Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Bücherecke Kunstbücher Ferdinand Mutz: Die Vorauer Voiksbibei. FaksimiieWiedergabe aiier 51 Seiten des Buches Exodus aus dem Codex 273 der Stiftsbibiiothek Vorau. — Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstait 1986, Ganzleinen mit Schutzumschiag, 40,5 x2,75 cm, La denpreis S 880.—. Die österreichischen Klosterbibliotheken können ohne Übertreibung zu den Glanzlichtern abendlän discher Kulturüberlieferung gezählt werden. Allge mein bekannt sind allerdings meist nur die in der Barockzeit prunkvoll erbauten und ausgestatteten Bibllotheksräume. Auch das steirische AugustinerChorherrenstift Vorau besitzt so einen Festsaal des Buches. Dem Inhalt dieser Büchersammlungen begegnet der Laie mit scheuer Ehrfurcht. Es ist ihm eine ver schlossene Welt, die er bewundert, zu der er aber kaum einen Zugang findet. Die Bibliothekare, die sich In diesen Schätzen auskennen, erscheinen ihm wie Menschen aus einer anderen Welt. Die Zimellen einer Klosterbibliothek — mittelalterliche Handschriften und Frühdrucke — bekommt er meist nur bei Ausstellungen zu sehen. Die moder ne Buchproduktion bemüht sich nun seit iängerem um eine Popularisierung der mittelalterlichen Bibliothekskunde. In Österreich führend ist auf diesem Verlagssektor die Akademische Druck end Verlagsanstalt in Graz. Ihr jüngster Verlagstitel kann dabei als eine Pionierleistung bezeichnet werden. Zur Veröffentlichung ausgewählt wurde aus der Stiftsbibiiothek von Vorau ein Codex, der zu den rund 100 erhaltenen deutschsprachigen Historienbibeln, die auch Volksblbeln genannt wer den können, zählt. Es ist dies eine Literaturgattung des Spätmittelalters — 14. und 15. Jahrhundert —, die in der bildenden Kunst In den Flügelaltären eine geistige Entsprechung besitzt. Eine stark auf brechende Volksfrömmigkeit war begierig nach einer allgemein verständlichen Darstellung der Heilslehre. Die „Heilige Schrift" sollte jeder Gläubi ge lesen und verstehen können. Die Vorauer Volksbibel ist eine Textbearbeitung des Alten und Neuen Testaments in baierischösterreichischer Mundart, abschließend mit einer „Chronik der Kaiser und Päpste". In die Schrift kann sich auch ein Laie, der nicht paläographisch aus gebildet ist, einlesen. Die 559 Miniaturen sind köst liche Bilderlebnisse, die nicht nur den Inhalt illu strieren, sondern auch viel zur mittelalterlichen Realienkunde beitragen. Von den insgesamt 460 Blättern dieser Handschrift wurden die 51 Seiten des Buches Exodus zur Faksimile-Wiedergabe ausgewählt. Darin wird von der Knechtschaft, der Befreiung und schließlich von der Volkswerdung Israels unter seinem „Führer und Retter" Mose er zählt. Publikationen dieser Art erschließen unsere klösterlichen Bücherschätze. Sie sind somit von höchster kultureller Bedeutung. Lobende Erwäh nung verdient bei vorliegender Neuerscheinung auch der wissenschaftlich fundierte und trotzdem allgemein verständliche Einführungstext von Dr. Ferdinand Hutz, Bibliothekar und Archivar des Stif tes Vorau. Tranquilio Moilo: Wiens vorzügiichste Gebäude und Monumente. Mit einer Einführung von Robert Wag ne.r — Graz: Akademische Druck- und Verlagsan stait 1986, Vollständige Wiedergabe der kolorierten 77 Kupfertafein im Originaiformat (17 x 24 cm), La denpreis in Leinen S 1680.—, in Leder S 2860.—. Die Akademische Druck- und Verlagsanstalt In Graz hat der Bibllophilie In Österreich völlig neue Impulse gegeben. Kostbare Handschriften des Mit telalters und nun auch druckgraphische Ansichts werke des frühen 19. Jahrhunderts, entstanden vor dem Siegeszug der Photographie, werden in quali tätvollen Wiedergaben Freunden des schönen Bu ches zu erschwinglichen Preisen In Nachdrucken zugänglich gemacht. Eine eigene Serie bildet die „Topographie Austriaca", herausgegeben von dem Wiener Antiquar Ingo Nebehay und dem derzeitigen Direktor der Biblio thek und des Kupferstichkabinetts der Akademie der Bildenden Künste in Wien, Dr. Robert Wagner, in der als Band 2 eine reizvolle typisch biedermei erliche Verlagsproduktion vorgelegt wird. Die Auf lage Ist mit 980 Exemplaren limitiert, 880 sind in Leinen, 100 in Leder gebunden. Die Erstauflage 1825 wurde nicht so sorgfältig be handelt. Sie wurde bald in Einzelblätter zerlegt, also merkantil gründlich ausgeschrotet. Ingo Nebehays Sammlereifer ist es zu verdanken, daß ein Album Im Origlnalzustand gesichert und als Grundlage für den vorliegenden Neudruck verwen det werden konnte. Wer Wien liebt und es in seiner historischen Lie benswürdigkeit erleben will, wird gerne nach diesem Bilderbuch greifen. Robert Wagner infor miert In Interessanter Darstellung über