Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

Oberösterreich aktuell Unsere Hammerherrentracht ist mit dem dunkelgrünen Tuchrock, den ein schwarzer samtener Schalkragen ziert, der seidenen Weste und der schwarzen Hose eine Klei dung, die jedem Großereignis gewachsen ist, sie ist von Kostbarkeit und Eleganz geprägt. Einen bedeutend größeren Spielraum haben allerdings die Damen. Mit allen landschaftsbezogenen Modellen und ihren farblichen Va riationen können sie zwischen mehr als 250 echten, schönen, erneuerten Trachten wäh len. Das Bemerkenswerte ist aber, daß sie wirklich alle getragen werden, alles findet man im Lande verteilt. Wir haben für das ganze Land gültige Trach ten und man findet jene, die ihre Herkunft aus einem bestimmten Viertel signalisieren. Grundverschiedenes kann ein Kenner unse res Landes und seiner Leute hier heraus lesen und dabei auf Arbeite- und Lebensbe dingungen, Handwerkszweige, landwirt schaftliche Produktionsmöglichkeiten schlie ßen. Auch Reichtum, Angeberei, Sparsam keit und Zweckmäßigkeitsdenken wird durch Trachtenkleidung ausgedrückt. Neben dem zunehmenden Wohlstand trat in nerhalb der vierzig Jahre noch etwas ein, das der Tracht entgegenkam. Diezahlreichen Bil dungseinrichtungen, wie etwa das OÖ. Volks bildungswerk, nahmen in ihr Kursangebot Trachtennähkurse auf. Tracht erfordert viel schneidertechnisches Können und viel Handarbeit, das alles macht sie teuer. Das Wort teuer ist zwar sehr relativ, gemessen an der Zeitdauer, die man diese Kleidung tragen kann, ohne daß sie an Aktualität verliert, aber wenn man durch eigene Arbeitsleistung et was einsparen kann, nehmen unsere Frauen diese Angebote immer gerne an. Die Trach tennähkurse finden großen Anklang. Zu Beginn der siebziger Jahre kamen dann die ersten Stickkurse für die Goldhaube dazu. Etwas, was in der Zeit der Entstehung dieser Tracht nur der Putzmacherin, dem Handwerk vorbehalten war, wurde plötzlich von Laien hergestellt. Wohlgemerkt, exakt wie das historische Vorbild, entstand der prunkvollste trachtiiche Kopfschmuck, den die Oberösterreicherin besitzt, nun neu. Mit diesen neuen Goldhauben entstand auch eine neue Bewegung hin zur Ifacht. Eine Frauengemeinschaft von 18.000 Mitgliedern, zu der die Trägerinnen von Goldhauben, Kopftüchern und Hüten zählen, und die die Pflege und Erhaltung der Tracht ganz allge mein mit den vielen Mitgliedern unserer Trachtenvereine zu ihren vordersten Aufga ben zählt, muß spürbar werden. Sie ist spürbar! Deshalb hat Oberösterreich etwas aufzuwei sen, was mit seinen Schätzen an Kunst und Kultur, was mit der Schönheit der Landschaft ein typisches, ein schmückendes, ein wert volles Element dieses Landes geworden ist — seine erneuerten Trachten! Die Trachten, die am Werktag, im Sommer und im Winter, bei Festen und Feiern, zu kul turellen, gesellschaftlichen und privaten Er eignissen so selbstverständlich getragen werden, wie eben — Gott sei Daink — noch immer die Blumen auf unseren Wiesen blühen. Hoffen wir weiter auf ein geistiges, mensch liches Kiima in Oberösterreich, das dies alles gedeihen läßt. Die Blasmusikkapelle Jainzen, Bad Ischl, in altüberlieferter Tracht bei einem Musikfest im inneren Salzkammergut. — Foto: Wilhelm Fettinger, Bad Geisern & 72

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