Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 2/3 1988

Hans Joachim Breustedt Malerei und Musik Walter Beyer Kosmopolit ist ein Mensch, welcher Im Grun de Überali und nirgends zu Hause ist, ein Pendler zwischen Welten, Ländern und Kul turen. Man kann dieses Kosmopolitendasein einerseits durchaus beabsichtigt und ange strebt kraft eigenem Wollen, persönlicher Lebensanschauung und Art erreichen, es können einen Menschen aber ebenso äußere Umstände unbeabsichtigt in diese Rolle drängen. Gerade diese zweite Komponente kam durch das NS-Regime und die darauffol gende Katastrophe des Zweiten Weltkrieges für viele Menschen zum Tragen: man denke nur an das Schicksal der unzähligen Emi granten, welches im besten Fall mit der Neu integration, im schlechtesten jedoch mit dem völligen Scheitern wegen Assimilations schwierigkeiten endete. Etwas von diesem — unfreiwilligen — Kosmopoiitendasein haftet auch dem Leben von Hans Joachim Breustedt an, dem umstände bedingten Pendler zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz, welcher gebo ren wurde im ersteren Land, die entscheiden den Lebens- und Schaffensjahre im zweitemiM iKnÜLl:: ren verbrachte und schließlich im letzteren verstarb. Zur Welt kam Breustedt zusammen mit sei nem Zwillingsbruder in dem kleinen, mittel deutschen Örtchen Steinach, am Thüringer waid gelegen, also auf dem Gebiet der heutigen DDR, freilich noch lange bevor es zwei deutsche Staaten gab, nämlich am 16. September anno 1901. Nicht nur die Eltern, auch die Vorfahren waren Bauern seit Gene rationen, mitteldeutsche Bauern mit all ihrer Verschlossenheit, Erdverbundenheit und Schwerblütigkeit. Dennoch hatte der aufge schlossene Vater von Anfang an volles Ver ständnis für die sich abzeichnende, musi sche Begabung des in ländlicher Idyllik heranreifenden Sohnes, wobei sich sehr bald und durchaus ähnlich seinem späteren Vor bild Paul Klee eine sowohl in die Bereiche der Musik, wie auch der Bildenden Kunst glei chermaßen reichende Doppelbegabung ab zeichnete. Das schon in frühen Kinderjahren gepflegte Flötenspiel wird später — im Zeit punkt der Reife — seine Adäquanz in der Lie be zur gestrengen Form der Barockmusik, insbesondere zu den Fugen eines Johann Sebastian Bach finden. Bereits mit sechzehn Jahren geht der Jüng ling von zu Hause fort nach München, da mals um 1917 in der Folge des Blauen Reiters eines der künstlerischen Zentren Deutsch lands. Der Malunterricht bei Adolf Bürger kann Hans Joachim Breustadt jedoch nur we nig befriedigen und er beschließt deshalb nach kaum einem halben Jahr, nach Weimar weiterzuziehen. Im Herbst 1917 beginnt er an der dortigen Hochschule für Bildende Kunst bei Professor Klemm das Studium der Male rei. Später, 1919, wird dieselbe in das schließ lich zu Weltruf gelangende Staatliche Bau haus von Weimar umgewandelt. Erste und lebenslang prägende Freundschaften entste hen, so etwa mit Werner Gilles, mit welchem ihn ein eigenartiges Schicksal mitten in den Nachkriegswirren im oberösterreichischen Vöcklabruck wieder zusammenführen sollte. — Der Bildhauer Gerhard Marckhs sowie die Maler Paul Klee, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky waren die prägenden Persönlichkeiten dieser ersten SsJa "' W lilWi''' '"'-M I Links: Hans Joachim Breustedt in seinem Atelierzimmer in Taufkirchen an der Pram Rechts: Stilleben, Öl auf Papier, 44 x 63 cm, 1967

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