Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Die Sternwarte Kremsmünster heute Großes Lob ernteten im vergangenen Jahr hundert die meteoroiogischen Beobachtun gen der Sternwarte aus dem Munde des er sten Direktors der damals neugegründeten Zentraianstait für Meteorologie und Erd magnetismus, Karl Kreil. Er ist ein Schüler der philosophischen Lehranstalt in Krems münster, später Astronom an der Brera in Mailand und schließlich Direktor der Prager Sternwarte gewesen. Im ersten Band (1848) seiner „Jahrbücher" schreibt er, daß Krems münster die meteoroiogischen Beobachtun gen seit 1763 ohne Unterbrechung fortsetzt und diese Beobachtungen zusammen mit denen von Wien, Prag und Mailand als die Hauptstützen der praktischen Meteorologie zu betrachten sind. Kreils Lehrer P. Marian Koller, Direktor unserer Sternwarte 1830 bis 1847, wurde auf Grund seiner Verdienste als Lehrer und Wissenschafter 1851 mit aller höchster Entschließung des Kaisers zum K. K. Ministerialrat im Ministerium für Unterricht und Cultus ernannt. Ais solcher nahm er auch wesentlichen Anteil an der Gründung der oben erwähnten Zentraianstait. Es war Kollers Verdienst, daß an der Stern warte ein magnetisches Obsvervatorium ge gründet wurde (1838/39), das er mit Gaußschen Instrumenten ausrüstete. Es war — der Zeit des Entstehens nach — das zweite in den Ländern der Monarchie. Den Anstoß dazu gab sein ehemaliger Schüler Karl Kreil. — Es war aber auch Kollers besonderes Ver dienst um die Sternwarte, sich um die An schaffung eines großen paraiiaktisch mon tierten Refraktors bemüht zu haben. Anfang Oktober 1857 wurde dieser vom Nachfolger Kollers als Direktor der Sternwarte, dem spä teren Abt Augustin Reslhuber, in der obersten umgebauten Kuppel der Sternwarte aufge stellt und rektifiziert. Es wurde mit diesem Fernrohr auch „Reslhuber ein bis dahin schwer entbehrtes Mittel geboten, in der be obachtenden Sternkunde gleichen Schritt mit den besten Observatorien halten zu kön nen" (Koller an Reslhuber am 31. Dezember 1855). Der Tag der vollendeten Aufstellung war ein Freudentag für unser Haus und für die Sternwarte der Anfang einer neuen Epoche. Mit der Beobachtung von Erdbeben begab sich die Sternwarte 1898 unter dem Direktor P. Franz Schwab auf ein bisher noch nicht be tretenes Gebiet. Nach Bosch-Ehiert wurden die Beben photographisch registriert. — Die Messung des iufteiektrischen Potentialgefäiles nach Benndorf wurde 1901 begonnen. — Einen Markstein in der Geschichte der Stern warte bildete die testamentarische Schen kung eines uns bis dahin persönlich unbe kannten, am 10. März 1896 verstorbenen Hofrates Leopold Kurzmayer, eines Liebha berastronomen in Wien. Er vermachte der Sternwarte seine Bibliothek, seine verschie denartigen Instrumente, darunter den im heu tigen astronomischen Kabinett aufgestellten großen Refraktor, einiges Vermögen und einen Hausanteii, dessen Erträgnis aus schließlich astronomischen Zwecken zu wid men war. Nach Einholen der Ratschläge er fahrener Astronomen wurde beschlossen, das Vermächtnis zur Aufstellung eines neuen Meridiankreises zu verwenden; es wurde bei Repsoid ein fünfzöiiiger Meridiankreis in Auf trag gegeben. 1906 wurde nach den neue sten Plänen der erste Spatenstich für das Me ridianhaus gefeiert und nach Ausführung der wichtigsten Rektifikationen am Instrument dieser Bau am 2. Dezember 1908 unter dem Direktorat von P. Thiemo Schwarz durch Abt Leander Cerny feierlich eingeweiht. Leider ruhte auf dem neuen Gebäude mit seinem vorzüglichen Instrument von Anfang an kein gutes Schicksal. Zwei Weltkriege mit ihren fi nanziellen und vor allem personellen Folgen verhinderten eine volle und gebührende Ver wendung. .P Anselm Blumenschein, eigens für die Arbeiten am Meridiankreis ausgebil det, fiel als Feldkurat 1916 am Col di Lana. P. Richard Ranki, sein Nachfolger, war voll als Professor im Gymnasium beansprucht und konnte später als Wirtschaftsdirektor nicht mehr für die Astronomie freigestellt werden. In der wenigen ihm verbleibenden Zeit arbei tete er aber doch gerne am Meridiankreis. Der Personalmangel des Stiftes in den zwan ziger und ersten dreißiger Jahren, sowie der dann folgende zweite Weltkrieg, die Konfiska tion des Stiftes, die schweren personellen Verluste in diesem Krieg, unter denen das Kloster heute noch leidet, zwangen, die Be obachtungen am Meridiankreis ganz einzu stellen. — Kurz vor dem 1200jährigen Jubi läum des Stiftes im Jahre 1977 gab Abt Albert Bruckmayr den Auftrag, das Gebäude des Meridiankreises nebst dem Hügel, auf dem es stand, abzutragen. Das Instrument selbst wurde fachmännisch überholt, gut verpackt und aufbewahrt. — Die erwähnten großen fi nanziellen und wirtschaftlichen Sorgen und Schwierigkeiten, die den beiden Weitkriegen folgten, brachten es natürlich auch mit sich, daß die wissenschaftlichen Beobachtungen an der Sternwarte sehr eingeschränkt bzw. manche ganz unterbrochen werden mußten. Mit Ernennung zum Direktor durch Abt Igna tius Schachermair wurde am 3. September 1947 der Verfasser dieser Arbeit mit der Lei tung der Sternwarte betraut. Noch immer lastet der Personalmangel schwer auf der Sternwarte. Viele Aufgaben können nicht erfüllt werden, da die Kräfte feh len. Was möglich ist, wird fortgesetzt. Leider mußte die ursprünglichste Aufgabe des GeIn den bemerkenswerten, jahrhundertelang durchgeführten meteorologischen und geophysikalischen Beobachtungen kommen heutzutage neue Elemente, die In Kremsmünster aufgezeichnet, ausgewertet und öffentlichen Einrichtungen zugänglich gemacht werden. So wird z. B. der Niederschlag auf den pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit untersucht. Die chemische Analyse erfolgt durch die Immissionsabteilung des Landes Oberösterreich Rechts oben: Die Seismik hat an der Sternwarte eine lange Tradition. Zur modernen Ausrüstung der Station gehört ein hochempfindlicher Seismograph, der Erdbeben aus allen Kontinenten und sogar Nucleartests registriert Rechts: Auch die Gymnasiasten werden Im Blick fürs Wetter geschult. Das ständig aktuelle Bild von der Großwetterlage via METEOSAT (Wettersatellit) Ist noch immer eine Attraktion 30

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