Oberösterreich, 38. Jahrgang, Heft 2/3 1988

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Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Kunst im Blickpunkt Dr. Walter Beyer Hans Joachim Breustedt — Malerei und Musik Conrad Lienhardt Therese Elsenmann Dr. Otto Wutzei Die Glasfenster von Rudolf Kolbltsch für die Pfarrkirche LInz-St. Leopold 15 Direktor Peter Baum Blickfeld Oberösterreich — Tendenzen und Namen junger Kunst 21 So hat es begonnen Roman Summereder Im Gespräch mit Josef Friedrich Doppelbauer und Hedwig Ebermann über ein l^pltel musikalischer Zeitgeschichte In Oberösterreich 29 Dr. Walter Beyer Rudolf Hoflehner — In Linz beginnt's 37 Prof. Elfrlede PrIIIInger Das Nomadenhafte des schöpferischen Suchens — Erinnerung an Kurt Ohnsorg (1927—1970) 45 Prof. Franz Engl Das Innviertel — eine magische Kunstlandschaft? 53 Dr. Harry Slapnicka Künstler am Puls der Zelt — Darstellende Kunst und Zeitgeschichte Im oberösterreichischen Bereich 63 Oberösterreich aktuell Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Das Oberösterreichische Kulturförderungsgesetz 73 Autoren Heft 3/1988 Peter Baum, Linz und Schloß Parz Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz Dr. Walter Beyer, Wien Kunstkritiker, Kunstschriftsteller Professor Franz Engl, Schärding Oberstudienrat I. R., Kustos des Heimat hauses Schärding, Historiker und Kunsthistoriker Conrad Lienhardt, Kunsthistoriker Passau Professor Elfrlede PrIIIInger, Gmunden Direktor I. R. des Stadtmuseums Gmunden, Schriftstellerin Dr. Josef Ratzenböck, Linz Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Harry Slapnicka, Linz Journalist, Zeithistoriker Roman Summereder, Wien Organist, Musikschriftsteller Dr. Otto Wutzei, wirkl. Hofrat I. R., Schriftleiter „Oberösterreich" Umschlag: Hans Joachim Breustedt, Flötenspieler, Öl auf Leinwand, 1970, 74 X 47 cm Foto: Jörg Welsmann, Gmunden Gestaltung: Herbert Frledl Kulturzeitschrift Oberösterreich 38. Jahrgang, Heft 3/1988 Kulturzeltschrlft Oberösterreich 38. Jahrgang, Heft 2/1988 Vierteljahresschrift: Kunst, Geschichte, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember. Medieninhaber (Verleger), Herausgeber und Hersteller: LANDESVERLAG Gesellschaft m.b.H. A-4020 Linz, Hafenstraße 1—3. Telefon 0 73 2/27 81 21 ISSN 0253-7435 Bankverbindung: Ralffelsenzentrale Linz 7-01.032.697 Redaktion: Dr. Otto Wutzei, Dr. Elfrlede Wutzei, A-4020 Linz, Hafenstraße 1—3. Jahresabonnement (4 Hefte): S 396.—; Elnzelverkaufsprels: S 110.— (Alle Preise Inkl. 10 % MWSt.) Schwerpunktthema Heft 4/1988 Kunsthandwerk — Handwerkskunst Kulturnotizen Bücherecke 82 84

„Kunst im Blickpunkt" möchte als ein Versuch verstanden werden, einige (vielleicht) wichti ge Aspekte iri der Gegenwartskunst Ober österreichs ins Blickfeld unseres flüchtigen Alltags zu rücken. Dabei bereitet bereits die Definition des Gegenwartsbegriffes Schwie rigkeiten. Wie lange dauert Gegenwart? Was ist Moderne, dieser in den letzten Jahrzehn ten so arg mißbrauchte Stilbegriff? Darüber ließen sich langatmige Diskussionen führen. Für den praktischen Gebrauch dieser Num mer von „Oberösterreich" soll genügen, die Gegenwartskunst in Oberösterreich etwa ab dem Jahr 1920 anzusetzen. Damals rührten sich in der immer noch sehr konservativen Kunstszene unseres Heimatlandes neue gei stige Kräfte. Was allerdings damals unerhört „neu" war, ist heute längst „alt". Das Rad des Zeitgefühls dreht sich immer rascher. Ja, auch was nach 1945 lautschallig als Avant garde auftrat, gilt bei den Jungen von heute schon lange als „Opa-Masche". Die Kunst selbst droht bei dieser hektischen Fluktuation unter die Räder zu geraten. Des halb hat die Schriftleitung von „Oberöster reich" auch versucht, sich von der offiziellen Kunstszene unabhängig zu machen. Bewußt wurde der Versuch unternommen, sich nicht in die Rolle des Experten, sondern des unab hängigen Kunstliebhabers hineinzudenken. Wichtig erschien es, die Erinnerung an Per sönlichkeiten wachzurufen, denen schon jetzt ein bleibender Platz in der Kunstge schichtezugesichert werden kann: Hans Joa chim Breustedt, Rudolf Hoflehner, Kurt Ohnsorg. Diese Namensliste ist völlig unvollständig. Sie möge nur beispielgebend und anregend verstanden werden, daß wir nicht zu rasch vergessen und immer nur „Ganz Neuem" nachlaufen. Auch der Hinweis auf die erneuerten Glasfenster von Rudolf Kolbitsch für die Pfarrkirche Linz-St. Leopold gehört in diesen Themenkreis. Das „Ganz Neue" darf allerdings nie überse hen werden. Es gehört zu den Sternstunden jedes Kunstfreundes, Neues erleben, miterle ben zu dürfen. Aus dieser Sicht ist der Beitrag „Blickfeld Oberösterreich — Tendenzen und Namen junger Kunst" zu verstehen. Für die Zeitschrift „Oberösterreich" war es ein eigenes Anliegen, die Malerin und Graphike rin Therese Eisenmann ins Blickfeld zu rücken. Sie lebt in der „Stille", sollte deshalb vom „Lauten" nicht „überhört" werden. Größere Zusammenhänge zeigen die Ab handlungen „Das Innviertel — eine magische Kunstlandschaft?" und „Künstler am Puls der Zeit" auf. Auch hier wird an vieles, was bereits vergessen ist, erinnert. Neu ist auch die Einbeziehung eines Themas aus der zeitgenössischen Musik. Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck danken wir für seine Information über das „Oberösterreichische Kulturförderungsge setz", eine Thematik, die in einem Heft mit dem Schwerpunktthema „Kunst im Blick punkt" sicherlich am richtigen Platz ist. Therese Elsenmann, Wasser II, Kreide, Tempera über Radierung, 1984, 520 X 730 mm 1

