Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 1, 1987

Weiters wurden Ausstellungsobjekte zum Thema „Industrielle Arbeitsweit" bisher In Österreich und vor allem in Oberösterreich kaum oder überhaupt nicht gesammelt. Als im Sommer 1984 mit den intensiven Vorarbei ten für die Landesausstellung begonnen wur de, verfügte der Verein Museum Arbeitswelt über kein einziges Ausstellungsobjekt. Das wissenschaftliche Team mußte sich bemü hen, bestehende Sammlungen nach mögli chen Ausstellungsgegenständen zu durchsu chen, beziehungsweise für das künftige Museum ein Depot an schriftlichen, mündli chen und Bildquellen, sowie an dreidimen sionalen Objekten anzulegen. Damals wurde die Aktion „Grabe, wo Du stehst" gegründet, die einerseits die Idee des Museums In die Bevölkerung tragen sollte, um eine Identifika tion von Arbeitnehmerschichten mit dem Mu seum zu erreichen, und andererseits durch eine Sammlertätigkelt die notwendigen Ge genstände für die Ausstellung zu erhalten. Der Aufbau des Museums hatte für die Re gion Steyr aber auch einen nicht unbedeu tenden wirtschaftlichen Effekt. Infolge der schwierigen ökonomischen Situation der letzten Jahre war Steyr durch eine hohe Arbeltslosenzlffer zu einer Krisenregion gewor den. Durch die Sanierung des Gebäudes gin gen an die Bauwirtschaft der Stadt und Ihrer Umgebung einige bedeutende Aufträge. Ver handlungen, die der Verein Museum Arbelts welt mit dem Sozialmlnlsterlum führte, erga ben die Möglichkeit, Im Wege der Aktion 8000 beziehungsweise des Akademikertrai nings sowohl arbeitslose Arbeiter und Ange stellte zur Sanierung des Gebäudes anzu stellen, als auch junge Wissenschaftler für die Aufbereitung einzelner Inhalte der Aus stellung zu beschäftigen. Insofern hatte das Projekt Museum Arbeltswelt auch eine arbeltsmarktpolltlsche Komponente. Welchen Standort nehmen die österreichi schen Museen Innerhalb der Darstellung der Industriellen Arbeltswelt ein? England, das Mutterland der Industriellen Revolution, war hinsichtlich der Methode der Erhaltung und Erforschung Industrieller Denkmäler rich tungsweisend. Im Jahr 1968 wurde Im Severntal In Shropshire um Coalbrookdale und Ironbridge eines der ersten Industriellen Frei lichtmuseen gegründet. Hier stand die Wiege der europäischen modernen Technologie der Schwerindustrie — Abraham Darby hatte 1709 das Verfahren, Elsenerz mit Koks anstel le mit Holz zu schmelzen, entwickelt, hier goß man die Zylinder für die Dampfmaschine von Thomas Newcomen und walzte die ersten Flachschlenen, auch die erste gußeiserne Brücke der Welt befindet sich Im Severntal (Ironbridge). Neben einer Reihe weiterer musealer Initia tiven zur Textllerzeugung und Elsenverarbeltung In Großbritannien beschäftigte man sich auch In Kontinentaleuropa seit den siebziger Jahren dieses Jahrhunderts verstärkt mit der Errichtung sogenannter Industrie- und Ar beltsmuseen. Diese Darstellungen der Indu striellen Revolution reichen von Museen der Technik bis zu Sammlungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung. In Frankreich ent stand der Typ des „Ecomusee", der sich mit dem Aufbau einer Dokumentation und mit der musealen Präsentation der Entwicklung und Bedeutung einer Region beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland leistete das Museum In Rüsselshelm Pionierarbelt. Die dort entwickelte Form des „analytischen Environments" beschränkt die Darstellung der Vergangenheit nicht nur auf die bloße Ab bildung des chronologischen Ablaufs, son dern ermöglichte einen Einstleg In Ihre Struk turen. Besonders In den letzten Jahren sind In der Bundesrepublik geradezu eine Fülle von Museen zu diesem Problemberelch ent standen, die zum Teil mit großem Aufwand an Personal und Finanzen unterschiedliche In haltliche und museumspädagogische Akzen te setzten. Das Gentrum Industriekultur In Nürnberg, das sich zunächst mit der Erarbei tung der wissenschaftlichen Grundlagen beschäftigte und eine Reihe von hervorra genden Büchern zur deutschen Sozlalgeschlchte veröffentlichte, plant die Grün dung eines Museums, dessen weltgespann ter Bogen von der Mitte des 19, Jahrhunderts bis zur Gegenwart reichen und alle Lebens bereiche des Menschen umfassen soll. Das In Entstehung begriffene Museum der Arbelt In Hamburg will In Schwerpunkten Industriali sierung, Lebensbedingungen und Umwelt der Arbeiter und der Arbeiterbewegung auf bereiten. Ebenfalls In der Realisierungs phase befindet sich das Landesmuseum für Technik und Arbelt In Mannhelm, das als Links; Ein Steg über die Steyr verbindet den Stadtkern mit dem Wehrgraben und dem Museum. — Sämtliche Fotos zu dieser Abhandlung: Verein Museum Arbeitsweit. Rechts oben: Die Dampfmaschine ist ein Symbol der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, obwohl sie in den Alpeniändern weniger stark verbreitet war. Die Nutzung der Wasserkraft durch Wasserräder wurde hierzulande eher durch Wasserturbinen bewerkstelligt. 18

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