Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Streiflichter aus der Arbeit der naturwissenschaftlichen Sammlungen im OÖ. Landesmuseum Mündlicher Mitteilung des Herren Dr. Dürrnberger zu Folge soll letzterer Zeit diese Pflanze an der grü nen Wand in der Gösau vorkommen". Das Herbari um DÜRRNBERGERS ist an das OÖ. Landesmu seum gekommen. Von DÜRRNBERGER ist aber nur 1 Beleg vom Edelweiß vorhanden, der die Auf schrift „An dem Pfandlschartengletscher, 20. 8. 1872, leg. A. DÜRRNBERGER" trägt. Dieser Glet scher liegt in den Hohen Tauern. In der Flora von Aussee (RECHINGER 1965) wird das Edelweiß nicht genannt. Nun kommt eine weitere Fundmel dung DÜRRNBERGERS (VIERHAPPER 1891: 151): „Oberes Weissenbachthal am Fusse des Schrecken im Stoder, zweiter Fundort in OÖ". Auf diese Notiz und BRITTINGERS Angabe stützt sich wahrscheinlich IPSMILLER (1937—38: 118): „Das Edelweiß soll an einer Stelle ganz Im Süden des Gebietes vorkommen". JANCHEN (1958: 672) ist ganz offensichtlich den Angaben über Oberösterreich nicht nachgegan gen. Er schreibt nur: „Alpen (verbreitet) — Ge steinsfluren und Felsen, doch auch in Triften und anderen Rasengesellschaften; in der alpinen Stufe und Krummholzstufe; zerstreut bis mäßig häufig; kalkliebend." Es folgt nur noch eine dubiose Erwähnung des Edelweiß in einer Publikation über das Warscheneckgeblet (WOLKINGER 1979: 108): „Rotes Kohl röschen (Nigritella miniata) und Edelweiß (Leonto podium alpinum) sind zwei Vertreter, die, obwohl vollkommen geschützt, vom Menschen In Ihrem Bestand bedroht werden." Worauf sich die Aufnah me dieser Art In die Flora des Warscheneckgebletes stützt, wird nicht genannt. Betrachtet man die reichlichen Vorkommen des Edeiweiß in Niederösterreich und Salzburg, so wird das Fehlen in Oberösterreich erst recht unver ständlich. In diesem Zusammenhang sind die An gaben von CLUSIUS (1601: 328) über seine Edel weißfunde in Niederösterreich von Interesse, da sie lange vor dem „Edelweißfieber" gemacht wurden (Abb. 7). CLUSIUS, einer der größten Botaniker aller Zelten, von Kaiser Maximilian II. Im Jahre 1573 nach Wien berufen, bestieg in dem Zeiträume von 1573 bis 1588 so ziemlich alle Gipfel des an der Grenze von Steiermark und Niederösterreich sich erstrecken den Alpenzuges. Von Neuberg aus erkletterte er die Schneealpe und Veitschalpe, Im August 1583 die Raxalpe (Prelneralpe), 1576 den Wechsel, 1574 den Ötscher, im August 1574 und im Jahre 1578 von Gaming aus über Seehof und die Herrenalpe den Dürrenstein und vier- oder fünfmal von allen Seiten den Schneeberg (KERNER 1875: 43). Von Ober österreich hat er ieider nur Linz von der Durchreise gekannt. Bei seinen Bergtouren fand er an folgen den Stellen Gnaphalium alpinum, wie er das Edel weiß nannte: „Provenit in scopulis summorum Sneberg, Durrenstein, & Etscherberg jugorum. Floret Julie & Augusto." Die von SAILER (1841: 175) angegebenen Fundorte sind in der Verbreitungs karte eingezeichnet, ebenso die gegenwärtigen Vorkommen im angrenzenden Salzburg und der Fund von Clusius am Dürrenstein in Niederöster reich (Abb. 8). Wann und wie es zu dem Edelweiß-Kult gekommen ist, ist mir noch unklar. Doch schreibt bereits KRONFELD (1910: 57), daß das Edelweiß schon Kaiser Franz Josefs Lieblingsblume war. Im