Hans Joachim Breustedt Malerei und Musik Walter Beyer Kosmopolit ist ein Mensch, welcher Im Grun de Überali und nirgends zu Hause ist, ein Pendler zwischen Welten, Ländern und Kul turen. Man kann dieses Kosmopolitendasein einerseits durchaus beabsichtigt und ange strebt kraft eigenem Wollen, persönlicher Lebensanschauung und Art erreichen, es können einen Menschen aber ebenso äußere Umstände unbeabsichtigt in diese Rolle drängen. Gerade diese zweite Komponente kam durch das NS-Regime und die darauffol gende Katastrophe des Zweiten Weltkrieges für viele Menschen zum Tragen: man denke nur an das Schicksal der unzähligen Emi granten, welches im besten Fall mit der Neu integration, im schlechtesten jedoch mit dem völligen Scheitern wegen Assimilations schwierigkeiten endete. Etwas von diesem — unfreiwilligen — Kosmopoiitendasein haftet auch dem Leben von Hans Joachim Breustedt an, dem umstände bedingten Pendler zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz, welcher gebo ren wurde im ersteren Land, die entscheiden den Lebens- und Schaffensjahre im zweitemiM iKnÜLl:: ren verbrachte und schließlich im letzteren verstarb. Zur Welt kam Breustedt zusammen mit sei nem Zwillingsbruder in dem kleinen, mittel deutschen Örtchen Steinach, am Thüringer waid gelegen, also auf dem Gebiet der heutigen DDR, freilich noch lange bevor es zwei deutsche Staaten gab, nämlich am 16. September anno 1901. Nicht nur die Eltern, auch die Vorfahren waren Bauern seit Gene rationen, mitteldeutsche Bauern mit all ihrer Verschlossenheit, Erdverbundenheit und Schwerblütigkeit. Dennoch hatte der aufge schlossene Vater von Anfang an volles Ver ständnis für die sich abzeichnende, musi sche Begabung des in ländlicher Idyllik heranreifenden Sohnes, wobei sich sehr bald und durchaus ähnlich seinem späteren Vor bild Paul Klee eine sowohl in die Bereiche der Musik, wie auch der Bildenden Kunst glei chermaßen reichende Doppelbegabung ab zeichnete. Das schon in frühen Kinderjahren gepflegte Flötenspiel wird später — im Zeit punkt der Reife — seine Adäquanz in der Lie be zur gestrengen Form der Barockmusik, insbesondere zu den Fugen eines Johann Sebastian Bach finden. Bereits mit sechzehn Jahren geht der Jüng ling von zu Hause fort nach München, da mals um 1917 in der Folge des Blauen Reiters eines der künstlerischen Zentren Deutsch lands. Der Malunterricht bei Adolf Bürger kann Hans Joachim Breustadt jedoch nur we nig befriedigen und er beschließt deshalb nach kaum einem halben Jahr, nach Weimar weiterzuziehen. Im Herbst 1917 beginnt er an der dortigen Hochschule für Bildende Kunst bei Professor Klemm das Studium der Male rei. Später, 1919, wird dieselbe in das schließ lich zu Weltruf gelangende Staatliche Bau haus von Weimar umgewandelt. Erste und lebenslang prägende Freundschaften entste hen, so etwa mit Werner Gilles, mit welchem ihn ein eigenartiges Schicksal mitten in den Nachkriegswirren im oberösterreichischen Vöcklabruck wieder zusammenführen sollte. — Der Bildhauer Gerhard Marckhs sowie die Maler Paul Klee, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky waren die prägenden Persönlichkeiten dieser ersten SsJa "' W lilWi''' '"'-M I Links: Hans Joachim Breustedt in seinem Atelierzimmer in Taufkirchen an der Pram Rechts: Stilleben, Öl auf Papier, 44 x 63 cm, 1967

Bauhausepoche, wobei sich leicht zwei antipodielle Strömungen, nämlich jene zwischen den zunächst die Oberhand gewinnenden Romantikern Marckhs, Klee und Feininger und den später, zumal nach der Übersiedlung nach Dessau, die Oberhand erreichenden Technokraten Kandinsky und Schlemmer herauskristallisieren. Auf wessen Seite der verschlossen-schwerblütige Breustedt steht, bedarf wohl keiner Erläuterung. Lyonel Feininger nimmt sich als erster des heran wachsenden Künstlers an. Er, eine großartige Doppelbegabung, gleichermaßen als Kla viervirtuose wie als Maler und Grafiker, ver sammelt seine Schüler zu musikalischen Abenden und lehrt sie — zumal an Hand der Bachschen Werke —, diese Kompositionen in bildliche Inhalte zu fassen und zu über tragen. Retrospektiv und auf Dauer betrachtet, ge winnt freilich Paul Klee — eine andere genia le malerische wie musikalische Doppelbega bung —, ohne jemals direkter Lehrmeister gewesen zu sein, einen dominanten, das ge samte spätere, künstlerische Werk Breustedts prägenden Einfluß. Der zweite große Impuls kommt aus der Kalligraphie ostasiati scher Kunst, mit welcher sich die jungen Bau häusler frühzeitig auseinandersetzten. 1921 unterbricht Breustedt seine Studien und geht nach Italien. Fast vier Jahre bleibt er dort, wohnt in Fiesole hoch über Florenz, hei ratet ebendort zum ersten Mal. Hier kommt auch seine Tochter Marysia zur Welt. Der Le bensunterhalt wird hauptsächlich durch das Kopieren von Gemälden alter Meister — größtenteils aus den Uffizien — beschaffen, eine Tatsache, welche all jene überraschen mag, die der Meinung sind, daß abstrakte Maler nicht unbedingt zeichnen können müs sen. Ein Faktum, welches aber für all jene sehr einleuchtend erscheint, die die meister hafte, farbliche Delikatesse der späteren Breustedt-Bilder sowie ihre gestrengen Kom positionsprinzipien zu schätzen wissen. 1924 kehrt der Künstler an das Bauhaus von Wei mar zurück, ohne freilich die ein Jahr später einsetzende Übersiedlung desselben nach Dessau mitzumachen. Stattdessen bleibt er nach einjährigem Italien-Aufenthalt bis 1928 Meisterschüler von Professor Klemm in Wei mar. Später stößt er auf Gustav Wynekens Freie Schulgemeinde Wickersdorf, wo er bis 1932 als Lehrer tätig ist. Die nun folgende glückliche Zeit, in welcher er freischaffend in Weimar lebt, wird mehr und mehr durch die politische Entwicklung getrübt. 1935 erfolgt die Brandmarkung zum entarteten Künstler und das hierauf ausgesprochene Malverbot. Eine versuchte Emigration wird in Warschau unterbrochen und endet mit dem Verlust von Frau und allem Hab und Gut, darunter dem gesamten künstlerischen Werk. In diesen schlimmen Tagen führt ihn ein Portraitauftrag erstmals ins oberösterreichische Vöcklabruck, ehe er 1940 zum Militärdienst einberu fen wird. Sein Einsatz an der Ostfront endet mit der amerikanischen Kriegsgefangen schaft. Ein Wunder, daß er all diese Prüfun gen zumindest körperlich heil übersteht. Bereits im Juni 1945 verschlägt es ihn wieder nach Oberösterreich, wo er in Vöcklabruck — von Familie Aichinger auf das Großzügigste aufgenommen — auf den ebenfalls hier ge landeten Bauhausfreund Werner Gilles stößt. 1

