Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Gedenktafel für Johannes von Gmunden am Gmundner Rathaus. — Foto: H. G. Prillinger, Gmunden. Links unten: Kalender des Johannes von Gmunden, nach dem Holztafeldruck In Falkenstein: Geschichte der Buchdruckerkunst, 1840 phle des Mannes, der nicht nur an der Schwelle der Renaissance deren wissenschaftiiche Richtung ankündigte, sondern auch ais Schlüsselfigur zwischen scholasti scher und humanistischer Wissenschaftsauf fassung zu beurteilen ist. Daß diese Biogra phie auch in Fachkreisen ais bedeutend angesehen wurde, erweist sich aus dem Um stand, daß sie schon 1943 ais Sitzungsbe richt der Österreichischen Akademie der Wis senschaften neu aufgelegt und gedruckt wurde, und daß nunmehr, nach Anregungen von 1984, erneut eine kritische Wiederaufla ge bevorsteht. Aus allen vorhandenen Aufzeichnungen — und sie sind trotz der frühen Zeit doch ziem lich umfangreich, vor allem was die Universi tätsakten betrifft — geht hervor, daß Johan nes von Gmunden zwischen 1380 und 1385 geboren wurde — ob Gmunden der Ort sei ner Geburt oder nur seiner direkten Herkunft ist, läßt sich nicht feststellen. Sicher ist je doch, daß er der Familie Krafft entstammt, die um die fragliche Zeit zwei Saizamtmänner in Gmunden stellte. Außerdem ist — ebenfalls aus dieser Familie — ein Domherr von St. Stephan in Wien verbürgt. Die Gmundneri sche Herkunft ist durch die genaue Biogra phie, die Paul Uibiein in den „Beiträgen zur Kopernikusforschung" 1973 über Johannes von Gmunden vorlegte, wohl hinreichend be wiesen.® Johannes von Gmunden bezog im Jahre 1400 die Wiener Universität, er vollendete be reits 1402 das Baccalaureat an der Artisti schen Fakultät und wurde 1406 zum Magister artium promoviert. Von diesem Zeitpunkt an lassen sich seine akademischen Vorlesun gen nachweisen. Daneben erlangte er das Baccalaureat an der theologischen Fakultät und wurde 1417 zum Priester geweiht; noch während der Zeit seiner theologischen Stu dien, bzw. vor seiner Priesterweihe, hielt er auch Vorlesungen zu theologischen The men. Ab 1416 sind jedoch nur mehr naturwis senschaftliche Vorlesungen bekannt. Im „Archiv der Geschichte der Naturwissen schaften", einem Vorausiexikon in Loseblatt ausgabe zum Lexikon der Geschichte der Naturwissenschaften, hat Heimuth Grössing die biographischen Angaben für Johannes von Gmunden zusammengestellt. Sie er schienen 1983 in Heft 7. Darin werden auch die akademischen Funktionen des Gmund ners behandelt: 1413 und 1423 Dekan der ar tistischen Fakultät, 1426 Vizekanzler, dane ben mehrmals Examinator. Er war auch Kassenverwaiter und war unter anderem mit der Beaufsichtigung des Universitäts-Neu baues beauftragt. Von 1417 bis 1425 war Johannes von Gmunden Mitglied des Coilegium Ducale, einer herzoglichen Universi tätsstiftung; dann erhielt er ein Kanonikat in St. Stephan von Wien und wurde 1431 mit den Pfründen der Pfarre von Laa an der Thaya ausgestattet. Mit dem Titel eines Pfar rers von Laa starb Johannes von Gmunden am 22. Februar 1422 (wahrscheinlich in Wien) und wurde zu St. Stephan beigesetzt. Bereits 1435 hatte er seine Bücher und In strumente der Universität legiert und für deren Benützung durch die Studenten eine Art Bibiiotheksordnung aufgestellt; er gilt da her mit Recht ais Begründer der Wiener Uni versitätsbibliothek. Uibiein bezeugt in der bereits erwähnten Jo hannes-Biographie nicht nur die wissen schaftliche, sondern auch die hervorragende organisatorische Persönlichkeit des Gmund ners. Er nennt „die Aufzeichnungen Johanns von Gmunden, die er ais Dekan der Artisten fakultät im Wintersemester 1413/14 gemacht hat. . . die ausführlichsten Aufzeichnungen des ganzen ersten Bandes. . . [sie] bewei sen seine Genauigkeit auch in administrati ven Dingen . . ." Uibiein hebt dann noch die schönen ebenmäßigen Schriftzüge hervor, die eine der Voraussetzungen für eine wei tere Funktion des Johannes war: öffentlicher Notar. Zudem erweist sich aus den Fakuitätsakten, daß Johannes von Gmunden ein stren ger Prüfer war, was ihm von einem der durch gefallenen Scholaren sogar einen Drohbrief eintrug. Es ist also verständlich, daß in den Publikatio nen der Wiener Universität (Tannstätter bis Aschbach usw.) immer wieder der Name des Johannes von Gmunden erwähnt wird. Der Wiener Humanist Chr. Poppenheuser verfaß te im Jahre 1551 eine Elegie, die mit folgen den ehrenden Zeilen den Mathematiker preist: „Magnus Johannes Gmundanus, nobiiis arte . . ." Mit diesem Preisiied leitete Heidelinde JungDimt ihre Überlegungen „Johannes von Gmunden — Georg von Peuerbach", ein, wo rin sie die Bedeutung dieser Geiehrtenper53

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