Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 2/3 1988

Stern, die als Prototyp eines katholisctien In struments tiochgelobt wurde. Als tSjähriger hab Ich dort einmal Bach geübt, der Chorlei ter hörte mich und unterband mein Spiel auf der Stelle: ,Bach wird bei uns nicht gespielt!' . . . das konfessionelle Denken war eben noch so stark . . . . . und die Organisten seibst? .. kamen alle aus einer romantisch-katholi schen Tradition. Soweit ich nennenswerte Or ganisten hören konnte, spielten sie ein fad feierliches Dauerlegato. Ich entsinne mich eines Konzerts des Passauer Domorganisten Dunkelberg in St. Florian. Ich bezeichnete ihn als ,Maiandachtsorganisten ersten Ran ges'. Bachs g-moll-Fuge wälzte sich gänzlich unartikuliert dahin, mit viel recht willkürlichen Manuaiwechseln. Die pneumatischen Trakturen erlaubten eben kein differenziertes Spiel. Insofern war die ,David-Orgel' auch neu: auf dieser Mechanik konnte man artikulieren." In Weis wehte also frischer Wind gegen ver staubte Traditionen. „Wels wurde zu einer Enklave der deutschen Orgelbewegung. Durch Davids Kontakte ka men Friedrich Högner, Hermann Keller, Mi chael Schneider, die zu seinen frühesten För derern wurden und seine Werke mit viel Erfolg aufgeführt haben. Irgendwann ist Wal ter Fach aus Wien aufgetaucht, um Neues zu erfahren, er hat Davids Ideen und seine Mu sik in Wien teilweise heimisch gemacht." Wien hat also von Weis gelernt? „Wien galt für uns Davidianer als rückständig. Günther Ramin in Leipzig bewunderten wir. Über Franz Schütz, den die Wiener Tradition Brahms-Mandyczewski geformt hatte, hat Da vid viel gelästert. Obwohl Ramin aus heutiger Sicht sehr romantisch spielte, war er für uns der Moderne." Herr Professo,r ihre Jugend war vom National sozialismus überschattet; wie hat sich der Kul turfaschismus auf einen fJiusikstudenten ausgewirid? „Bis 1938 konnte man in Österreich noch viel hören; der Ständestaat hatte ja keine völ kisch-rassische Komponente und kulturell kein Programm. Es gelang aber nicht, die emigrierte deutsche Künstlerprominenz zu haiten, weil man sich ausrechnen konnte, wann der übermächtige Nachbar seine Macht ausspielen und durch äußerst ge schickte Propaganda und Unterwanderung alles zu Fall bringen würde. Die emigrierte Prominenz kam nur auf Abstecher nach W/ ' ^ Ii C^vÄ.i , r , . 4 . : ''ti . i ? : : . • It As Ii §m m. .ß i Österreich. So erinnere ich mich, daß Hindemith 1937 in Wien noch seinen ,Schwanendreher' gespielt hat. Ich bin öfter mit dem Rad nach Salzburg gefahren, um Aufführungen Hindemithscher Werke zu hören. In der Kriegszeit habe ich in Antiquariaten noch viel gefunden: Bartok, Strawinski, den ganzen ,Mathis'. Schönbergs Partituren jedoch hat man nicht mehr bekommen, alles Jüdische wurde ja ausgerottet... ich habe mich immer für alles interessiert, auch wenn es nicht ge nehm war." Wie ist es ihnen gelungen, trotz des über mächtigen Vorbilds David zu einem eigenen Stil zu finden? „Auf mich wirkten ebenso stark Hindemith und die französischen Impressionisten. Von Ravel habe ich gelernt: Klarheit, Farbigkeit. Mit Hindemith verband mich die gemeinsa me Wurzel Reger. In meinem ersten großen Orgeiwerk ,Toccata und Fuge in memoriam Maurice Ravel' von 1950 habe ich versucht, eine Synthese zu finden: polyphon-themati sche Verdichtung, Farbigkeit der Harmonik und Virtuosität. Im Gegensatz zu David, dem das Harmonische zweitrangig war, suchte ich einen Ausgleich der Elemente Harmonie— Polyphonie. Weiche Orgel kommt Ihrem Klangempfinden am nächsten? Die spätbarocke Christian-Müller-Orgel In Haarlem. Dort habe ich vorgefunden, was mir vorschwebte: Kiarheit und Farbigkeit, keine historisierende Einengung, wie sie die deut sche Orgelbewegung, so verdienstvoll sie auch ist, betrieben hat. Auch die völiig anders geartete Florianer-Orgel von Chrismann: eine spätbarocke Orgel mit frühromanti schem Hauch, sie verwirklicht beides: Far bigkeit und Linearität.

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