Komposition, Öl auf Leinen, 50 x 66 cm, 1967 Während jener jedoch sehr bald wieder nach München zurückkehrt, wird das Innviertel zu Breustedts neuer Wahlheimat. Bereits 1946 lernt er Margret Bilger kennen, die in Leoprechting, unmittelbar vor dem Ortsbeginn von Taufkirchen an der Pram, ein idyllisches, kleines Häuschen besitzt. Der Dialog dieser beiden wesensmäßig wie auch stilistisch so verschiedenen Künstler mündet 1953 in eine Eheschließung, welche erst 1971 mit dem frühzeitigen Tod der Bilger endet. Die fast täglichen Spaziergänge in die geliebten Pramauen werden alsbald zur neue Schaf fenskraft spendenden Institution. Der man gelnde Komfort in den kalten Wintern zwingt Breustedt jedoch, vor allem nach dem Tod der Bilger, mehr und mehr zu einem Auswei chen an die südlich-milderen Gestade des Genfer Sees, wo seine Tochter in Vevey lebt und wohnt. Mit dem Einbruch der ersten, war men Sonnenstrahlen geht es freilich sogleich wieder zurück nach Taufkirchen, wo der Künstler bis in den Spätherbst verbleibt, bis ihn die kalten Nebel der Pram wieder vertrei ben. Dereinstige Pendler zwischen Deutsch land und Österreich ist zum Pendler zwi schen Österreich und der Schweiz geworden, wobei mit zunehmender, altersbedingter Gebrechlichkeit die Schweizer Aufenthalte länger und länger werden. Die letzten drei Lebensjahre kann er schließlich — krank heitsbedingt — nicht mehr in sein geliebtes Taufkirchen an der Pram zurückkehren. Am 28. September 1984 verstirbt der Maler Hans Joachim Breustedt kurz nach Vollendung sei nes 83sten Lebensjahres im schweizerischen Vevey am Genfer See. Ein — umständebedingt — unstetes Leben eines sich stets nach Ruhe und Geborgen heit Sehnenden ist zu Ende gegangen. Die Umwelt nimmt daran — und dies ist die ei gentliche Tragik dieses Lebens — nur sehr am Rande Notiz. In Deutschland hat man ihn aufgrund seiner Übersiedlung nach Öster reich so gut wie gänzlich aus den Annalen der heimischen Kunstliteratur gestrichen, in der Schweiz weilte er zu kurz, um echt inte griert zu sein, und auch in Österreich ist er — ähnlich wie sein Landsmann Werner Scholz — immer in gewissem Maße ein Außenseiter geblieben. Da halfen auch die Bemühungen verschiedenster Stellen nichts, dieses ver schlüsselte, diffizile Ouevre den Bewohnern der Umgebung nahezubringen. Gerade in Oberösterreich, wo ein Gutteil der Bildenden Kunst von recht konkret-deftiger Art ist und bis heute weitgehend aus den Quellen des Volkstums oder des Expressionismus ge speist wird, mußten diese stillen, abstrakten und kleinformatigen Bildchen wie exotische Grüße aus einer fernen — für viele — unver ständlichen Welt erscheinen. Komposition Rosa-Grau, Öl auf Leinen, 57 x 79 cm, 1970

1 Komposition VI, Öl auf Leinen, 36 x 50 cm, 1978 Die Schriftieitung dankt Arch. Heiner Traugott für die großzügige Vermittlung des Fotomaterials von der Landesausstellung Hans Joachim Breustedt 1981 in der Kammerhofgalerie Gmunden Das ganze Werk Breustedts ist ja im Grunde nichts anderes ais eine Übertragung von Schwingungen, Klängen und Tönen, welche teilweise aus dem direkten Anhören von Bachscher Musik gewonnen werden, in die formale, wie auch farbliche Entsprechung des Bildes, wobei hier keinesfalls an eine liiustration von Musik, sondern vielmehr an deren bildnerische Analogie gedacht werden sollte. So wie bei Bach die Musik werden bei Breustedt die Bilder im ursprünglichsten Sin ne des Wortes komponiert. Da wird zunächst das formale Grundgerüst bestimmt und skiz ziert, später dann der Hintergrund angelegt und schließlich auf diesem die Komposition von Flächen und Linien kontrapunktisch vor genommen. So wie bei Bach gibt es auch bei Breustedt immer wiederkehrende Variatio nen ein und desselben Themas, desgleichen gewisse farblich dominante Grundakkorde. Grelle Töne fehlen fast immer, dafür domi nierten das sonore Braun, desgleichen die Grauwerte, alles Farben, welche die Zartheit und Poesie des Geschaffenen unterstützen. Das Streben bleibt stets die Erreichung einer maximalen Absoiutheit und kompositori schen Vollkommenheit, wobei es einem Ma ier von der Bescheidenheit Breustedts natür lich klar war, daß dies in letzter Konsequenz niemals möglich sein würde. Wer freilich die besten Arbeiten dieses Künstlers kennt, wird feststellen können, daß Breustedt diesem Ziel bisweilen doch sehr nahegekommen ist. Eine längst geplante, aber bis heute nicht realisierte große Breustedt-Retrospektive sollte möglichst bald in Oberösterreich nach geholt werden. Damit würde nicht sosehr ein Pietätsakt gesetzt, ais vielmehr ein wesentli cher Beitrag zur Aufarbeitung heimischer Ge genwartskunst geleistet: Denn immer noch hat sich die Kunst Oberösterreichs aus drei Quellen rekrutiert, nämlich jenen Künstlern, welche hier geboren wurden und seßhaft blie ben, jenen, welche gleich Bayer oder Hoflehner zwar hier zur Welt kamen, aber im Aus land wirkten, und denjenigen, welche wie Kubin oder Breustedt aus dem Ausland kom mend Oberösterreich zur Wahlheimat erko ren. Ein Vergessen auch nur einer dieser drei Komponenten hieße der künstlerischen Viel falt dieses Landes nicht annährend gerecht zu werden. So gesehen war Breustedt ein Künstler dieses Landes und hat ais solcher einen wesentlichen Beitrag zur oberösterrei chischen Nachkriegskunst geleistet.

