Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Hauptfront an der Brucknerstraße noch weit gehend erhalten. Der gleichzeitige Schulschwesternbau in Ried ist stark verändert, nur in der Portalzone noch sehenswert, wo sich erstmals auch Stelneders architektonisches „Signet" findet, drei eng gestellte Konsolen, ein Motiv, das in Varianten auf fast allen Steineder-Bauten wiederkehrt, mit Vorliebe im Eingangs bereich. Nicht so einschneidend, aber doch durch einen Ausbau gestört ist das Exerzitienheim Subiaco in Kremsmünster, von dem Achleitner® mit Recht fragte: „Wem würde es heute gestattet werden, neben dem Stift Krems münster einen derart unkonventionellen und selbstbewußten Bau hinzustellen?" Dennoch glaube ich nicht, daß das Exerzitienheim mit seinen Kistenformen — Aussichtsdampfer und Kofferradio nebeneinander — zu den be sten Leistungen Stelneders gehört. Ein Wurf voll von sieghaftem Optimismus und Im Habitus dem kämpferischen Sozialismus des roten Wien gar nicht so unähnlich — boll werkartige Balkone, Fahnenstange, schießschanzenartige Attikamauer — ist das RealLinks: Abb. 2: Linz, Brucknerstraße 8, Schule der Schulschwestern, erbaut 1927/29. — Sämtliche Fotos zu dieser Abhandlung: Elfriede Mejchar, Wien, ausgenommen Abb. 11a. Rechts: Abb. 3: Wels, Vogelweiderstraße 2—4, Wirtschaftskundliches Realgymnasium der Schulschwestern, erbaut 1929/30. gymnaslum der Schulschwestern in Wels von 1929/30 (Abb. 3). Beherrschend an einer Straßenkreuzung gelegen, hat der langge streckte Schulbau eine dominante Stirnfront mit den drei ausgebuchteten Baikonen, Fen sterbändern und einer von drei Rundbogen durchbrochenen Attika. Dieser Haupttrakt mit den drei noch erhaltenen Türen Ist dem Handarbeitensaal und dem Muslksaal gewid met, musische Fächer also im Kernstück des Ganzen, an der längeren Seltenfront liegen die Klassenzimmer. Wieder erscheint das „Steineder-Motiv" der drei Streifen, hier als kräftig schattender Abschluß der Seitenfront wie der Taktstrich am Ende, scharfkantig in drei Mauerbahnen von oben bis zur Erde straff durchgezogen, das Stiegenhaus mar kierend. In verwandelter Form wiederholt es sich an den drei Eingangstüren der Haupt front in drei liegenden Querstreifen, die im Halbkreis um die Türklinken (nicht original) herumgeführt werden. Im Foyer vor dem ehe maligen Festsaal im Erdgeschoß (jetzt Kapel le) ist noch der originale Terrazzofußboden mit abstraktem Ornament erhalten (ähnlich wie in Attnang), in den Farben weiß, schwarz. blau und rot. Die Treppenstufen waren dun kelblau, wie die Farbreste deutlich zeigen. Die Außenfärbelung war blau, rosa und grün'' und ist jetzt zu einem faden Olivgrau grün niveiiiert. Es ist hier die Stelle, Achleitners Fragestellung zu wiederholen und seine Charakterisierungskunst sprechen zu las sen: „Die ,Steineder-Schulen', die neben jenen von Julius Schulte die modernsten in Oberösterreich waren, sind ausschließlich der Schulbaupolitik der Schulschwestern zu verdanken. Es würde sich eine Studie loh nen, die Hintergründe für diese schulbauli chen Maßnahmen zu erforschen, denn es ist unwahrscheinlich, daß nur eine zufällige Be kanntschaft mit dem Architekten zu dieser Serie von guten Bauten führte. Dabei scheint das Schwergewicht der Bauten gar nicht so sehr in pädagogisch begründeten Absichten zu liegen, wie sie etwa den modernen öster reichischen Schulbau befruchtet und auch verunsichert haben. Diese Schulen sind, ab gesehen von ihrer großzügigen Planung und guten Funktion, in ihrer architektonischen Sprache viel eher Symbole des Fortschritts als tatsächliche Bauten des Fortschritts. MlliliiliM 63

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