Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 2/3 1988

gewesen sein, daß Gmunden als sensibler Ort für die Absolventen der Keramikkiasse Obsieger (der selbst ein seinerzeitiger Kolle ge von Franz und Emilie Schleiß an der Kunstgewerbeschuie gewesen war) galt und unter anderen jungen Keramikern auch Ohnsorg die Möglichkeiten erster praktischer Er fahrung anbot und Ihn mit der besonderen Problematik des Handwerks an sich und der industriellen Erzeugung konfrontierte; und gerade an diesem Schnittpunkt wurden Hoff manns Vorstellungen wirksam, anders wohl und In erweiterter Zielsetzung, denn es lag nun ein halbes Jahrhundert dazwischen — aber folgerichtig. So kann man auch nur zu stimmen, wenn Wilhelm Mrazek meint: „Für KurtOhnsorg Ist Josef Hoffmann nicht nur ein großer Architekt. Er Ist für ihn der inaugurator einer modernen Form des Kunsthandwerks, die durch ihren Reichtum keines formgeberischen Systems bedarf, welches unduldsam und antithetisch alles andere ausschließt". Es war daher nur ein, wenn auch folgen schwerer, Schritt (und zwar in materieller und organisatorischer Hinsicht), der 1963 zur und ohne Vorbehalte welter zu ver mitteln . . .". Schon Monate vorher hatte Ohnsorg alle be troffenen und betreffenden Institutionen brieflich über sein Vorhaben unterrichtet. In einem Brief vom 14. April 1961 heißt es im Verlauf: „Was die keramischen Betriebe brauchen, sind gute Kunsthandwerker, welche tech nisch und künstlerisch die gesamte Produk tion befruchten können. ,Ohne die handwerk lichen Qualitäten werden wir stilistisch nicht weit kommen, ihre positiven Elemente sind auch bei der Produktion der großen Zahl un entbehrlich' sagt Josef Hoffmann . . . Herr Alfred Seidl und Ich verfolgen durch die Gründung des ,Josef-Hoffmann-Seminars für keramische Gestaltung' folgende Ziele: Her anbildung junger Künstler auf der Basis gu ten Handwerks. Ausstellungen künstlerisch wertvoller Objekte im Ausland, um den Ruf österreichischen Kunsthandwerks erneut zu demonstrieren. Vermittlung von Aufträgen an Betriebe und gleichzeitige Beratung. Grund lagenforschung und offene Vermittlung unse rer Erkenntnisse an alle Betriebe. Schulung von Betriebsangehörigen oder Inhabern.. . ." immer wieder wird Josef Hoffmann zitiert, jener Josef Hoffmann, der im Magnum 32 (vom Oktober 1960) folgendermaßen charak terisiert wird: Er „war eine Kraft jener glücklichen ersten Welle der,Moderne', die am Anfang des Jahr hunderts, noch ungebrochen vom Rationalis mus der puren Konstruktivisten und Geometer wirkte. ... in Hoffmann waren die moder nen Raumvorsteiiungen und Maßverhäitnisse vom ersten Tag der neuen Bewegung an klar ausgeprägt. . ." Josef Hoffmann war jedoch für Kurt Ohnsorg nicht nur Initiator und Vorbild, aus dem sich die eigene verantwortungsvolle Genialität zu einem neuen zeitgemäßen Höhepunkt ent wickeln konnte — eigenartigerweise war Hoffmann auch ein wichtiges Bindeglied zwi schen Wien und Gmunden. Die berühmte „Wiener Keramik", 1905 von Berthold Löffler und Michael Powoiny gegründet, fusionierte sich aus wirtschaftlichen und technischen Gründen im Jahre 1912 mit der von Franz und Emilie Schleiß in Gmunden Ins Leben gerufe nen „Gmundner Keramik", der neben dem künstlerischen Atelier Schleiß auch die seit 1903 bestehende Tonwarenfabrik gleichen Namens zur Verfügung stand. Das auf diese Weise entstandene kunsthandwerkliche Un ternehmen nannte sich „Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik" und war sehr eng mit der von Hoffmann, Kolo Moser und Wärndorfer im Jahre 1903 gegründeten „Wiener Werkstätte" verbunden. Da Hoffmann zudem zum Hause Schleiß in enger Verbindung stand, seit er Emilie Schleiß-Simandl für ein repräsentatives bildhauerisches Relief am Palais Stociet in Brüssel gewonnen hatte, war auch von dieser Seite her die Achse Wien— Gmunden sehr dauerhaft; Hoffmann blieb bis in seine letzten Jahre künstlerischer Mitarbei ter der Gmundner Schleißkeramik. Diese Umstände mögen dafür maßgebend Links oben: Eines der letzten Porträts von Kurt Ohnsorg aus der Ausstellung 1970 vor einem Wandrelief des Künstlers. — Sämtliche Fotos: H. G. PrIIIInger, Gmunden Rechts: Detail aus der letzten Ausstellung Kurt Ohnsorgs 1970 In der Kammerhofgalerle Gmunden

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