Linz — Kulturstadt ersten Ranges Landeshauptstadt ist ständig bestrebt, innovative Impulse im künstlerischen Bereich zu setzen Die Neue Galerie der Stadt Linz — Wolfgang-Gurlitt-Museum — stellt eine Publikumsattraktion ersten Ranges dar. Mit Ausstellungen internationalen Formats, wie „Kunst der achtziger Jahre" oder zuletzt mit der großen Picasso-Schau, die fast 49.000 Menschen anlockte, repräsen tiert sie eine entscheidende Komponente der städtischen Kulturpolitik. Die erstklassi gen Ausstellungsaktivitäten und -qualitäten brachten der Neuen Galerie einen Ruf, der weit über die Grenzen Europas hinausreicht. Ihre Schwer punkte liegen im österreichi schen und deutschen Expres sionismus, in der österreichi schen Kunst nach 1945. Der große internationale Bestand beinhaltet Exponate der füh renden Künstler von Konkret über angloamerikanische Pop Art bis herauf zu den Jungen Wilden und Informel-Künstlern. Die Neue Galerie ist ständig bestrebt, ihre Kunstbestände systematisch zu erweitern. Für die Ankäufe steht ein jährli ches Budget von 1,1 Millionen Schilling zur Verfügung. Dieses Budget wird durch Stif tungen und Geschenke erwei tert, und mitunter kann die Galerie auch, dank der Hilfe einflußreicher Sponsoren, Sonderfinanzierungen von der Stadt in Anspruch nehmen. Ein Beispiel dafür ist der Ankauf des gesamten druck graphischen Werkes von Alfred Hrdlicka um 2,2 Mil lionen Schilling für die Neue Galerie. Das Hauptgewicht der Ankaufspolitik von Direktor Peter Baum liegt auf dem Erspüren aktueller Gegen wartskunst, die von Öster reich aus beginnt, überregio nale bis internationale Bedeu tung zu gewinnen. Ein zweiter Akzent liegt auf der Gegen wartskunst des Auslandes, wo, vor allem in den großen Metropolen, neueste Tenden zen entstehen und sich entfal ten. Nicht zuletzt stellt die Neue Galerie auch ein bedeutsames Erbe an europäischer Spitzen kunst des 19. und frühen 20. Jahrhunderts dar — gemeint ist der Bestand des von der Stadt 1953 angekauften soge nannten Wolfgang-GurlittMuseums und einer großen Graphik-Sammlung des Zeichners Alfred Kubin. Gera de auch dieser Teil der Bestän de, der weltbekannte Werke von Klimt, Schiele, Kokosch ka und eine Reihe führender deutscher Expressionisten ent hält, ist während der letzten Jahre immer wieder um kost bare Einzelstücke erweitert worden. Um Gespür, Verständnis und Toleranz für die Zeitkunst zu wecken, unternimmt die Neue Galerie große Anstrengungen in Vorträgen, Führungen und Sonderveranstaltungen, wobei wesentliche Bildungs und Aufklärungsarbeit gelei stet wird. Stadtmuseum Nordico Seit 1973 ist das Museum der Stadt Linz im ehemaligen Sommerpalais des Stiftes Kremsmünster und späteren Jesuitenkonvikt an der Bethle hemstraße beheimatet. Das Stadtmuseum Nordico hat sich zu einem überregional ausstrahlenden Kulturzen trum entwickelt, das weite Kreise der Bevölkerung, aber auch zahlreiche Gäste aus dem Ausland aufgrund verschie denartigster kultureller Akti vitäten anzieht. Jährlich wer den im Nordico rund 40 Aus stellungen präsentiert. Die Beliebtheit des Linzer Stadt museums zeigt sich auch in der jährlich ansteigenden Besucherquote. 1987 besuch ten rund 53.000 Personen die vielfältigen Ausstellungen mit Themen der Bildenden Kunst, der Kunstgeschichte, der Eth nologie und Volkskunde, der Linzer Stadtgeschichte, der stadtbezogenen Naturwissen schaft, aber auch des Umwelt schutzes, des Sports und der Freizeit. Hervorragend gestaltete Aus stellungen waren 1988 die Amphibien- und Reptilienaus stellung — die sich zu einem wahren Publikumsmagnet entwickelte —, die Ausstel lung „Bionik — Lernen von der Natur", die Ähnlichkeiten zwischen in der Natur anzu treffenden Problemlösungen und technischen Konstruktio nen zeigte, die international anerkannten Skulpturen und Schmuckgegenstände von Zoltan Pap. Als Folge der part nerschaftlichen Beziehungen, die die Stadt Linz zu Chengdu unterhält, präsentierte das Stadtmuseum Nordico dem Linzer Publikum eine Groß ausstellung unter dem Titel „Im Jahr des Drachens — Mit der Picasso-Ausstellung war in der Neuen Galerie eine Schau internationalen Formats zu sehen. (Foto: Durchan) China und die Partnerstadt Chengdu". Eine Schau beson derer Art wurde mit „Überall ist Entenhausen — Ein Stück moderner Kulturgeschichte" präsentiert. Kunst- und Kulturförderung der Stadt Linz Die städtische Kunstförde rung soll zum einen Kunst schaffenden zugute kommen und zum anderen möglichst viele Menschen in unserer Stadt den kulturellen Bereich aufschließen, künstlerisches Erleben und eine Begegnung mit Kunst und den Künstlern herbeiführen. Diese Förde rung erstreckt sich dabei auf alle künstlerischen und kultu rellen Bereiche, wie Bildende Kunst, Musik, Theater und Literatur, aber auch auf das Gebiet der Wissenschaft und der Heimatpflege bis hin zum Medium Video und Film. Das Kulturamt der Stadt Linz berät Künstler, Vereine, Ver bände und fördert kulturelle Privatinitiativen jeglicher Art durch Veranstaltungsbei hilfen, Arbeitsstipendien, Druckkostenbeiträge, Werk ankäufe und anderes mehr. Die Stadt Linz wendet pro Jahr mehrere Millionen Schil ling für die direkte finanzielle Kulturförderung auf. Auf diese Weise wurde aus der In dustriestadt Linz längst auch eine Kunst- und Kulturstadt internationalen Ranges. Mo derne Kunst hat in Linz, bei spielsweise in der Neuen Gale rie, ebenso ihren Platz wie klassische Formen der Kultur. Die Vielfalt der städtischen Kulturaktivitäten reicht von der Volksbildung bis hin zur Wissenschaft, von der Musik pflege bis zur modernen Gale rie und zum Museum, von der allgemeinen Kulturförderung bis zur wissenschaftlichen und kulturellen Großveranstal tung. Als Avantgarde-Festival im Zeichen der zeitgenössi schen Kunst hat sich die ARS ELECTRONICA im Linzer Donaupark einen Namen weit über die Grenzen unseres Lan des hinaus geschaffen.

Therese Eisenmann Conrad Lienhardt Therese Eisenmann geboren 1953 in Gösau, Saizkammergut, Mag. art., lebt ais freischaffende Künstlerin in Grafenschlag 1, 4273 Unterweißenbach. Die Stille Welch großen Anteil die Stille in meinem Le ben hat, die Versenkung, die Konzentration. Wie unumgänglich es für mich ist, eine klare, und dennoch tief empfundene Sprache zu sprechen. Wie unsagbar wichtig die Zeit in meiner Ar beit ist, in meinem Leben. Dieses Zeit-Ha ben, sich die Zeit nehmen. Und wie ich mich allein dadurch von vielen zeitgenössischen Malern unterscheide. Ganz bewußt und in voller Einsicht, well ich nur durch diese Langsamkeit, diesem Einklang mit der Zeit, die Intensität erreiche, ohne die ich weder zu den äußeren, noch zu den inne ren Bildern vorzudringen vermag. Wie sehr sich die Welt auf einem Bild öffnen kann, der Raum. Und wie dringlich es ist, dem Leisen nachzugehen. T. E. Therese Eisenmann bedient sich einer Ikono graphie, die nahezu ausschließlich figural be stimmt ist. Schon darin liegt wohl auch eine der Ursachen dafür, daß sie im Umfeld der so genannten „Jungen Kunst in Österreich" bis lang kaum Erwähnung fand, denn sie ist weit entfernt von jenem Bild zeitgenössischer österreichischer Avantgarde, wie es u. a. in den beiden Ausgaben „Junge Kunst in Öster reich" der Zeitschrift Kunst und Kirche (4/84 und 1/88) und In der Nummer „Insel Austria" des Kunstforums (89 [1987]) als Panorama einer Kunstlandschaft entworfen wurde. Fast scheint es, als ob Figurales mittlerweile jenen Widerstand und jene Abschätzigkeit erregt, die vor noch gar nicht so langer Zelt Abstrak tes und Konkretes hervorriefen. Doch auch flgurale Kunst zeigt sich letztendlich in Sprachzeichen, die zunächst nicht unserem Sprachschatz angehören und uns so unge wohnt und fremdartig erscheinen, auch wenn der Betrachter glaubt, die Dinge, die er sieht, benennen zu können. Auch sie entziehen sich, wie gerade das Werk Therese Eisen manns zeigt, jeglichem beiläufigen Sehen. Mit einer Dringlichkeit ziehen ihre Bilder den Betrachter in Ihren Bann, als müßte ihn das, was sie zunächst verbergen, existentiell be treffen. Es entsteht darin ein Spannungsver hältnis, das den ersten Zugang zur Welt dieser Bilder schafft und das Bewußtsein, daß sich darin Wesentliches ausspricht. Es sind gegenständliche Bilder, die wieder eine lesbare Symbolik in einer ganz neuen unvor eingenommenen Anverwandlung und Sinn stiftung aufnehmen. Den größeren Teil ihres Werkes umfaßt die Druckgraphik: Mehrere Zyklen, wie „Hexen skizzen", „Totengespräche" und „Wasser" und hervorragende Einzelblätter, die teilweise in Zusammenhang mit den vorausgehenden Zuständen ebenfalls zyklischen Charakter besitzen, wie die Blätter „Vorausbild", „Vor schau II", „Kleines Wasser", „Randgesche hen" und die jüngst entstandene Arbeit „Tür kei und Heute". I, .m • Hexenskizzen VI, Radierung, 1977, 492 X 455 mm, letztes Blatt, unvollendet

