Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Historische Landeskunde den und von hier aus die ersten Erdäpfelsor ten über den Pötschenpaß ins Ausseer Land gelangten. Im Jahre 1807 konnte der Di striktskommissar des Pfiegamtes Wilden stein, das damals seinen Sitz in Geisern hatte, an seine Ortsbehörde melden, daß in seinem Bezirk, der von Ischl über Geisern bis nach Hallstatt und Gösau reichte, bereits 239 Inwohner Kartoffel angebaut hatten und die Ernte derselben 480 Metzen betrug. Von diesem Zeitpunkt an machte der Kartoffelan bau rasche Fortschritte. Demnach könnte man im Jahre 1993 das Zweihundertjahr-Ju biläum der Einführung der Kartoffel im obe ren Salzkammergut feiern. Im Jahr 1797 breitete sich eine überaus ge fährliche epidemische Ruhr aus, die in fünf Arten („galiichte, schleimichte, entzündungs artige, rheumatische und faulichte Ruhr") im Juni begann und im August ihren höchsten Grad erreichte. In den kirchlichen Sterberegi stern sind in dieser kurzen Zeit 119 Todesfälle wegen Ruhr verzeichnet. In der Chronik des Pastors Christoph Friedrich Salomen Kästner ist zu lesen: „Im Ganzen sind 715 Personen unter der Kur des hiesigen kaiserlichen Chirurgus Perndanners Sohn, wovon 39 star ben . . . Gewiß war es, daß derjenige, der gleich von Anfang einen Chirurgen consultierte, ihm gründlich folgte und sich nachher noch hielt, meistens bald und glücklich geret tet wurde. Die das nicht taten, wendeten oft falsche Mittel an, hielten nicht die erforderli che Diät und wurden dann sehr häufig hinge rafft." (Dieser Passus läßt vermuten, daß die anderen 80 Ruhrtoten sich keiner Behand lung durch den Chirurgen J. M. Pernthaner unterzogen hatten)... — Eindrucksvoll schilderte der Pastor die Schreckenszelt 1797: „Es war ein jammervoller Anblick, täg lich in den Monaten Juli-August zwei bis vier Särge tragen, schwarz gekieidete Leute se hen, fast täglich zwei bis fünf Personen aus jedem Alter beerdigen zu müssen! Ob ich gleich Tag für Tag (vormittag) von Ortschaft zu Ortschaft, von Haus zu Haus umhereilte . . . Rat, Trost mitzuteilen; ob Ich gleich an jedem Nachmittag während der Epidemie vor zwei bis fünf Särgen eine halbe bis eine Stunde re dete . . . obgleich zwei bis vier Gemeinde glieder zugleich in mein Haus eintraten, Lei chen anzusagen, die den Geruch und die Dünste der Krankheit in ihren Kleidern mit brachten und oft eine Viertelstunde, auch län ger da verweilten, ob ich gleich täglich in en gen Kammern voli Unreinlichkeit zwischen drei und fünf Kranken stund, so blieb doch durch des Allmächtigen Gnade mein ganzes Haus frei. Wir tranken fleißig Wasser mit Him beeressig vermischt, aßen viel Obst, befließen uns vernünftiger Diät. . ." Einer in den Sommermonaten 1802 aufgetre tenen Blatternepidemie fielen viele Kinder zum Opfer. Übier noch als in Geisern trat die gefährliche Krankheit in Gösau auf, wo inner halb kurzer Zeit sechzig Personen starben. Die Seuche gab Veranlassung, auch Im Kam mergut die Kuhpockenimpfung, die im Jahre 1794 von dem englischen Landarzt Edward Jenner erfunden worden war, zu erproben. Wie damals jede Neuerung, stieß auch die neue Impfmethode auf Ablehnung und Wi derstand. Nach einem Bericht des Salinenhi storikers 0. SchramI wurden zwischen 1802 und 1806 immerhin bereits 1261 Kinder im Kammergut geimpft. Jene Kinder, deren El tern die Pockenschutzimpfung verweigerten, wurden seitens der Kammergutsverwaitung aus der Liste der Hofkornbezugsberechtigten gestrichen. Dieses Zwangsmittel und die Auf klärungsarbeit der Bader und Ärzte trugen Früchte, denn die gefährliche Blatternepide mie erlosch ziemlich baid. Die Bader und Ärzte der damaligen Zeit be reiteten viele Arzneien selbst zu, denn die Apotheken waren noch weit entfernt. Zu nächst war die nächstgelegene in Gmunden, schließlich kam eine Apotheke in Bad Ischl dazu, während Geisern eine solche erst im Jahre 1908 erhielt. Im Testament des Martin Pernthaner d. J. scheinen als Grundmittel für Medikamente auf: Chinarinde und Extrakte, Harze, Mercurialpräparate, Pflaster und Sal ben, Pulver zum äußerlichen und innerlichen Gebrauch, Wurzel, Blätter, Blüten, Kräuter und Samen und schließlich chirurgische Instrumente. In einer „Chronik des Ortes St. Agatha", begonnen vom Schulmeister Jo hann Georg Schenner aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ist zu lesen: „Neben der Salinenarbeit suchten die Ortsbewohner ihren Unterhalt im letzten Jahrhundert in der Gewinnung von Gips, in der Bearbeitung des Steinbruches auf der Pötschen, des Marmor bruches am Raschberg . . ., durch Graben verschiedener Wurzeln, z. B. der Enzian-Bär wurzeln und Calmus und der Roten Gemswurzei usw., durch Sammein des Lungenmooses, des Schachtelhalmes und anderer Geblrgskräute,r des Peches. . Offenbar diente dieses Kräuter- und Wurzelsammeln nicht nur zur Beschaffung von Hausmitteln, son dern auch der Gewinnung von Grundstoffen zur Herstellung von Arzneien durch die Ba der und Wundärzte. Die fast ausnahmslos frühzeitige Sterblich keit der Bevöikerung des Kammergutes machte auch vor der Arztensfamilie Perntha ner nicht halt, denn schon im Oktober 1815 starb der Wundarzt Johannes Martinus Pernthaner der Jüngere im Alter von 47 Jah ren an Lungensucht. Bei seinem Ableben wa ren von seinen sieben Kindern nur noch vier am Leben, drei Töchter und der jüngste Sohn Felix, der erst drei Jahre alt war. Unter diesen Umständen entschloß sich die Witwe Eva Ma ria, die Badergerechtigkeit seibst zu über nehmen und weiterzuführen, bis ihr Sohn das Gewerbe ausüben könnte. Von den Proviso ren, die auf ihre Rechnung und Gefahr in Gei sern ordinierten, sind namentlich bekannt Sebastian Wörgartner (um 1818), dann Jakob Verlangen Sie bitte die neuen Pauschalkurarrangements! 15 % ermäßigte /^7-v ääT Pauschalkuren in ßAD^lSCHL Jährlich von Oktober bis Juni; Der ideale Aufenthalt für Vorbeugung, Heilung und Erholung. Modernstes Kurmittelhaus (Sole — Schwefel — Schlamm; neues Sole-Hallenbad, Sauna) Buchung; Direkt im Hotel, in der Pension Sommer in Bad ischi: Täglich 3mal Kurkonzerte, Operettenfestspiele Stadtfest mit Operetten-Air, Kaiserwoche Kurdirektion A-4820 Bad Ischl Bahnhofstraße 6, Tel. 0 61 32/77 57, FS: 68117 58

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