Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Streiflichter aus der Arbeit der naturwissenschaftlichen Sammlungen im OÖ. Landesmuseum Bei gelegentlichen Gesprächen mit Bergsteigern und -Wanderern wurde mir erst klar, wie häufig sich Menschen veranlaßt sehen, das Edelweiß in der Natur auszusetzen. So hat mir z. B. Herr Brandtner auf der Wurzeraim erzählt, daß er nach dem 2. Weltkrieg Edeiweißpfianzen aus der Steiermark geholt und am Mitterberg ausgesetzt hat. Andere wußten von Auspflanzungen im Dachsteingebiet: Am Zwölferhorn nahe der Seiibahnstation auf ca. 1500 m war Edelweiß ausgesetzt gewesen (LOiDL, mündliche Mitteilung 1983). Und am Salzburger Pfeiler auf oberösterreichischer Seite im Gosaukamm hat angeblich der Alpenverein 1973 — 75 auf etwa 2000 m Höhe Edelweiß ausgepflanzt (mündi. Mitteilung von W. BRÜNNMAYR 1983). Erst kürz lich fand sich eine Notiz in den OÖ. Nachrichten (Anonymus 1986: 7), daß der Wirt der Edelweißhüt te am Feuerkogei welche auspflanzte, zugleich wurde jedoch skeptisch darauf verwiesen, daß ein derartiges Unterfangen am Traunstein gescheitert ist. Die Alpen sind allerdings kein großer Steingarten, den wir zu kultivieren hätten, sie sind Natur, die wir zumindest gebietsweise von unserem Einfluß ver schonen sollten. Der innere Zwang der Menschen, alles zu verändern, zu kultivieren und zu nutzen, machtwedervor belebternoch unbelebterUmwelt Halt. Dabei wird ganz übersehen, daß die Tier- und Pflanzenwelt auf meist ganz eng begrenzte Stand orte angewiesen ist, daß sie sonst nirgends gedei hen kann und daß es von dieser ganz spezifischen Zusammensetzung der Landschaft, Geländestruk tur und belebter Natur abhängt, was eben unsere Heimal, unser Oberösterreich ausmacht. Forschen, Sammeln und Ausstellen Aus den wenigen angeführten Beispielen wird klar ersichtlich, daß den regionalen Naturkundemu seen die sehr wichtige Aufgabe der Landesfor schung zufällt, die jedoch aus Mangel an Fachkräf ten nur sehr lückenhaft wahrgenommen werden kann. In erster Linie geht es um die Bestandsauf nahme der gegenwärtig vom Menschen rasant ver änderten und vernichteten Natur. Wissenschaftli che Herbarbeiege sind die einzigen immer überprüfbaren Dokumente über das Auftreten be stimmter Arten an einem Ort am Sammeltag. Das Herbar des OÖ. Landesmuseums ist demnach ein botanisches Landesarchiv. Diese Belege werden ergänzt durch schriftliche oder mündliche Mittei lungen vertrauenswürdiger Autoren über Vorkom men in Oberösterreich. Sie werden seit vielen Jah ren im Landesmuseum karteiiich erfaßt. Darüberhinaus hat das überregionale Vorhaben der Kartierung der Flora Mitteleuropas in den letz ten 15 Jahren vor allem die Hobbybotaniker der Bo tanischen Arbeitsgemeinschaft motiviert. Aufnah melisten im ganzen Land zu erstellen. Über die Verbreitung der oberösterreichischen Blütenpflan zen liegen bereits Computerausdrucke auf, die mit den Aufnahmeiisten im Landesmuseum verwahrt werden. Jetzt gelte es, die kritischen Gruppen, wie am Beispiel des Scilla b;/o//ä-Aggregates oder Campanula pafu/a-Aggregates gezeigt, zu erfas sen und den aus verschiedenen Gründen schwer aufzufindenden Arten gezielt nachzuspüren, wie am Beispiel der Corydalis-Arten demonstriert. Die Erfassung der natürlichen Vegetation oder zumin dest eine Biotopkartierung wäre anzustreben, ist von anderen Ländern auch bereits lange als unum gänglich notwendig erkannt und in Angriff genom men worden, steht in Oberösterreich jedoch noch aus (LIEBEL et al. 1987). Eher nebenbei werden die echten Volksnamen un serer Pflanzen erhoben, die sichtlich noch schnel ler „aussterben" als die Arten selbst. Die Geschich te der Botanik in Oberösterreich mit Biographien oberösterreichischer Botaniker und eine möglichst lückenlose Erfassung aller jemals über Oberöster reich verfaßten botanischen Publikationen ist ein weiteres notwendiges, leider aber gering geachte tes Unterfangen. Den Erhalt und den Ausbau der botanischen Sammlungen und die botanische Landesdoku mentation hat das Landesmuseum seit Anbeginn als seine wichtigste Aufgabe angesehen. Unab hängig davon ist die Ausstellungstätigkeit zu se hen, die vom Material, den botanischen Objekten und von den Arbeitsmethoden ganz andere An sprüche stellt. Die altbewährte Methode des Pflanzenpressens ist in den allermeisten Fällen nur für die Wissenschaft ausreichend, die sich wohl oder übel auf diese Art von Pflanzenieichen eingestellt hat. Moderne Aussteilungskonzepte steilen be rechtigt andere und höhere Ansprüche. Sie zu er füllen, ist nicht einfach, da der Großteil der Pflan zen schwierig zu präparieren ist, die Präparate dann sehr brüchig und lichtempfindlich sind. Im Prinzip ist jedoch alles machbar, es darf nur nicht an Zeit und geschickten Arbeitskräften mangeln! Weil Ausstellungen für das breite Publikum das Schaufenster eines Museums sind, ist diese Auf gabe nicht zu vernachlässigen, es darf dabei aber der „stillere", weniger spektakuläre Tätigkeitsbe reich nicht totgeschwiegen werden. Literaturverzeichnis: Anonymus (1879): Gesetz zum Schutz des Edelweiss. — Mitth. Deutschen Österr. Alpenvereines 5; 218. Anonymus (N.A.-P.) (1881): Schutz des Edelweiss. — Mit th. Deutsch. Österr. Alpenvereins 7: 295. Anonymus (1986): Aufforstung — OÖ. Nachrichten v. 7. 7. 1986: 7. BRITTINGER, Gh. 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