Viertes Kreuzwegfenster mit „Grablegung" und „Auferstandener" Als entscheidendes Datum in seiner uner müdlichen Beschäftigung mit der Passion Christi kann das Jahr 1976 bezeichnet wer den. Damals entstanden der schon erwähnte graphische Kreuzwegzyklus, dessen Origi nalplatten als Geschenk der Diözese Linz für die Kirche „Gottesmutter Maria — Königin Po lens" in der polnischen Industriestadt Nowa Huta bestimmt wurden, und vier Kreuzweg fenster für die neu erbaute, 1971 eingeweihte St. Leopoldskirche in Linz. Es scheint seine Richtigkeit zu haben, daß Rudolf Kolbitsch, wie er oft in Gesprächen äu ßert, nicht nur im Krieg, sondern auch im spä teren Leben immer wieder an sich selbst die „Fragwürdigkeit des Menschen in dieser Welt" hat erfahren müssen. Das Schicksal seines Kreuzweges für Nowa Huta ist derzeit ungewiß. Seine Glasfenster für St. Leopold wurden Opfer eines verheerenden Brandes, der am 12. Mai 1986 dieses Gotteshaus schwerstens beschädigte, die gesamte Kir cheneinrichtung vernichtete. Als der Beschluß zum Wiederaufbau der Kir che gefaßt wurde, war Rudolf Kolbitsch nicht mehr der Jüngste. Er betrachtete seine Lauf bahn als Künstler im wesentlichen abge schlossen. Erfühlte sich nach so vielen inten siven Schaffensjahren irgendwie auch ausgebrannt. Außerdem ist es sicherlich leichter, eine Architektur nach bestehenden Plänen zu erneuern, als ein Kunstwerk zu wiederholen. Wiederholung ist ein mechani scher Vorgang. Ein verantwortungsbewußter Künstler kann nur eine Neugestaltung beja hen; ein schwieriges Unterfangen. In der Festschrift zur neuerlichen Kirchenwei he von St. Leopold am 15. November 1987 fin den wir folgende Sätze von lapidarer Kürze: „Inzwischen wurden die Isolierglasfenster für den hohen Kirchenraum geliefert und der von Prof. Kolbitsch nach den alten Plänen wieder hergestellte Glasfensterkreuzweg, das Be tonglasfenster in der Wochentagskapelle so wie das prachtvolle Betonglasfenster in der neu konzipierten Taufkapelle eingesetzt." Wiederherstellung „nach den alten Plänen" ist formal eine zutreffende Feststellung. Wel che Kraftanstrengung der Künstler jedoch aufbringen mußte, um die „alten Pläne" mit neuem Feuer neu aufleben zu lassen, läßt sich nicht in Worte fassen. Wichtig vor allem erscheint uns die Tatsache, daß dieser Glas fensterkreuzweg in St. Leopold, der als ein Hauptwerk der zeitgenössischen sakralen Kunst in Österreich zu bewerten ist, der Ge genwart und hoffentlich auch für die Zukunft in originaler Form erhalten bleibt. Die Leidensstationen Christi sind in vier hochgestellten Rechteckfenstern angeord net, im ersten Fenster die Stationen 1—6, im zweiten Fenster die Stationen 7—11, das drit17
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2