Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Streiflichter aus der Arbeit der naturwissenschaftiichen Sammiungen im OÖ. Landesmuseum Innstauseen. Zusammen mit bereits vorhandenem Materiai stelit dieser Komplex eine umfassende Dokumentation dieses bedeutenden Naturschutz gebietes dar. Diese ist umso bemerkenswerter, da es nur mehr wenige private Wirbeltiersammiungen in Oberösterreich gibt. Der Umfang der Wirbeitiersammlung am OÖ. Lan desmuseum iäßt sich am besten daran messen, daß in Österreich, abgesehen vom Naturhistori schen Museum in Wien, eine Sammiung vergleich barer Größe nur am Steiermärkischen Landesmu seum Joanneum in Graz existiert. Hier muß nun wohl die Frage gestellt werden: wozu? Die Wirbeltiersammiung am OÖ. Landesmuseum, seit 1920 eine öffentliche Einrichtung des Landes Oberösterreich, erfüiit den kuitureiien Auftrag, einschiägige Sammiungen anzuiegen, diese zu be wahren, zur Forschung auf dem jeweiiigen Fachge biet beizutragen und Ergebnisse der Öffentiichkeit zu vermitteln. Die Wirbeitiersammlung ist somit eine Kontaktsteiie zwischen Wissenschaft und Öf fentiichkeit. Die Anforderungen sind von beiden Seiten her gestiegen, auf wissenschaftlicher Ebe ne methodisch und kommunikationsbedingt, von der Öffentlichkeit her durch Anspruch auf Informa tion und Transparenz. Wie kann die Wirbeltiersammlung derzeit diesen Anforderungen gerecht werden? Kurz gesagt, nur teilweise. Durch die Wandiung zum Speziaiistentum, die starke Auffächerung von Wissenschaftsdiszipiinen (Systematik, Taxonomie, Anatomie, Faunistik, Ökoiogie, Verhaltensfor schung, . . .) und eine unüberschaubare informationsfiut sind die Aufgaben eines Museumszooiogen, Grundiagendaten zur Verfügung zu steiien, im Vergieich zu früher nicht gerade einfacher ge worden. Die Situation in Oberösterreich ist beson ders schwierig, da keine einschiägige Universität im Lande das notwendige Potentiai an fachlich ausgebiidetem Nachwuchs bereitstelit und der wichtige Gedankenaustausch zu Fachkoliegen deshaib erschwert wird. Ais einzige iandesweit wissenschaftiich tätige Ein richtung auf dem Gebiet der Wirbeitierzooiogie ist die Wirbeitiersammlung in Oberösterreich neben bereits genannten Aufgaben zusätziich Kommuni kationszentrum für Fachieute und Auskunftsstelle für unterschiedlichste Anliegen. Von wissenschaftlicher Seite her gingen Informa tionen aus Sammlungsbeiegen bereits seit dem vorigen Jahrhundert in viele Arbeiten ein: z. B. OÖ. Vogeifauna (HiNTERBERGER 1854, BRITTINGER 1866, TSCHUSi ZU SCHMIDHOFFEN 1915), Handbuch der Vögel Mitteleuropas (BAUER & GLUTZ 1966—1985), Säugetierfaunen (laufende Monographien in Mammaiia Austriaca, Übersicht in AUBRECHT 1985), Amphibien- und Reptiiienfauna(CABELA&TIEDEMANN 1985). Auch im Cataiogus Faunae Austriae (1955—1982) sind unsere Bestände berücksichtigt. Zunehmend schon seit der Tätigkeit Kerschners werden neben Sammiungsobjekten als Belege auch Aufzeichnungen über Beobachtungen von Wirbeltieren gesammelt, die, soweit fachlich fun diert, ebenfalls dokumentarischen Wert besitzen. Gerade Vögel, aber auch andere Wirbeltierarten sind auch in freier Wiidbahn lebend gut bestimm bar. Naturschutzaspekte verbieten heute außer dem weitgehend das Sammeln geschützter Arten, soweit es sich nicht um Totfunde handelt. Dieses Beobachtungsarchiv sowie bereits publizierte Da ten in der Literatur steiien deshaib