Wasser, Kohle, Kreide auf grundiertem Papier, 1978, 695 X 845 mm a in sehr langwierigen Arbeitsprozessen reifen über zahlreiche Zwischenstufen und Zustän de endgültige Bilder, zum Teil großformatige Radierungen. Der Weg der Verwandlung und Transformation, der sich über lange Zeit räume hin erstreckt, ist der Weg einer organi schen Entfaltung, der mit innerer Notwendig keit gerade so und nicht anders verläuft. Schaut man ihre Radierungen genau an, so sieht man — und wo man sie nicht sieht, spürt man sie — Spuren von Zeichen, die zurückgelieben sind, als sich die Zeichnung in ihrer Entfaltung verwandelt hat. Sie bleiben zurück, wie Reste einer abgestreiften Hülle, wie verlassene Kokons, und werden damit selbst zu Zeichen, die auf den stattgefunde nen metamorphotischen Prozeß verweisen. Sie halten sich durch und bezeugen davorliegende Realisationen. Dabei besitzen diese Spuren und die endgültigen Zeichen die selbe Qualität und verlangen das gleiche Maß an Aufmerksamkeit. Die einzelnen Gestaltungsphasen überzeich nen sich also nicht, indem sie das Vorliegen de zur Gänze löschen, sondern sie überla gern sich und schaffen so in ihrer diaphanen Struktur eine Dichte, die Auseinanderliegen des, also Vorangehendes und Folgendes, gleichzeitig gegenwärtig sein läßt. Es scheint, als ob damit unterschiedliche Wege einer Annäherung sichtbar werden sollen, die in ihrer Gesamtheit erst Zugang zur Bild welt schaffen. Sie sind Präfigurationen, d. h. vorbereitende Formen, die die Künstlerin in sich und aus sich entwickelte, bis zu dem Au genblick, in welchem das Werk in den Zu stand der gewollten materiellen Vollendung eintrat. Damit sind sie sichtbares, teilweise auch nur spürbares Dokument, das in Hin blick auf ein späteres Eingehen in einen grö ßeren Zusammenhang entstanden ist. Es sind zumeist nicht formale Gesichts punkte, die eine Überzeichnung herausfor dern, sondern die möglichst authentische Annäherung an die innere Bildvorstellung. Manchmal wird so eine formal bereits beste chende Lösung sogar wieder aufgegeben. Die Bilder Therese Eisenmanns sind damit Zeugnis einer Geschichte des Werdens von Bildvorstellung und ihrem Ausdruck. Diese Geschichte ist Erzählung. Und dieses narrati8

ve Moment in den Arbeiten der Künstlerin zählt zu ihren unverwechselbaren Charakteristika. Die Figuren, meist Frauen oder androgyne Gestalten, lassen in ihren Zügen die Nähe zur Künstlerin spüren. Klar, konzentriert und in ihrer Durchführung sind sie so weit redu ziert, daß Ausdruck und Gebärde sich deut lich eingraben. Die Arme liegen am Körper an, öffnen sich nur dort, wo die in sich ge schlossene Gestalt in einer Geste oder Be rührung Kontakt und Nähe sucht, aus ihrer Isolation ausbrechen will, ohne ihr aber letzt endlich entkommen zu können. Nirgends blicken die Gestalten und Schemen einander an. Und dennoch ist ihr Verhältnis zueinan der ein notwendiges, als gehorchten sie einer geheimen Dramaturgie. Ein nicht offensichtli ches Geschehen verbindet sie untereinan der. Unentschlüsselt haftet ihrem Spiel Ab surdes an. Es trägt Züge des Nö. In zahlreichen Arbeiten, nahezu jedenfalls bei allen ihren Landschaften, findet sich der wuchtige und die Landschaft beherrschende Gebirgskamm, der der Künstlerin aus ihrer Kindheit her vertraut ist. 1953 kam sie in der kleinen Ortschaft Gösau in einem Flochtal des oberösterreichischen Salzkammerguts zur Welt. Beherrscht wird diese Landschaft vom Gebirgsstock des Gosaukamms. Zwi schen hoch aufragenden Gebirgsformationen und tief eingeschnittenen Tälern sind Licht und Schatten von besonderer Intensität und geben der Landschaft ein ihr eigenes Gepräge. Vielleicht rührt daher das ganz eigene Hell-Dunkel ihrer Radierungen und der in ihrer Qualität diesen in nichts nachste henden Zeichnungen. Nuanciert und ent schieden setzt sie diesen Kontrast und schafft damit einen Rhythmus, der die klang liche Qualität der Arbeiten erst deutlich wer den läßt. Dies setzt ein hohes Maß an techni scher Beherrschung voraus und einen gefestigten Charakter, der der Versuchung widersteht, sich im virtuosen äußeren Effekt zu verfranzen. An der Linzer Kunsthochschu le, die die Künstlerin 1977 mit dem Diplom für Malerei und Freie Graphik verließ, erwarb sie sich jene technischen Grundlagen, die sie in den Jahren danach vertiefte, im Ringen um die Möglichkeit angemessener Ausdrucks mittel für ihre innere Bildvorstellung. In har ten und erschöpfenden Arbeiten hat sich dann die eigene Handschrift ausgebildet. Man spürt, daß sich die Künstlerin nichts ge schenkt hat und sich mit schnellen, vorder gründigen Lösungen nicht zufriedengibt. Sie selbst lebt in einem ganz abgeschiede nen Teil des Mühlviertels inmitten einer kar gen ernsten Landschaft, die vom herben Kli ma gezeichnet ist und wo der Erde die wenigen Früchte, die hier gedeihen, mit gro- ■-i? > i 1 / .f t ■Su Frau mit Kind, Kohle, Kreide auf Tempera, 1988, 736 X 506 mm

Landschaft IV, Kohle, Kreide auf grundiertem Papier, 1980, 700 X 895 mm Ben Kräften abgerungen werden müssen. Ur tümliches Granitgestein bricht immer wieder in einer Massigkeit und Monumentalität her vor, in der die Felsen den Ausdrucksgehalt vorzeitlicher Plastik erhalten. Hier arbeitet sie in fast völliger Abgeschlossenheit, mit der Landschaft ihrer Kindheit verbunden durch die Kargheit dieses Landstrichs. Die Zeichnungen „Landschaft I—V" sind ei genwillige Zeugnisse ihres zeichnerischen Könnens. Auf den ersten Blick scheinen sie weniger verschlüsselt und zugänglicher als die Radierungen. Der Mensch ist aus der Landschaft gebannt und nur die Zeichen sei ner Kultivierung weisen auf sein Dasein. Das Sujet Gebirgslandschaft, das in der zeitge nössischen Kunst weitgehend desavouiert ist, greift sie entschieden auf. Auch hier Psychogramme durch Linie, Fläche und Vertei lung des Lichtes. Leidenschaftlich arbeitet die Künstlerin sich in die Landschaften hin ein, durchmißt ihren Raum, gratet und furcht den Spuren nach, die das markante Profil der Landschaft formten im gewaltigen Aufbre chen der Kruste, bis zum Schneebruch des letzten Winters. Die Urkräfte bleiben spürbar, als wäre die Kosmogonie sich noch am Ent falten, während die Naturkräfte in ihrer Schöpfungskraft ihr Gesicht modellieren. Da bei ist das vertrocknete Hochgras, das sich spröde aufrichtet, ein gleichwertiges Zeichen eben derselben gestaltenden Kraft, wie sie im Geklüfte des Kamms erscheint. Es ist ein Re alismus in diesen Bildern, der auf den Wirk lichkeitsgehalt im Sinne der sichtbaren wie der psychischen Wirklichkeit abzielt. Deut lich wird dies in ihren farbigen Steinstudien, die 1980 und 1982 entstanden sind. Die Stei ne haben trotz ihrer Wuchtigkeit und Masse etwas Leichtes, Aufsteigendes, das dagegen hält. Sie entwickeln sich aus der Nähe zum Bildrand, bzw. ragen von Außen in den Bild raum hinein, als würde der Malgrund nur dazu dienen, etwas sichtbar zu machen, was ohne ihn zwar gegenwärtig, aber nicht sinn lich faßbar ist. Besonders deutlich wird dies am Bild von 1980. Trotz Wuchtigkeit und Mas sivität der Steine sind es feinnervige, aber dennoch entschiedene Linien, die ihnen Raum schaffen. Spürbar ist die veränderte Auffassung zwei Jahre später. Nicht mehr wachsen die Steine aus dem Blattgrund em por, als würden sie sich durch ein darüberliegendes Tuch, das sie zudeckt, abdrücken. Nun stehen sie vor diesem Malgrund, unver hüllt und nahezu gewalttätig. Die schroffen, aber nicht schwarz geklüfteten Grate und das 10

