Im Spannungsfeid von Politik, Kirche und Wirtschaft Gründung und Aufstieg der Preßverelnsbetriebe 1869 bis 1903 Hubert Lehner Als das neuerrichtete Gebäude des Katholi schen Preßvereins in Linz an der Ecke Landstraße-Konrad-Vogei-Straße am 15. August 1903 von Bischof Doppelbauer geweiht wur de, war innerhalb von drei Jahrzehnten aus einer bescheidenen publizistischen Initiative ein respektabler Betrieb entstanden. Triebfe der dieses Aufstieges war jedoch nicht die Er zielung eines wirtschaftlichen Gewinnes, sondern die Durchsetzung geistiger Zieie auf politischer Ebene — Zeitungen, Druckereien und der Buchveriag dienten dieser Zielset zung als wirtschaftliche Werkzeuge. Beginn in stürmischer Zeit Unmittelbarer Anlaß für die Gründung von Ta geszeitung und Preßverein war wohi der Hir tenbrief des Bischofs Rudigier vom 7. Sep tember 1868 gegen die sogenannten MaiGesetze. In dieser Zeit schärfster Auseinan dersetzungen zwischen der Kirche und den liberalen Kräften gründete eine Handvoli kathoiischer Adeiiger und Priester die Tageszei tung „Linzer Voiksblatt", dessen erste Num mer am 2. Jänner 1869 erschien, und das vom St. Florianer Chorherrn Michael Dörr re digiert wurde. Ein halbes Jahr später wurde Bischof Rudigier, ein eifriger Förderer der Zeitung, zu 14 Tagen Arrest verurteilt, gegen Ende des Jahres erhielt Redakteur Dörr acht Tage Arrest, die er absitzen mußte. Um die ■Jahreswende 1869/1870 wurde der „Katho lische Preßverein der Diözese Linz" gegrün det, in dessen Eigentum die Zeitung überiTföfS.. I verlafisliuciiliandlun Linzer Vblssblaif. Linz, Rathausgasse 5. In diesem Gebäude befand sich seit 1769 eine Druckerei. Ankauf durch den Katholischen Preßverein der Diözese Linz 1871. — Sämtliche Fotos zu dieser Abhandlung: Archiv Landesverlag. Unten: Setzersaal im Druckereigebäude des Katholi schen Preßvereins in Urfahr. ging. Mitgliedsbeiträge, Spenden und Darlehen sollten dem Ausbau der Presse die nen. Zur gleichen Zeit wurde auch der „Ka tholische Volksverein für Oberösterreich" als politische Massenorganisatin der Katholiken gegründet. Dieselben Kreise schufen 1872 die Bank „Oberösterreichischer Volkskredit". In den folgenden Jahrzehnten war das Zu sammenwirken von Volksverein, Voikskredit und Preßverein ein wichtiger Faktor für die Aufwärtsentwicklung der Preßverelnsbetrie be, aber auch der Umgestaltung des politi schen Kräfteverhältnisses im Lande. Ende 1871 erwarb der Preßverein jene Druckerei, in der das Volksblatt hergestellt wurde, „Huemer's Witwe & Danner" samt dem Haus Rat hausgasse 5 um 33.200 Gulden. In kurzer Zeit wurden von den Vereinsmitgliedern und Gönnern 48.000 Gulden Darlehen zur Finan zierung des Kaufes, zur maschinellen Ausrü stung der Druckerei und zur Deckung des Verlustes der Zeitung aufgebracht. Die Druckerei beschäftigte damals 26 Personen, die technische Einrichtung bestand haupt sächlich aus zwei Schnellpressen aus dem Jahre 1848 und einer noch älteren Handpres se. Im ersten Jahrzehnt konnte die Preßvereinsdruckerei die Schulden verzinsen und re duzieren, die Druckereiausrüstung ergänzen und den Verlust der Zeitung abdecken. 1877 ersetzte ein 4-PS-Gasmotor den bisherigen Handantrieb der Druckpressen. 1882 zählte die Druckerei schon 40 Beschäftigte und ver fügte über vier Druckpressen. Die Zeitung spielte eine wichtige Rolle in den politischen 57
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