Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

des Ersten wiederum deutlich hervortritt. Nachdenklich macht aiierdings der Umstand, daß die feierlich zu eröffnenden Objekte in den meisten Fällen schon längst in Benüt zung stehen. In neuen Schulgebäuden wird seit Monaten unterrichtet, über Straßen stücke läuft längst der Alltagsverkehr und Brücken wie Tunnel haben sich inzwischen auch schon bestens bewährt; trotz alldem gelten sie aber erst durch die Symboihandlung eines Präsidenten, Landes- oder Be zirkshauptmannes usw. als wirklich „eröff net", wenn das inzwischen unerläßlich gewordene Band durchschnitten ist. Das Bänderdurchschneiden, das in letzter Zeit sogar von mehreren RepräsentationsPersonen gleichzeitig vorgenommen wird, ist — weil für jedermann leicht verständlich — ein markanter Neubrauch geworden. Liegen für Spatenstich- oder Grundsteinlegungsrituaie vereinzelt Belege aus der Zeit der Mo narchie vor, so ist über den offiziellen Bänder durchschnitt noch nichts ausfindig gemacht worden, das seine Entstehung in unserem Jahrhundert streitig machte. Alles Eröffnen von bereits benützten Objek ten bedeutet eigentlich eine unnötige, ja un sinnige Handlung, deren sich die dazu ein geladenen Amtsträger jedoch nicht entziehen können. Vermutlich sind es auch nicht die „Bauherren", sprich Landes- oder Ortsverwaltungen, Konzerne, Gesellschaften usw. allein, die es nach so einem symboli schen Schauspiel drängt, um dabei Rech nung zu legen und für ihr Wirken zu werben. Neubräuche solcher Art werden ebenso auch von den Belegschaften der an dem betreffen den Werk beteiligten Firmen wie von der Be völkerung geradezu erwartet, so daß mit gu tem Gewissen von einer „Ritualisierung des öffentlichen Lebens" (L. Schmidt) gespro chen werden kann. Gleichsam ein Seitenthema zu den Eröff nungsbräuchen steilen die in kleinerem Rah men arrangierten Szenen der „Indienststel lung" gemeinnütziger Einrichtungen dar. Dazu gehört allen übrigen voran der aus dem alten, überlieferten Hüttenbrauch nun in die „öffentliche Hand" gelegte Hochofenanstich. Diese überwiegend profanen Zeremonien in der industriellen Arbeitswelt, wie sie beim An Links oben: Enthüllung des Marktsteines in Rainbach im Mühlkreis anläßlich der Markterhebungsfeier am 22. Juni 1986 durch Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck und Landesrat Leo Habringer. — Foto: Walter Mayer, Rainbach i. M. Links: Bieranstich am Urfahrmarkt durch (Alt)Bürgermeister Franz Hillinger. — Foto: Kurt Aigner, Linz 45

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2