Landschaft II, Kohle, Kreide auf grundiertem Papier, 1980, 880 X 625 mm

tiefschwarze Dunkel dazwischen zeichnen den Zugang In den Tartaros und die fleischi gen, an wenigen Stellen Im entzündeten Rot durchbluteten Lippen, lassen keinen Zweifel daran, daß keiner wiederkehren wird, der hier hinabgestiegen Ist. Anmerkung der Redaktion Als ergänzende Lektüre zu dieser Abhandlung über Therese Eisenmann wird empfohlen Nr. 7 (1987) der Kulturzeitschrift „Landstrich", Buchhan delsvertrieb Andreas Haller-Veriag, D-8390 Pas sau, Milchgasse 2, Ladenpreis des Einzeiheftes S 90.—. S. 43 ff. bringt Tagebuchnotizen der Künstlerin ab 3. Jänner 1987, die Einblick in eine sehr empfind same schöpferische Künstlernatur gewähren — voller Gedankentiefe, schön im sprachlichen Aus druck. 12 Bildseiten vermittein eine eindrucksvolle Vorstellung von der Zeichnerin und Graphikerin Therese Eisen mann. Landstrich kann überhaupt als eine Kulturzeit schrift von hohem Niveau empfohlen werden. Eine engagierte Redaktion mit guten Autoren garantiert für jedes Heft einen interessanten Inhalt. Abonne mentpreis mit drei Heften S 195.—. Für die Redak tion zeichnen verantwortlich Helga Hofer, Franz Xaver Hofer, Annerose Riedl, Alois Riedl, Gerwald Sonnberger, Hans Schusterbauer, Rudolf Weilhartner. Redaktionsadressen: für Österreich 4780 Schärding, Linzer Straße 294, für die Bundesrepu blik Deutschland D-8390 Passau, Michaeligasse 7. Oben: Steine I, Kohle, Kreide, 1980, 500 X 700mm Unten: Steine II, Kohle, Kreide, Fettkreide auf grundiertem Papier, 1982, 550 X 745 mm. Sämtliche Fotos: Elfriede Wöhry, Linz 12

LANDESKULTURZENTRUM Das Haus ist ganztägig für Besich tigungen geöffnet. A-4020 Linz, Landstraße 31, Schon 10 Jahre wurde dieses Kulturzentrum vielfach genützt, und die Tel. (0 73 2) 27 15 19 15.000 Veranstaltungen wurden von rd. 2 Miii. Menschen besucht. Kunstausstellungen, Dichterlesungen, Theater-, Ballett- und Kabarettaufführungen, Konzerte aller Art, Dia- und Filmvorführungen, Fotoschauen, Vorträge, Diskussionen, Tagungen und Seminare, Feste und Feiern, Volks- und Brauchtums darbietungen, kulturelle Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und Senioren. ANTIQUITÄTEN GEGRÜNDET 1920 INH. PÖHLMANN 4020 Linz Bethlehemstraße 5 Tel. (0 73 2) 27 0117 Fadingerstraße 9 Tel. (0 73 2)270118 Wohnung Tel. (0 73 2) 270116 5020 Salzburg Theatergasse 1 Tel. (0662) 76662 LANDESTHEATER LINZ — SPIELPLAN 1988/89 Großes Haus Oper/Operette/MusIcal Ludwig van Beethoven Fidelio Emmerich Kaiman Gräfin Mariza Otto Nicolai Die lustigen Weiber von Windsor (WA) Umberto Giordano Andre Chenier Johann Strauß Eine Nacht in Venedig Wolfgang Amadeus Mozart Die Hochzeit des Figaro Karl Kögler Kohlhaas (U) Fridolin Daliinger Die goldenen Zwanziger (U) Frangois Auber Die Stumme von Portici Giuseppe Verdi Nabucco Schauspiel William Shakespeare Was ihr wollt Johann Wolfgang Goethe Faust — Der Tragödie erster Teil (WA) Johann Nestroy Die beiden Nachtwandler Kammerspiele H. Qualtinger/Carl Merz Der Herr Karl Ray Cooney Doppelt lieben hält besser (WA) Peter Weiss Marat Richard Everett Glückliche Umstände (ÖE) Paul Maar/Mauro Guindani Johann Wolfgang Goethe Rimski-Korssakow, Vangelis, Saint-Saens Herb Gardner Paul Kornfeld Arthur Miller Derek Benfield Die Reise durch das Schweigen (ÖE) Götz von Berlichingen Ballettabend Ich bin nicht Rappaport Jud Süß Alle meine Söhne Das Einmaldrei der Liebe (ÖE) Theaterkeller Ursullnenhof Thomas Baum Dario Fo Peter Hathazy Alfred Jarry Joshua Sobol Staffan Götestam Ursulinenkirche Ballett in der Kirche Rauhe Zeiten (U) Wer einen Fuß stiehlt, hat Glück in der Liebe (WA) Kein Feuer ohne Kohle König übu Loriot-Abend Die Palästinenserin (ÖE) Frostnacht (ÖE) U = Uraufführung, OE = Osterreichische Erstaufführung, WA = Wiederaufnahme Änderungen und Austausch gegen wichtige Neuerscheinungen behält sich die Intendanz vor. 13

ScKloli f%y€rt?a€h 33ouernkrieg§mufeutn unb oberöfterreicbifcbe £onbe§krtppe Geöffnet vom 1. Mai bis 31. Oktober und vom 1. Adventsonntag bis 3. Februar Dienstag bis Samstag: 9 bis 12 und 14.30 bis 17 Uhr Sonn- und Feiertag: 14 bis 16 Uhr Montag geschlossen Gruppenführungen nach Vereinbarung Anmeldung: Museum 0 72 76 / 20 14 oder Marktgemeinde Peuerbach 0 72 76 / 22 55 RUNOE An- und Verkauf von Bildern Möbel, Skulpturen, Kunsthandwerk, Volkskunst A-4070 Eferding Brandstätter Str. 20 Tel. (0 72 72) 246 A-4020 Linz Herrenstr. 17 Tel. (073 2) 2735105 Höhepunkte österreichischer Maierei im 19. Jahrhundert Prachtbände für Kunstfrennde! Gerbert Prodi Wiener Malerei der Biedermeierzeit 280 S., davon 48 S. Einführung, 192 S. Bildteil mit 96 Forb- u. 96 S/w-Tofeln, 21 S. Künstlerbiographien, Leinen, öS 990,60 Die erste umfassende Darstellung der glanzvollen Wiener Malerei in den Jahren zwischen dem Wiener Kongreß 1814/15 und der Revolution von 1848. »Prodi leistet mit seiner akribischen Beschreibung von Künstlern und Kunstszene Pionierarbeit« (Frankfurter Allg. Zeitung) Rupert Peuchtmüller Friedridi Gauermann 320 S., 96 Parbtafeln, 91 S/w-Tafeln u. 14 S/w-Abbildungen, Werkverzeichnis mit 329 Abbildungen, Leinen, öS 990,60 Friedrich Gauermann (1807 - 1862)giltalsderbedeutendste Tier- und Landschaftsmaler des österreichischen Biedermeier »Ein Bildband in dem man stundenlang blättern kann.« (RAI, Sender Bozen) ALPENBLI UAquärel T-T-iirrNDlGH Moritz Michael Daffinger Alpenblumen Aquarelle. Mit einer Einführung von Rupert Feuchtmüller, Wien. 128 S., 80 Parbtafeln mit Blumenqucrellen von M. M. Daffinger, Leinen, öS 405,60 Die Blumenaquarelle M. M. Daffingers (1790-1849), die in der Akademie der Bildenden Künste in Wien lagern und von denen hier die wichtigsten und schönsten Alpenpflanzen in natürlicher Größe wieder gegeben sind, gehören zum Eindrucksvollsten, was die Kunst des Biedermeier hervorgebracht hat. In jeder Buchhandlung! Rosenheimer Verlagshaus Postfach ■ D-8200 Rosenheim