Jahre 1856 überreichte er angeblich während eines Aus flugs auf den Pasterzengletscher seiner Frau Elisa beth stolz das erste selbstgepflückte Edelweiß. Die Gründung des Österr. Alpenvereins erfolgte erst im Jahre 1862 in Wien, gewiß schon als Folge gestei gerter Beliebtheit des Bergsteigens. Der Alpine Club In England wurde schon 1857 Ins Leben geru fen. 1863 wurden der Schweizer Alpen-Club in Bern und der Club Alpine Italiano in Turin, 1869 der Deutsche Alpenverein in München gegründet. Nach der Zusammenlegung des Deutschen und Österr. Alpenverelns 1873 erscheint das Edelweiß in den Mitteilungen, als Symbol. In seiner „Flora des Herzogthumes Salzburg" schreibt SAUTER (1868: 78), „Gnaphalium Leontopodium L. auf den Kalkalpen um Salzburg früher nicht selten, jedoch als Edelweiß sehr gesucht und bereits selten wer dend." Nur 2 Jahre später schildert SIMONY (1870: 349), daß tausende Edelweiße, von Schneeberg und Rax stammend. In Almbuschen an allen nahe liegenden Eisenbahnstationen feilgeboten wur den. In Töpfen eingesetzt oder in Buketts aller Grö ßen wurden sie auf den Blumenmarkt nach Wien geliefert. In der Schweiz (Bern, Luzern) sah man sich zu dieser Zeit genötigt, Vorkehrungen zu tref fen, um der drohenden Ausrottung des Edelweißes vorzubeugen. Die Pfianze wurde dort massenhaft ausgerissen und ausgegraben, „ohne daß ein sol ches Vorgehen mit entsprechenden Vorteilen für das Land verbunden wäre; der Verkauf derselben wird meistens als Vorwand für den Bettel benutzt" (Anonymus 1879, 1881). In Bayern wurden seit dem Jahre 1900 gesetzliche Bestimmungen zum Schütze von Alpenpflanzen erlassen. Am 27. 5. 1902 wird erstmals vom Be zirksamt Füssen eine Vorschrift gegen das Ausrei ßen von Edelweiß erlassen, am 7. 8. 1903 folgt Miesbach und am 27. 5.1907 Berchtesgaden (LENSE 1953: 106). Auch In Österreich wurden die Be hörden um diese Zeit aktiv. So hat im Jahre 1901 der niederösterreichische Landtag, nachdem Tirol und Steiermark vorangegangen waren, einen Ge setzentwurf zum Schutz des Edelweiß genehmigt, der 1905 die kaiserliche Sanktion erhalten hat. Da durfte dann auch Oberösterreich nicht untätig blei ben. Im Januar 1910 hat der oberösterreichische Landtag ein Gesetz zum Schutz der Alpenblumen, Insbesondere des Edelweiß, beschlossen. Die Übertretung der Vorschrift wurde von der politi schen Behörde mit Geldstrafen von 2 bis 50 Kro nen und Im Wiederholungsfalle bis zu 100 Kronen bestraft und der Verfall der Pflanzen wurde ausge sprochen (KRONFELD 1910: 81 ff.). Das erste oberösterrelchlsche Naturschutzgesetz wurde erst 1927 beschlossen, die Verordnung dazu am 9. 4. 1929 im Landesgesetzblatt Nr. 23/1929 veröffent licht. Das Edelweiß wird im § 9 auf Seite 56 ange führt. SEIDL (1937: 28) ist auf die in Oberösterreich geschützten Pflanzen eingegangen und hat sie kommentiert. Über das Edelweiß schreibt er, daß es in Oberösterreich schon recht selten Ist. Später hat sich HASL (1957: 49) etwas mehr Mühe ge macht und offenbar Erkundigungen durchgeführt, da er in einer Fußnote bemerkt: „Kommt entgegen anderer Angaben laut Mitteilung des OÖ. Landes museums Immer noch in Oberösterreich spontan vor." Auch RICEK (1965: 32) läßt die Möglichkeit spontaner Vorkommen nicht gänzlich fallen, wenn er schreibt: „Das Edelweiß ist in Oberösterreich lei der fast vollständig ausgerottet worden, . . ." LOIDL (1986: 54) hat wenigstens keine Angabe mehr über ein Vorkommen in Oberösterreich ge macht, es aber auch nicht in Frage gestellt. Und auch PILS (1983: 48) kann nichts Neues beitragen. Kurz und gut, keiner ist dem Problem wirklich nachgegangen, jeder hat seine gefühlsmäßige Meinung kundgetan oder von anderen übernom men! Es läßt sich zwar nur vermuten, doch werde ich das Gefühl nicht mehr los, daß In Oberöster reichs Bergen nur noch das Gartenedelweiß wächst, das allerdings unter den gegebenen Um ständen dann streng geschützt ist, aber trotzdem nach kurzer Zeit immer wieder verschwindet! Die Verbote haben den Bedarf an dieser an und für sich nutzlosen Pflanze anscheinend noch gestei gert. Edelweiß als Souvenir aus den Alpen war so gefragt, daß nicht annähernd genug In den Bergen gesammelt werden konnte. So wurden einerseits Edelweiß aus alten weißen Waffenröcken österrei chischer Infanteristen fabriksmäßig erzeugt und andererseits Edelweißgärtnerelen gegründet (KRONFELD 1910: 58). In Oberösterreich hat dieses frühe Interesse eige nartigerweise keine Spuren hinterlassen. Ein einzi ger Hinwels Ist ein vom Steyrer Arzt KRAKOWIZER (1870: 343) verfaßtes Sonett, aus dem freilich kein Hinweis auf Vorkommen in Oberösterreich her vorgeht. Nichts desto trotz hat auch in Oberösterreich das Edelweiß Fuß gefaßt. Am stärksten freilich In den Andenkenläden, aber auch im Brauchtum wurde es eingebunden. So berichtet VINTSGHGER (1900: 39) von den Fronleichnamsprozessionen am Traunsee: „Zwei große Salzschiffe, dicht besetzt von festlich bekleideten Andächtigen, geschmückt von iangem Gewinde aus Tannengezweig, das mit purpurroten Alpenrosen und mit Edelweiß durch flochten Ist, stoßen vom Lande In den See hinaus, und wie ein Riesenschwan kommt ein Dampfer dahergeschwommen." Mit großer Sicherheit kann ge schlossen werden, daß diese Zierde nicht aus na türlichen Vorkommen In Oberösterreichs Bergen stammte, sondern aus Kulturen, die sehr wohl In den Bergen angelegt gewesen sein konnten. PILZ (1982—83: 30) beschreibt in seiner Autobiographie nur einen Fall, der aber In diese Zelt paßt: „Großva ter [von J. R] war ein großer Kräutersammler und Edelweißzüchter und versuchte, am Raschberg bei Geisern an sehr schwer erreichbarer Stelle Edel weiß anzusiedeln. Sie gediehen prächtig und er ging regelmäßig hin, die Blüten zu pflücken, am Kraut würde sie wohl kaum ein Bergsteiger erken nen. Aber einmal versäumt er es und eines Tages kamen Schafsucher triumphierend mit der Nach richt, am Raschberg gäbe es Edelweiß. Der Platz war verraten und verloren. Ich habe später eben falls ausgepflanzt, aber dann kam der Krieg und ich hatte nicht mehr Gelegenheit, nachzusehen. Es gibt sie wohl kaum mehr". Auch SEIDL (1941: 319) berichtet über Auspflan zungen: „Eine der edelsten Alpenpflanzen, das Edelweiß, Ist In unserem Kreis verschwunden; es sind aber Bemühungen im Gange, diese für den besten und größten Bergverein der Erde sinnbild lich gewordene Pflanze in unseren Kalkgebirgen an unzugänglichen Abgründen wieder anzusamen. — Standortsfremde Pflanzen anzusäen ist dagegen ungesetzlich". 18

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