Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Die oberösterreichische Kunstszene zur Jahrhundertwende (1880—1920) Erich Heller Jüngste internationale Großausstellungen in Wien, Paris und New York haben sich mit der österreichischen Kunst der Zeit um 1900 in tensiv auseinandergesetzt und ein umfas sendes, wenn auch heterogenes Bild ge zeichnet. Umsomehr mag auch regionalen Erscheinungen Bedeutung zukommen, als wichtige oberösterreichische Vertreter dieser Zeit, wie Alfred Kubin und Klemens Brosch, in diesen überregionalen Veranstaltungen re präsentativ vertreten waren und vor allem Kubins Stellenwert bereits einigermaßen wis senschaftlich aufgearbeitet ist.^ Die Voraussetzungen Das Kunstleben für den Bereich von Ober österreich im 19. und auch noch im 20. Jahr hundert ist engstens mit den Institutionen des Oberösterreichischen Kunstvereins, der Landesgalerie am Museum Francisco Carolinum (oö. Landesmuseum) und nach der Jahrhundertwende mit der Künstlervereini gung MAERZ verbunden. Die kulturellen Ak tivitäten auf dem Gebiet der bildenden Kunst setzen schlagartig mit Gründung des Ober österreichischen Kunstvereins im Jahr 1851 ein. Ein „Liebiingsgedanke des Kunstvereins"^ war von Anbeginn die Schaffung einer Landesgalerie. Besondere Betreiber waren Adalbert Stifter und Dominik Lebschy, Abt der Prämonstratenserabtei Schiägl, von 1861 bis 1868 Landeshauptmann von Österreich ob der Enns. Der erste Bildankauf erfolgte 1855 mit dem Erwerb eines großformatigen Ölge mäldes des Düsseldorfer Malers Hermann Mevius „Cap capra Zoppa" (Schiffbruch an der Insel Capraja). Die singuläre Bedeutung dieser Galeriegründung ist darin zu sehen, daß zum erstenmal im deutschen Sprach raum eine derartige Institution durch einen privaten Verein geschaffen worden ist.® Mit Datum vom 24. August 1866 wurde die Landesgalerie in die Verwaltung des Landes Österreich ob der Enns übergeben, eine end gültige Übernahme in die Landesverwaltung erfolgte 1895. Der Oberösterreichische Kunstverein blieb aber über die Jahrhundert wende hinweg im Ausstellungswesen von Linz die treibende Kraft. Schon 1851 wurden die wesentlichsten Ver treter der Wiener Schule in Linz gezeigt, so Jakob und Franz Alt, Ferdinand Georg Wald müller, als Sendboten aus München Moritz von Schwind und Carl Spitzweg. Im Jahr 1852 waren u. a. Werke von Rudolf von Alt In Linz zu sehen. Der neue Kunstwille, der diese Maler beseelte, wirkte sich ver ständlicherweise auch stark auf das regiona le Kunstverständnis aus. Die Entdeckung des Salzkammergutes und der oberösterreichi schen Donau als Malerlandschaften lebt bis heute als eine der liebenswürdigsten künstle rischen Errungenschaften des 19. Jahrhun derts fort. Das Aussteliungsverzeichnis des Oberöster reichischen Kunstvereins in dieser Periode ist bemerkenswert. Im Land entwickelten sich aber nun auch eigene schöpferische Kräfte. Aus einer Fülle von Namen seien einige als ein repräsentativer Querschnitt hervor gehoben. In erster Linie ist auf Johann Baptist Reiter (1813—1890) hinzuweisen." Er ist gebürtiger Urfahraner, verstorben ist er in Wien. Nach seinem Studium in Wien — einer seiner Leh rer war Leopold Kupelwieser — arbeitete er zunächst in der Manier eines Historienma lers. Später wandte er sich bevorzugt dem Porträt zu, wo er vor allem mit seinen Arbei ten für die fürstlichen Familien Liechtenstein und Esterhazy zu einem führenden Künstler des Biedermeier aufsteigen konnte. Nach ihm wäre der unruhige Geist Johann Baptist Wengler (1816—1899)^ zu erwähnen, ein gebürtiger Innviertler, der durch seine Genreszenen — oberösterreichische Bau ernhochzeiten, Wirtshaus- und Jahrmarktdarsteiiungen — bekannt geworden ist. Weniger bekannt sind seine auf einer Ameri kareise (!) entstandenen Indianerbilder, die in der Graphiksammlung des oö. Landesmu seums aufbewahrt werden. Der in Freistadt geborene Carl Kronberger (1841—1921) lernte bei einem Dekorations maler in Linz, ging 1859 nach München, wo er an der dortigen Akademie bei Anschütz und Hilfensperger studierte. E!r ließ sich in ■

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