Die Giasfenster von Rudolf Koibitsch für die Pfarrkirche Linz-St. Leopold Otto Wutzel Rudolf Koibitsch schöpft seine Bildvisionen aus seiner Menschlichkeit. Geprägt hat ihn das Kriegserlebnis. Aus der Kriegsnot suchte er einen rettenden Ausweg, eine Heimkehr und Rückkehr ins Licht. Er fand diese Ret tung in seinem Glauben an die positiven Kräf te der Schöpfung. Hilfestellung bot Ihm dabei seine eigenschöpferische Begabung, die ihn über eine kunsthandwerkliche Goldschmie delehre zur freien Kunstausübung als Maler und Graphiker führte. Schon als Kunstschü ler wußte er genau, was er wollte — in techni scher, wie thematischer Hinsicht. Bei einer früh entwickelten ansehnlichen Schaffens breite ergaben sich für ihn bald zwei Schwer punkte: Die Druckgraphik (Eisenradierung) mit Stahlätzungen als Weiterentwicklung und das Glasfenster. Zentrale Themenstellung war für ihn von Anbeginn die Interpretation des menschlichen Leidensweges. Der Schritt von seinem ersten Radierzyklus „Der Krieg" (1954) zu seinem graphischen Hauptwerk „Kreuzweg" (1976) war für ihn ein logischer geistiger Vorgang. „Die Fragwürdigkeit des Menschen in dieser Welt" (Zitat aus seinem 1980 von ihm selbst niedergeschriebenen Le benslauf) mußte ihn zwangsläufig zur Pas sion Christi führen. Goigotha ist so zum Zen trum seines sakralen Lebenswerkes gewor den. Im Kriegs-Zyklus betitelt er das erste Blatt „Auch das Gewehr ist ein Kreuz." Das ab schließende Blatt dieser Reihe „Und übrig bleiben die Gräber" gleicht einer Grablegung mit gestürzten, auf den Kopf gestellten Kreuzen. Den ersten Kreuzweg für einen Kirchenraum gestaltete er 1957 in der Pfarrkirche St. Mi chael in Linz „Am Bindermichl", 14 Stahlät zungen, frei schwebend versetzt. Im Jahr 1968 entstand sein Kreuzweg für die Haus kapelle des Bischöflichen Gymnasiums LinzPetrinum (Stahlätzung). 1979 konnte er die Kreuzwegthematik in der Kapelle des Bischöflichen Seminars Marianum in Seiten stetten in einer neuen, von ihm selbständig entwickelten Technik — Lasurmalerel auf ver goldeten Holztafeln — zur Darstellung bringen. Rudolf Koibitsch, Pfarrkirche Linz-St. Leopold, Erstes Kreuzwegfenster mit den Kreuzwegstationen 1—6 15

Zweites Kreuzwegfenster mit den Kreuzwegstationen 7—11 Drittes Kreuzwegfenster mit der 12. Station „Jesus stirbt am Kreuz" W WM m % l % %

Viertes Kreuzwegfenster mit „Grablegung" und „Auferstandener" Als entscheidendes Datum in seiner uner müdlichen Beschäftigung mit der Passion Christi kann das Jahr 1976 bezeichnet wer den. Damals entstanden der schon erwähnte graphische Kreuzwegzyklus, dessen Origi nalplatten als Geschenk der Diözese Linz für die Kirche „Gottesmutter Maria — Königin Po lens" in der polnischen Industriestadt Nowa Huta bestimmt wurden, und vier Kreuzweg fenster für die neu erbaute, 1971 eingeweihte St. Leopoldskirche in Linz. Es scheint seine Richtigkeit zu haben, daß Rudolf Kolbitsch, wie er oft in Gesprächen äu ßert, nicht nur im Krieg, sondern auch im spä teren Leben immer wieder an sich selbst die „Fragwürdigkeit des Menschen in dieser Welt" hat erfahren müssen. Das Schicksal seines Kreuzweges für Nowa Huta ist derzeit ungewiß. Seine Glasfenster für St. Leopold wurden Opfer eines verheerenden Brandes, der am 12. Mai 1986 dieses Gotteshaus schwerstens beschädigte, die gesamte Kir cheneinrichtung vernichtete. Als der Beschluß zum Wiederaufbau der Kir che gefaßt wurde, war Rudolf Kolbitsch nicht mehr der Jüngste. Er betrachtete seine Lauf bahn als Künstler im wesentlichen abge schlossen. Erfühlte sich nach so vielen inten siven Schaffensjahren irgendwie auch ausgebrannt. Außerdem ist es sicherlich leichter, eine Architektur nach bestehenden Plänen zu erneuern, als ein Kunstwerk zu wiederholen. Wiederholung ist ein mechani scher Vorgang. Ein verantwortungsbewußter Künstler kann nur eine Neugestaltung beja hen; ein schwieriges Unterfangen. In der Festschrift zur neuerlichen Kirchenwei he von St. Leopold am 15. November 1987 fin den wir folgende Sätze von lapidarer Kürze: „Inzwischen wurden die Isolierglasfenster für den hohen Kirchenraum geliefert und der von Prof. Kolbitsch nach den alten Plänen wieder hergestellte Glasfensterkreuzweg, das Be tonglasfenster in der Wochentagskapelle so wie das prachtvolle Betonglasfenster in der neu konzipierten Taufkapelle eingesetzt." Wiederherstellung „nach den alten Plänen" ist formal eine zutreffende Feststellung. Wel che Kraftanstrengung der Künstler jedoch aufbringen mußte, um die „alten Pläne" mit neuem Feuer neu aufleben zu lassen, läßt sich nicht in Worte fassen. Wichtig vor allem erscheint uns die Tatsache, daß dieser Glas fensterkreuzweg in St. Leopold, der als ein Hauptwerk der zeitgenössischen sakralen Kunst in Österreich zu bewerten ist, der Ge genwart und hoffentlich auch für die Zukunft in originaler Form erhalten bleibt. Die Leidensstationen Christi sind in vier hochgestellten Rechteckfenstern angeord net, im ersten Fenster die Stationen 1—6, im zweiten Fenster die Stationen 7—11, das drit17

