Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Wege des Naturschutzes Gerald Mayer Spricht man über Wege, so sollte als Voraus setzung ein Ziel definiert sein — andernfalls man In die Irre geht. Im Falle des Naturschut zes scheint dies recht einfach zu sein — das Ziel wäre, die „Natur" zu schützen. Bei ge nauer Betrachtung Ist diese Zielvorstellung aber nur eine der Formen des Größenwahns, der die Art „Mensch", die sich selbst den wis senschaftlichen Namen „sapiens" — weise — verliehen hat, besonders auszeichnet. Es Ist nicht daran zu zweifeln, daß der Mensch als Lebewesen Teil der Natur und als solcher den Naturgesetzen unterworfen Ist. Eine Po larität Mensch — Natur existiert nicht. Es Ist eines dieser unveränderlichen Naturgesetze, daß eine Art, die so ausufert, daß das Gefüge Ihrer Umwelt gestört wird, damit unweigerlich Veränderungen oder Vorgänge auslöst, die zu Ihrem eigenen Nachteil sind. Der Mensch Ist reichlich ausgeufert — und fast unablässig damit beschäftigt, mit den Folgen fertig zu werden. Diese Folgen bestehen nicht in einer „Zerstörung der Natur", sondern lediglich In einer — nachteiligen — Veränderung. Wenn wir zum Beispiel die Wälder des Stodertales einmal zerstört haben, so werden Lawinen, Muren, Hochwässer und Bodenabtrag dafür sorgen, daß wir dieses Tal räumen müssen. Die Natur aber wird nicht zerstört. Es werden andere Pflanzen- und Tierarten das Tal besie deln, andere Lebensgemeinschaften ent standen sein. Die Natur zeigt sich nur In einer anderen Erscheinungsform! Nicht weit von den Grenzen unseres Landes haben wir ein Beispiel dafür: die durch Waldzerstörung, Ziegenweide und anderes verkarsteten Ge biete Jugoslawiens. Niemand kann leugnen, daß dort Natur vorhanden Ist. Manche be zeichnen sie als „ursprünglich", viele als „großartig", und wer das Tal der Una durch fahren oder die Felshelden In voller Blüte er lebt hat, wird dem beipflichten. Nur — für eine Besledelung durch den Menschen sind diese Gebiete nur noch beschränkt geeignet. Damit wird aber auch die Zieldefinition deutli cher: Es geht nicht darum, der Natur — wo runter offenbar viele alle Lebewesen mit Aus nahme des Menschen verstehen — großmütig einige Teilchen der Erdoberfläche als „Rückzugsraum" zu überlassen (die Be zeichnung „Rückzugsraum für die Natur" ist tatsächlich in einigen Raumplanungskonzep ten zu finden!) und gewissermaßen einen Glassturz darüberzustülpen. Es muß viel mehr darum gehen, unsere natürliche Um welt so zu erhalten, daß wir darinnen noch le ben können. Das erscheint zunächst banal. Um beim Bei spiel Stodertal zu bleiben: Einige Lawlnenschutzbauten und Wlldbachverbauungen könnten das Tal doch bewohnbar erhalten. Diese — mögliche — Meinung, alles wäre .■sau •*. .«atsäf.j , - ^ ^ • 4,^- ' 5.« i . t • . V *'.'S' V , " ^ i -i Oben: Reich gegliedert ist die alte Kulturlandschaft im Kremstal bei Sautern. Hoher ökologischer und ästhetischer Wert gehen Hand in Hand ■ 'r, Unten: Die ausgeräumte Landschaft im Eferdinger Becken ist nur noch Wirtschafts-, aber kein Lebensraum mehr, ihre ökologische Labilität kann nur durch massiven Einsatz chemischer Mittel ausgeglichen werden — wie lange? 41

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