizzen, Wiederentdeckungen und Wieder gutmachungen. Geboren wurde Carl Hans Watzinger 1908 in Steyr. Mit seiner Geburtsheimat verbindet ihn eine kritische Liebe. Bedeutend sind seine Leistungen auf dem Gebiet der Kultur- und Geistesgeschichte der alten Eisenstadt. Wie es einem gebürtigen Steyrer zusteht, erlernte er einen technischen Beruf — Elektroinge nieur —, den er aber nie ausgeübt hat. Er wählte früh das risikoreiche Dasein eines frei en, unabhängigen Schriftstellers. Sein Oeuv re ist umfangreich: bisher 26 Buchveröffentli chungen (Erzählungen, Romane, Gedichte, Essays), rund 20 Theaterstücke, von denen neun eine Aufführung erlebten, viele Hör spiele, sogenannte Features und viele lan deskundliche Abhandlungen. In seinem epi schen Schaffen wagte er sich mit besonderer Neigung und Sorgfalt oft an biographische Themen heran, so etwa sein Luther-Roman, seine Chronik des Vincent van Gogh, seine Darstellung des kuriosen Franz Anton Reichsgrafen von Sporck, aber auch ein Ro man über die berühmte Tragödin Duse. Carl Hans Watzinger hat sich im Lauf seines Lebens eine kritische, aber immer versöhnli che Weltsicht angeeignet. Dabei hat er nie auf den Humor vergessen. So stellt er seine im Entstehen begriffenen „Erinnerungen" un ter das Motto: „Die Narrenklause, Erinnerun gen eines Vogelfreien". „Oberösterreich" wünscht ihm und seiner Gattin noch viele schöne Lebensjahre in dieser selbstgewählten „Narrenklause". Bei der XIII. Biennale für Gebrauchsgrafik (Buchgestaltung und Illustration) vom 15. Juni bis 25. Juni 1988, Brünn, CSSR, an der 60 Länder teilnehmen, ist Österreich durch Arbeiten von fünf Künstlern vertreten. Darunter Herbert Friedl, von dem die beiden Kunstzeitschriften „Symbole und Mythen", Kunst und Kirche 1/86 und „Die Österreichi sche Donau", Kulturzeitschrift Oberösterreich 2/87 von der internationalen Jury ausgewählt wurden. In memoriam Herbert Lange Das Schwerpunktthema dieses Heftes der Zeitschrift „Oberösterreich" lautet: „Kunst im Blickpunkt". Diese Themenstellung gibt An laß, eines Schreibenden — Schriftstellers, Journalisten, Essayisten — zu gedenken, der heuer auch seinen 80er hätte feiern können, wäre er nicht frühzeitig, im Alter von 63 Jah ren, aus dieser Welt abberufen worden: Her bert Lange, geboren am 9. August 1908 in Dresden, gestorben am 19. Mai 1971 in Schärding. In seinem schönen Eigenheim in Wernstein am Inn, in einsamer Lage am Waldrand, mit Blick über den Inn hinweg in die bayerische Nachbarschaft waren ihm noch einige geruhsame Lebensjahre ver gönnt, ehe ihn ein Herzinfarkt hinwegraffte. Dort fühlte er sich in der Nähe Alfred Kubins, für dessen Ruf und Ruhm er nach dem Zwei ten Weltkrieg wertvolle journalistische Arbeit leistete, wie Herbert Lange überhaupt in sei ner Tätigkeit als Kulturredakteur der „Ober österreichischen Nachrichten" für die Kunst der Gegenwart bahnbrechende Leistungen erbracht hat. Mutig trat er für das Neue ein, scheute nicht Konfrontationen. Nur wenige wissen allerdings, daß er auch ein feinsinni ger Dichter, vor allem Lyriker, war. Die Redak tion von „Oberösterreich" dankt der Witwe — Irma Lange — für die Überlassung einiger Gedichte zur Veröffentlichung „in memoriam Herbert Lange". Heute Sonne im Garten, Lächelnde Freude, Können nicht warten Suchen dich heute. Morgen peitscht Regen, Wirbelt die Luft, Wankst du entgegen Offener Gruft. Garten voll Sonne Lächelnde Feude, Flüchtige Wonne Finden dich heute! Klage an der Schallmauer Was klagst du, Mensch, Mittelmäßiger ohne Mitte und Maß, Daß du den Schlüssel zum Leben Verloren hast? Bedenke, Worüber du klagst. Raketen drängen gewaltsam Aus irdischem Bannkreis, Vorarbeiter durchbrechen Der Schallmauer — Die unüberwindlich bisher Begrenzt und geschützt hat — Knallend die Eihaut. Das Weltfundament Scheint zu wanken. Und wir erfüllen voll Eifer Den Kosmos mit Blech. Du aber klagst Um verlorene Schlüssel Zum wohltemperierten Traumparadies? Klage, Mensch, Eine mittelprächtige Schonzeit Nähert sich ihrem Ende: Klage, Klage dich an der Schallmauer aus — Weil der Mensch Über die Menschheit hinaus will. Klage, Mensch ohne Schlüssel, Klage doch endlich dich an! Einsicht Endlich, endlich, daß ich begriffen habe, warum Sehen nicht gleichbedeutend ist mit Erkennen. Wunderbar bleibt unseren Augen das Licht — wenn auch keines Menschen Gesicht irdischen Daseins Dunkel wahrhaft erhellt. Was zu erfassen ist, um nicht im Finstern zu enden, bedarf keiner Augen. 82

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