te Fenster beinhaltet allein die 12. Station „Je sus stirbt am Kreuz", das vierte Fenster zeigt die Stationen 13 und 14. Technische Ausfüh rung in Antikglas mit reichlicher Verwendung von Überfanggläsern, die Zeichnung in Schwarzlot, wie in Bleiglasfenstern üblich. Die Ätzungen in den Überfanggläsern — der Künstler wendet hier seine Erfahrungen bei den Metallätzungen an — ergeben ästhetisch hochwertige Farbeffekte, wie überhaupt von diesen Fensterflächen eine ergreifende Farb mystik in den Kirchenraum ausstrahlt. In der Komposition hält sich Kolbitsch in diesem Werk an das gegenständliche Prin zip, ohne in Naturalismus abzugleiten. Die einzelnen figuralen Elemente sind Zeichen, wirken wie Signale, sind verschlüsselte Bot schaften, die den Beschauer zum Nach-Denken anregen. Jedes Rechteckfenster ist in drei Quadrate gegliedert. Im ersten Fenster wird das obere Quadrat zur Gänze von der 1. Leidensstation Christi ein genommen „Jesus wird zum Tod verurteilt." Den Symbolgehalt bestimmen die beschwö rend ausgestreckten Handflächen des Pila tus, die von einem blutfarbigen Rot auf wei ßem Hintergrund umflossen sind, die Hände selbst milchig weiß. Von unten dringt blaue Farbe vom Kreuzesstamm der 3. Station in die Bildfläche herein. Das mittlere Quadrat zeigt die Darstellung der Leidensstationen 2 bis 4. Die Symbolik der 2. Station „Jesus nimmt das Kreuz auf sich" wird von der Dornenkrone beherrscht, ähnlich wie beim Kreuzweg für Nowa Huta, wie überhaupt die Dornenkrone im Schaffen von Rudolf Kolbitsch immer wieder symbol trächtig aufscheint. Das leidgequälte Antlitz Christi in der 3. Station „Jesus fälit zum ersten Mal unter dem Kreuz", blutig rot mit hellem Augenpaar, die Szene blau umrandet, blickt eindringlich den Beschauer an. Dieses kraft volle Blau wird auch auf die 4. Station „Jesus begegnet seiner Mutter" übertragen, wobei die Gestalt Mariens in ein fahlgelbes Kreis segment eingeschlossen ist, wie eine ver puppte Larve. Blaue und rote Farbakkorde bestimmen auch die Stationen 5 und 6, die Darstellung der Passionsszene „Veronika reicht Jesus das Schweißtuch" ist in ihrer ver schlüsselten Symbolik von besonderer Wirkung. In der zweiten Fensterfläche wird die Pas sionserzählung im unteren Quadrat mit den Stationen 7 bis 9 „Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz" — „Jesus begegnet den weinenden Frauen" und „Jesus fällt zum drit ten Mal unter dem Kreuz" fortgesetzt. Das mittlere Quadrat dieses Fensters wird von der drohenden Dreiergruppe der Würfel in der li terarischen Überlieferung der 10. Station „Je sus wird seiner Kleider beraubt" fortgesetzt. Das obere Quadrat dieses Fensters zeigt die dramatische Szene der 11. Station „Jesus wird an das Kreuz genagelt", wobei die Dra matik auf eine einzige, geisterhaft große, von einem Nagel durchbohrte Handfläche redu ziert erscheint. Neues Betonglasfenster für die Taufstelle der Pfarrkirche LInz-St. Leopold. Sämtliche Fotos: Kurt Flelschmann, Linz 18

Seine ganze Kraft der Aussage konzentrierte Kolbitsch auf die 12. Station „Jesus stirbt am Kreuz", kein Beiwerk, keine trauernden Ge stalten zu Füßen des sterbenden Heilands, nur der Leib Christi, der die gesamte dritte Fensterfläche einnimmt. Eine wahrhaftige Kruzifikation, am Ende seiner künstlerischen Laufbahn noch einmal eine überzeugende Botschaft wie das Kruzifix aus seinen frühe ren Schaffensjahren in der Hauskapelle des Bezirksaltenheimes in Braunau am Inn (1962), zusammengesetzt aus fünf geätzten Stahlplatten. Wie tief sich Rudolf Kolbitsch in das Gedan kengut der Passion Christi versenkt hat und wie ernsthaft er es in immer neuen Variatio nen auszudeuten versuchte, beweisen be sonders überzeugend Komposition und Farb gebung der vierten Fensterfläche. Am Boden, im unteren Quadrat, die Darstellung der Grablegung, der Leichnam Christi ver puppt in einer düsteren, gelb-braunen Grab höhle, darüber triumphierend in leuchtender Farbigkeit der Auferstandene. Dankbar begrüßte Kolbitsch die Möglichkeit, beim Wiederaufbau von St. Leopold auch ein ganz neues Glasfenster gestalten zu können. Neben den abstrakten Lichtbändern in der Hauptkirche und den Lichtbringern der Wo chentagskapelle schuf er für die neu konzi pierte Taufkapelle ein, die Stirnwand dieses festlichen Raumes beherrschendes Beton glasfenster, das dieser Taufstelle Weihe, Würde und Licht gibt. In der technischen Ausführung griff er auf die Form des Betonglasfensters zurück, dadurch bedingt eine ungegenständliche Bildsprache, die zur Medidation anregt. Über einem flachen Kreissegment in dunkler Farbigkeit schwebt ein heller Kreis, der Sonne vergleichbar. Un ten — bodennah — in dunklem Blauton das Symbol einer Quelle, die sich in die vier Him melsrichtungen verströmt, darüber schwe bend — strahlend gelb — eine Lichterschei nung. Ist es die Sonne, ist es ein Feuerball, ist es ein Symbol für alle, „die auf das Kreuz ge tauft sind"? Die Antwort überläßt der Künstler den Gläubigen, die diesen Raum hoffnungs voll betreten, hier alle ihre Hoffnungen für ein neues junges Leben im Gebet ausdrücken wollen. Die Wiederherstellung des Glasfensterkreuz weges und die Neuschöpfung des Taufstel lenfensters in St. Leopold betrachtet Rudolf Kolbitsch als (vorläufig?) letzten Höhepunkt in seinem glasmalerischen Schaffen, das be reits 1949 begann und bis heute mehr als 110, zum Teil großflächige Werke umfaßt. Bleiglas fenster, Betonglasfenster, Glasätzung — jede Technik entwickelte er zu reifer Könnerschaft. Figurativ — nonfigurativ (abstrakt), das war für ihn nie eine streiterfüllte Problemstellung. Seine Gestaltungsprinzipien entnahm er den Bildinhalten und paßte sie jeweils den archi tektonischen Gegebenheiten an, mit denen er sich allerdings oft mühsam auseinander setzen mußte. Wichtig war ihm, mit jeder Ar beit zu beweisen: „Auch ein Glasfenster ist ein Kunstwerk." (Zitat des Künstlers) In seinem glasmalerischen Lebenswerk ist er für Oberösterreich in eine bedeutende Na mensreihe einzuordnen: Brüder Raukamp — Alfred Stifter — Karl Hauk — Herbert Dimmel — Margret Bilger — Rudolf Kolbitsch. Glasmalerei Stift Schlierbach A-4553 Schlierbäch Tel. (0 75 82) 81 2 82 Gemeinsame Planung — kunstvolle Verarbeitung Die Atmosphäre eines Raumes wird wesentlich von Farbe, Licht, Bild und Form bestimmt. Das harmonische Zusammenwirken aller Faktoren muß berücksichtigt werden. Unsere Aufgabe reicht deshalb weit über die Anfertigung von Fenstern oder individuell gestalteter Beleuchtungskörper hinaus . . . Schon bei der gemeinsamen Planung kommt Ihnen die mehr als 100jährige Erfahrung unseres Betriebes zugute. Für Sie, für Künstler und Architekten, wollen wir ideenreiche, anpassungsfähige Partner sein! Die Komplettlösung ist unsere Stärke; — gemeinsame individuelle Planung — künstlerisch gestaltete Glas malerei — Bilder, Fenster, Beleuchtung in Betonglas — harmonisch abgestimmte Beleuchtungskörper — jede Art von Bau verglasung — Schutzverglasung bestehender oder neuer Fenster — Restaurierung und Reparatur Unser Leistungsangebot: Individualität und bleibender Wert. Fenster jeder Art und Gestaltung sowie künstliche Lichtquellen und Beleuchtungskörper für Kirchen, Kapellen, Meditationsräume, öffentliche Bauten, Hallen, Hotels, Gaststätten, Büros, Wohnungen, Türund Möbelverglasung usw. 19

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