Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Die Nagelschmiede im Städtischen Museum Steyr. Die museale Aufstellung erinnert an ein ausgestorbenes Gewerbe. — Foto: Alois Kranzmayr, Steyr. Rechts: Fabrikshalle der einstigen Scherenfabrik Redtenbacher in Linz. Die Produktion war nach altem Muster organisiert, bestimmt durch die Arbeitstechnik der Transmission. Für Beieuchtungszwecke wurde bereits elektrische Energie verwendet. — Archiv Verein Museum Arbeitswelt. Aus einer aiten Sensenschmiede. Aufnahme aus dem Städtischen Museum Steyr. — Foto: Eifriede Mejchar, Wien. Waffenfabrik, die bei gutem Geschäftsgang Sensenarbeiter durch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen abwarb.® Der handwerkliche Charakter der Arbeit in der Sensenindustrie fand seinen Ausdruck auch in einer strengen innerbetrieblichen, von der Qualifikation abhängigen Hierarchie unter den Arbeitern, die der Entwicklung einer gewerkschaftlichen Solidarität im Wege stand.® Das Arbeitsverhältnis in der Sensen industrie war bis ins 20. Jahrhundert geprägt von anachronistischen zünftlerischen For men, die den Arbeiter in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmer hielten. Mit dem sogenannten „Leihkauf", der zu Johanni (Ende Juni) erfolgte, verkaufte sich der Arbeiter für ein „Schmiedejahr" an den Sensenindustriellen. Er erhielt dafür eine „Remuneration", die er jedoch bei Auflösung des Vertrages zurückzahlen mußte, was bei den geringen Verdiensten kaum möglich war, so daß die Arbeiter de facto für ein Jahr an den Gewerken gebunden waren. Die Vertragsbedingungen wurden oft schon im Herbst bei der „Anrede" festgelegt, mit der die Unternehmer die Verlängerung der Be schäftigung bekanntgaben. Wer nicht ange redet wurde, mußte eine Woche vor Johanni auf Wanderschaft gehen, um sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Neben dem Lohn wurde bei der „Anrede" meist auch das „Tag werk" festgelegt, das die minimale tägliche Arbeitsleistung fixierte. Diese sollte nach der Einführung des Normalarbeitstages inner halb von 11 Stunden durchgeführt werden können. Die Arbeiter waren jedoch verpflich tet, die Arbeitszeit einzuhalten, auch wenn sie das Tagwerk in kürzerer Zeit absolvierten. Üblicherweise wurde die verbleibende Zeit auf „Vorrath" gearbeitet, um am Samstag frü her Feierabend machen zu können. Ein „Blödsinn sondergleichen", wie die Metallar beiterzeitung betonte,^® da die Unternehmer diese Mehrarbeit zur Erhöhung des Tagwerks nützten. Lohndruck, Vergrößerung des Tag werks und technische Innovationen, durch die vor allem die Hilfsarbeit wegrationalisiert wurde," führten seit den 70er Jahren zu einer ständigen Steigerung der Arbeitsinten sität. Betrug das Tagwerk eines Sensenarbei ters 1860 „160 neuenhändige Sensen", so mußte er 1895 200 bis 210 Sensen pro Tag fer tigen.Diese Leistung war aber selten in den vorgeschriebenen 11 Stunden zu erbrin gen. Die Arbeitszeit war, so ein Vorarbeiter, „nur auf dem Papier, denn es wird bei Was sermangel oft 14 bis 18 Stunden gearbei tet.'"® Daß es die Unternehmer mit der Ar beitszeit nicht sehr genau nahmen, zeigt neben vielen anderen Klagen der Arbeiter auch das Beispiel des Sensenwerks Schrökenfux in Spital am Pyhrn, wo bei guter Auf50

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