Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Seine präzise-realistischen graphischen Ar beiten sind früh vom Jugendstil geprägt. Typisch für ihn ist sein zeichnerisches Lineament verbunden mit inhaltlicher symbolisti scher Eigenwiliigkeit. Er schuf meist aus einem Erregungszustand in persönlicher Un befangenheit, mit der er sich erotischen The men näherte, geläuterte Paare im theatrali schen Bereich der Musik. Die Frau steht — und nicht nur bei Reichel — im Zentrum des Empfindungsvermögens. Sie wird ganz allge mein zur anschaulichen Methapher der äs thetischen und erotischen Verfügbarkeit. Seine mit Opusnummern bezeichneten Ar beiten tragen märchenhafte Titel, die ebenso ins Phantastisch-Surreale hineinreichen. Er ließ sich als reifer Mensch in Micheldorf im oberösterreichischen Kremstal nieder. Viele seiner Graphiken tauschte er mit Alfred Ku bin. Dieser interessante Bestand befindet sich als Teil des Kubln-Nachlasses heute In der Graphiksammlung des oö. Landesmu seums. Reichel war in Vergessenheit gera ten, bis ihn der Wiener Maler Ernst Fuchs wiederentdeckte und eine umfassende Aus stellung der Albertina sich mit seinem Schaf fen auseinandersetzte. Hinzuweisen ist auch auf die verdienstvolle Ausstellung der Neuen Galerie der Stadt Linz im Jahr 1982 „Klemens Brosch, Carl Anton Reichel, Aloys Wach."^® Surrealist von reinster Ausprägung war Franz Sedlacek (1891—1945 verschollen). Er stu dierte Architektur und Chemie, schloß nach dem Kriegsdienst seine Studien mit dem technischen Doktorat ab und wurde Kustos am Technischen Museum in Wien. In seinen oft an Dämonie grenzenden Darstellungen nützte er seine technischen Kenntnisse zum Experimentieren mit Färb- und besonderen, seine Bildtechnik akzentuierenden Firnismi schungen. Seine Karikaturen und Grotesken erfreuten die Leser der Wiener „Muskete" und des Münchner „Simplizissimus". Seine dem Surrealismus und der Neuen Sachlich keit verhafteten Bilder sind im UnheimlichAbgründigen angesiedelt. Ausblicke Eine von sechs jungen Künstlern unter dem Namen „MAERZ" Inszenierte Ausstellung in Linz — Klemens und Franz Brosch, Anton Lutz, Hans Pollack, Franz Sedlacek sowie der Kunstgewerbler Heinz Bitzen — und die Führungsrolle des Kölner Malers Matthias May (1884—1923) in der Linzer Kunstszene der zwanziger Jahre gehören bereits dem oberösterreichischen Kunstschaffen des U ÄS ' - - - Links: Klemens Brosch (1894—1926), Verhungerte Flüchtlinge, Tusche und Feder, signiert und datiert 20. 3. 1916, 21,8 X 27,5 cm, OÖ. Landesmuseum. — Sämtliche Fotos: Franz Gangl Oben: Carl Anton Reichel (1874—1944), Liegende Frau mit Dämon, Aquarell, datiert 1943, 21 x 35 cm, OÖ. Landesmuseum. Die Schriftleitung dankt dem Autor für die Vermittlung der Abbildungen zu dieser Abhandlung.

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