vom Umfang her ein Vielfaches der Information dar, das allein aufgrund von Belegmateriai existiert. Einige Beispiele mögen demonstrieren, weicher Art diese Informa tion sein kann. Nur durch langfristige Aufzeich nung von Beobachtungen und die Hilfe zahlreicher Mitarbeiter gelang es, eine Liste der Wirbeltiere Oberösterreichs zu erstellen (AUBRECHT & MAYER 1986), in der zusätziich das Jahr der letz ten Beobachtung jeder einzelnen Art ersichtlich ist. Mit einem Blick kann nun entdeckt werden, daß noch vor 11 Jahren ein Wolf in Schiägi erlegt wur de, daß die seltenen Nachtreiher auch 1985 an den Innstauseen brüteten, daß 1984 wieder ein Gänse geier am Aimsee beobachtet wurde, während die letzte Beobachtung eines Bartgeiers in Oberöster reich bereits über 150 Jahre zurückliegt. Weiters iäßt sich ablesen, daß in Oberösterreich bis 1985 62 Fisch-, 14 Lurch-, 11 Kriechtier-, 331 Vogel- und 75 Säugetierarten nachgewiesen wurden, insge samt 493 verschiedene Wirbeitiere. Aufgrund von vielen Einzeiinformationen gelang es auch, ein räumiich-zeitiiches Bild der Einwande rung des Waschbären zu ersteilen (AUBRECHT 1985), der in Oberösterreich erstmals 1980 nach gewiesen werden konnte. Bedenklich stimmen Do kumentationen über das Verschwinden von Tierar ten aus unserem Land, seien es Steinkauz, Schleiereule oder Schwarzstirnwürger (MAYER 1987). Von einer vor 20 Jahren durchaus verbreite ten Vogeiart, dem Rotkopfwürger, der in klimatisch begünstigten Gebieten und vor allem auf Streu obstwiesen und in alten Obstbaumkuituren vor kam, wurden 1982 (AUBRECHT G. & M. 1984 und 1986) die letzten Brutstätten, auf ganz Österreich bezogen, im Unteren Mühiviertei dokumentiert. Schwierigkeiten entstehen, wenn Auskünfte über das Vorkommen von Tierarten in einem bestimm ten Gebiet erwünscht werden. Unser Datenmate rial ist in dieser Hinsicht nicht abrufbar, da es nicht nach geographischen Prinzipien geordnet ist, son dern nach Tierarten. Es ist deshaib möglich, schnell alle Daten z. B. über den Steinadler zu sich ten, nicht aber über das Vorkommen von Wirbeitie ren z. B. im Bezirk Gmunden. Zur Verbesserung dieses Informationssystems, das auch für akfueiie Fragen des Naturschutzes und der Raumordnung äußerst wichtig wäre, muß wohl in Zukunft in unse rem Museum die EDV-unterstützte Datenspeiche rung Eingang finden. Nur so kann der einmalige Datenschatz wirksam für aktuelle Fragestellungen genützt werden. Neben sammiungsbezogenen Informationen sind fast täglich weitere Anfragen zu beantworten: Wel cher Vogel sitzt gerade in meinem Garten, er ist klein und unscheinbar gefärbt? Gezielte Fragen können oft die Auswahl einschränken, so daß es unter Umständen ein Birkenzeisig sein könnte. Kri tischer ist die Frage, ob die Schlange, die beim Spazierengehen aufgeschreckt wurde, giftig ist. Hinweise auf bestimmte Merkmaie und der geo graphische Bezug ergeben meistens, daß es sich nicht um eine Kreuzotter, sondern um die ungiftige Schlingnatter handelt. Auch Erheiterndes kommt vor, wenn Knochen zur Bestimmung kommen, von denen der Finder behauptet, sie müssen von einem Saurier stammen. Eingehender Vergleich mit vorhandenen Skeletten beweist schließlich, daß nur die ersten drei Buchstaben vom Saurier stimmen und es sich um Reste einer jungen Sau handelt, die jahrelang im Boden vergraben waren.

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