den Verle ger und Kunsthändler Tranquilio Mollo 1767—1837, einem aus dem Schweizer Tessln zugewanderten Neuwiener, der im Vormärz in der alten Kaiserstadt ein erfolgreicher Geschäftsmann war, und den Künstlern seines Wiener Ansichtenalbums, den Zeichnern und Aquarellisten Joseph Ignaz Gurk, seinem Sohn, dem „Hofkammermaler" Eduard Gurk, und dem „k. k. Hof-Tiermaler" Sigmund Fer dinand von Perger, dem Kupferstecher Josef Zutz sowie dem Kupferstecher und Lithographen Jo hann Wenzel Zinke. Allein schon diese Namens nennungen zeigen, welches Neuland In unserer Kenntnis der österreichischen Kunstlandschaft des frühen 19. Jahrhunderts mit diesem Buch erschlos sen wird. Jede der Ansichten wird umfangreich kommen tiert. Diese Kommentare ergeben eine interessante und angenehm lesbare Kulturgeschichte des bie dermeierlichen Wien. Das Betrachten der „principaux Batiments et monuments de Vienne" (die er ste Ausgabe erschien in Deutsch und Französisch) ist eine Augenweide. Melissa McQuiiian: Fbrträtmaierei der französi schen Impressionisten. — Rosenheim: Rosenheimer Veriagshaus Alfred Förg 1986, 200 Seiten mit 80 Farbtafeln, Bildnachweis, Literaturverzeichnis, Namensregiste,r 25 x 29,5 cm, Leinen, Ladenpreis S 765.—. Mit dieser Neuerscheinung erweitert das Rosenheimer Verlagshaus auf dem Kunstbuchsektor überraschend seinen bisher auf Bayern und die Al penländer bezogenen Themenkreis. Vorgestellt wird die epochemachende Porträtmalerei der fran zösischen Impressionisten. Die Autorin ist Englän derin, studierte in Amerika und London, wo sie der zeit als Dozentin für Kunstgeschichte unterrichtet, gedruckt wurde das Werk, dessen englische öriglnalausgabe „Impressionist Portraits" lautet. In Japan. Es ist eine in Disposition und Methodik vorzügliche Publikation. In einer mit Musterbeispielen In Schwarzweißabbildung bereicherten Einleitung umreißt die Autorin den Stellenwert der „Impresslonnistes" In der Entwicklung der abendländi schen Porträtkunst. Sie zeigt auf, wie es diesen Malern gelungen ist, das Porträt aus gesellschaftli cher Repräsentation zu befreien und es einzuord nen in das weite Umfeld reiner Malerei. Die Por trätähnlichkeit wird wohl beibehalten, wichtiger als dieser äußerliche Effekt Ist aber nunmehr die Dar stellung von Charakteren, die psychologische Ver senkung In das Modell. Das Menschenbild wird verwendet, um eine ausschließlich künstlerische Aussage zu treffen. Mit 80 Farbtafeln werden im Anschluß an diese Ein leitung bedeutende Porträts und Porträtkomposi tionen dieser französischen Maiergruppe in zeitli cher Gliederung: Die frühen Jahre 1864 bis 1874, Die erste Ausstellung der Impressionisten 1874 bis 1880, Neue Richtungen 1880 bis 1886, sorgfältig kommentiert gezeigt. Es ist ein Genuß, diese Abbil dungen an Hand der Kommentare zu betrachten. Wir begegnen folgenden Malern: Frederic Bazille, Gustave Caillebotte, Emile Auguste Carolus-Duran, Mary Cassatt, Paul Gezanne, Edgar Degas, Paul Gauguin, Vincent van Gogh (von den Impres sionisten stark beeinflußt), Armand Gulllaumin, Edouard Manet (sein berühmtes Bild „Monet malt In seinem Bootsatelier" ein Beispiel, wie weitab dlese(r) Maler von traditioneller Porträtmalerei agierten), Claude Monet, Berthe Morisot, Camille Pissarro, Auguste Renoir. Dieses Kunstbuch ist eine echte Bereicherung für die Impressionismus-Literatur. Inge Peitzsch: Das Märchen von der Zauberfiöte. Nach Mozarts Oper mit Pinsei und Feder fabuliert. — Salzburg-München: Anton Pustet 1984, 72 Sei ten, 4 Ausschiagseiten, 8 ganzseitige, 14 ca. halb seitige fünffarbige Abbildungen, Leinen, 31 x23cm, Ladenpreis S 385.—. Dieses großformatige, bibliophil ausgestattete Kunstbuch belegt In liebenswürdiger Weise, daß Mozarts wohl beliebtestes Opernwerk „Die Zauber flöte", Text von Emmanuel Schikaneder, uraufge führt in Wien am 30. September 1791, nicht nur mu sikalisch, sondern auch bildnerisch mit viel Vergnügen erlebt werden kann. Die Blldautorln Inge Peitzsch Ist gelernte Pädagogin und Malerin aus privater Freude an der Kunst. Nach einer dem bayerischen Volkstum gewidmeten Veröffentli chung „G'lebt is glei, Bayerische Feste, Bayerische Bräuche" wagte sie den Versuch, Musik in Bildern nacherleben zu lassen. Sie wählte dazu das orien talische Märchen von der Zauberflöte, las sich in die Märchenwelt des Vorderen Orients ein, be schäftigte sich intensiv mit Mozart. Das Ergebnis sind reizvolle Gouachen, die wie feststehende Bühnenbilder auf den Beschauer wirken, die ihn verzaubern. Die Bilder begleitet ein schlichter Text, wie man eben ein Märchen erzählt. Es ist die ewig 81

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