Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

Unten: Vilma Eckl (gestorben am 10. Juni 1982 im 90. Lebensjahr), Betende Frauen aus Siebenbürgen, Farbkreide, 1947/48. — Foto; Erich Widder, Linz \ und an die nächsten Generationen weiter zugeben. Die Siebenbürger Sachsen sind in Ober österreich vor aiiem durch ihre schwarz-wei ße Tracht und die siebenbürgisch-sächsischen Blasmusikkapeiien präsent. Die Tracht wird zu den im Jahres- und Lebenskreis be deutenden Festterminen, aber auch zu An lässen wie Landmannschaftstreffen, Trach tenveranstaltungen und Trachtenzügen getragen. Die Trachten der Männer sind im Prinzip einheitlich. Bei den Frauentrachten unterscheidet man die „weiße Tracht", einfa cher gehalten und schwarz ausgestickt, und die „dunkle Tracht", zu der der bestickte Samtrock, Bänder, Schößi, weißes, reich be sticktes Hemd, Stirnband, Samtborten und Bocknadein gehören. Man kann in der heutigen Zeit zwei verschie dene Arten von Brauchtumsterminen wahr nehmen, das Brauchtum als Lebensinhalt und das Brauchtum in der Lebensgemein schaft. Brauchtum als Lebensinhalt ist viel fach aus der Funktion gerissen, das Sied lungsgebiet einst und jetzt wirkt hier dagegen. Bräuche wurden aus dem örtlichen Ambiente der alten Heimat in eine fremde Gegend übertragen und hier können sie nur aufgrund einer intakten Lebens- und Volksge meinschaft weiterbestehen. Bräuche in der alten Heimat waren einerseits vom bäuerli chen Landjahr bestimmt, andererseits vom Familien- und Kirchenjahr, das Taufe, Konfir mation, Ehe und Tod beinhaltet. Wichtige Ter mine des Landjahres sind Kirmes, Kirchweih fest, Erntedank und Kathreintanz; Termine, die in den Siebenbürger Gemeinden oft nicht mehr wahrgenommen werden. Vieles ist in Vergessenheit geraten oder hat sich verändert, wie zum Beispiel der Winter vertreibungsbrauch. Die Darstellung der Handlung ist wohl gleich geblieben, die Ein bindung der Handlung in ein übergeordnetes Ganzes fehlt jedoch. Heute wird dieser Brauch noch beim Trauner Faschingszug ge zeigt. Die Figur des Winters wird mit Peit schenknall, Lärm und Trommeln vertrieben, um dem Frühling Platz zu machen. Ein Oster brauch, der auch, jetzt noch in den Siedlun gen der Siebenbürger Sachsen anzutreffen ist, wird nur von den Burschen durchgeführt; sie ziehen von Haus zu Haus zu ihren Auserwähiten und bringen ihnen unter Segens wünschen eine kleine Aufmerksamkeit dar, Liebesgaben, die von den Mädchen mit einem Gegengeschenk belohnt werden. Bei diesem Brauch begießen die Burschen die Mädchen auch mit Wasser. Wird statt des ge wöhnlichen Wassers ein Parfüm benützt, so zeigt dies an, daß der Bursche ernste Hei ratsabsichten hat. im Bereich des Brauchtums im Jahresiauf ist Links: Vilma Eckl, Braut aus Siebenbürgen, Farbkreide, 1952. — Foto: Erich Widder, Linz Rechts: Hochzeitstanz der Siebenbürgerinnen, Farbkreide, 1949. — Foto: Erich Widder, Linz es vor allem die protestantische Giaubensgesinnung, die brauchtumsbestimmend ist und infolgedessen auch einige Bräuche von der alten in die neue Heimat übernommen wor den sind. Die Festlegung der Konfirmation z. B. erfolgt in Traun auf die Osterfestzeit. Der Grund dafür ist, daß in der alten Heimat das Schuljahr mit dem Ostersamstag endete, und Schuijahrsende und Konfirmation ein und derselbe Termin waren. Das Hochzeitsbrauchtum nimmt bei den Sie benbürger Sachsen eine vorrangige Stellung ein. Brauchtermine, die in Zusammenhang mit Familienfesten stehen, haben überdauert und sind im Gegensatz zu Bräuchen, die im Bereich der Arbeitswelt ihre Wurzeln haben, noch vielfach lebendig. Auch hier ist es der 40

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