Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 3, 1987

Streiflichter aus der Arbeit der naturwissenschaftiichen Sammlungen im OÖ. Landesmuseum %' kannt, der Ende März, Anfang April die Gelegen heit ergreift, in den Auen herumzustreifen. Sein Vorkommen zu registrieren, gestaltete sich zu einer jahrelangen Beschäftigung. Zumal sich durch karyologische Untersuchungen bald heraus stellte, daß in Oberösterreich 2 Sippen vorkom men, die mit den Pflanzen der Wiener Umgebung nicht übereinstimmen (SPETA 1974). Weiche der Sippen hatte nun LINNE, der 1753 die Art Scilla bifolia nannte, gemeint? Mühevolle Studien der alten Literatur, Revisionen von Herbarbeiegen der we sentlichen europäischen Sammlungen und der stichprobenartige Vergleich von Pflanzen aus dem Gesamtgebiet der Verbreitung der BiausternchenVerwandtschaft ergaben erst, daß ein Großteil der in Oberösterreich wachsenden Pflanzen S. bifolia L. im engeren Sinn angehören, daß an der Traun und Alm aber eine tetrapioide Sippe wächst (Abb. 1), die bis dahin der Wissenschaft unbekannt war. ich nannte sie S. drunensis und beschrieb die Art nach Pflanzen, die ich in der Nähe vom „Wirt am Berg" in den Traunauen gesammelt hatte (SPE TA 1974). Nebenbei hat sich herausgestellt, daß auch die Pflanzen der Praterauen noch namenlos waren, sie nannte und beschrieb ich als S. vindobonensis. Diese Art hat in Österreich in der Ge gend von Ybbs/D. ihre Westgrenze, erreicht also Oberösterreich nicht (SPETA 1987). Mittlerweile hat sich herausgestellt, daß unsere S. drunensis ganz und gar nicht auf Oberösterreich beschränkt ist: Sie wächst von der Steiermark bis nach Rumänien und Bulgarien! In Oberösterreich hat sie ihre nord westlichsten Vorkommen (Abb. 2). Die Biausternchen zählen in Oberösterreich zu den geschützten Pflanzen und sind hauptsächlich an die Auen entlang unserer Flüsse und Bäche ge bunden. Großflächiger Schotterabbau und Kraft werksbauten vernichten ihren Lebensraum und so mit auch die Pflanzen, nicht wie man offensichtlich meint, die blumenpfiückenden Kinder. Geben wir ihnen eine Chance zum Überleben? Die Wiesenglockenblume hat's in sich! Vom Aufdecken diverser Sippen in einer bisher für einheitlich gehaltenen Art über die taxonomische Klärung des Komplexes bis hin zur Ermittlung der Verbreitungsmuster ist es ein langer, mühsamer Weg. Immer mehr zeigt sich, daß selbst die Gege benheiten bei den so auffälligen und häufigen Blütenpfianzen in Mitteleuropa nur äußerst ungenü gend bekannt sind. Es ist also noch unbegrenzt viel an Grundlagen zu ermitteln. Beispielsweise hat eine Dissertation über die Wiesenglockenbiume (= Campanula patula L.) zutage gefördert, daß diese vermeintlich unproblematische, weitverbrei tete Art wohl aus mehreren Sippen besteht (HAU SER 1975). Anhand ihrer Chromosomenzahi las sen sich auf jeden Fall di- und tetrapioide unterscheiden (Abb. 3). Wie die Verhältnisse und das Vorkommen sich kleinräumig gestalten, kann jedoch nur durch Überprüfung geklärt werden. LEÜTE (1978) hat in Kärnten festgestellt, daß die dipioiden in der östlichen, die tetraploiden in der westlichen Hälfte des Landes wachsen. Für Ober österreich hat LAUTERBRUNNER (1979) von Pflanzen 70 verschiedener Fundorte die Chromosomenzahlen ermittelt und in einer Karte eingetra gen. Obwohl damit natürlich die Erfassung bei weitem noch nicht flächendeckend ist, zeigt sich doch bereits ein interessantes Verbreitungsmuster (Abb. 4). Aufgrund morphologischer Unterschiede könnte außerdem die dipioide Sippe aus dem Al pengebiet von jener des östlichen Mühivierteis und des oberösterreichischen Zentrairaumes abge trennt werden. Dies zu verifizieren, bedarf es je doch noch eingehender systematischer Studien, die selbstverständlich nicht an Landesgrenzen ge bunden sein können. 14

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