Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

Kunst der Gegenwart Blau mit leuchtenden Ecken, 1969, Öl auf Leinwand, 127 x 127 cm. Neue Galerie der Stadt Linz, Leihgabe des Künstlers wieder interessant, festzustellen, wie prä gend diese Stadt bis heute für zahllose öster reichische Künstler war und ist: Der Braunau er Aloys Wach arbeitete für Herwald Waldens Sturm ebenso wie Oskar Kokoschka, Karl Rössing verbrachte ein entscheidendes De zennium ebendort und Artmanns und Brus' Künstlerkolonie ist inzwischen ebenfalls be reits Legende. Auch Herbert Bayer findet hier erst so recht zu sich selbst. Er eröffnet ein ei genes Atelier als Maler, Designer und selb ständiger Werbegrafiker. Vor allem aber als Ausstellungsarchitekt beginnt er sich einen internationalen Namen zu schaffen. Wie sehr freilich die Verbundenheit mit Oberösterreich weiterbesteht, zeigt die Tatsache, daß die Künstlervereinigung Maerz in Linz anno 1929 die erste Personalausstellung Herbert Bayers organisiert. Andererseits entwirft, was kaum bekannt ist, der Künstler vorbildliche Warte häuschen für die Wiener Verkehrsbetriebe, die bis heute in ihrer formal-ökonomischen Qualität unerreicht sind und natürlich — welch österreichisches Schicksal — niemals in die Praxis umgesetzt wurden. Von besonderer künstlerischer Wichtigkeit ist freilich die ab 1929 einsetzende Beschäfti gung mit dem Medium der Fotografie, ge nauer gesagt der Fotomontage. Hiebei wer den existente Fotografien in Teile zerschnitten, wobei speziell organische For men zwecks Ausprägung ihrer plastischen Werte aus ihren ursprünglichen Umgebun gen gelöst, in ein imaginäres Umfeld gesteckt, retuschiert und neu fotografiert werden. Die so entstehenden surreal-ge heimnisvollen Produkte von höchster Subtilität, Eigenständigkeit und Stimmungsgehalt erhalten später von Moholy-Nagy den Namen „Fotoplastiken" und dürfen nicht nur inner halb der Kunst der Fotografie, sondern auch innerhalb Bayers CEuvre als erster Höhe punkt bezeichnet werden. Nun wird der Künstler in schneller Folge zu nächst Direktor der Dorland Agentur für Deutschland, hierauf bis 1930 künstlerischer Leiter von „Vogue". Im selben Jahr gestaltet er zusammen mit Gropius, Moholy-Nagy und Breuer die Werkbundausstellung in Paris und ein Jahr später die Baugewerkschaften-Exhibition von Berlin. Als Folge der immer drückender werdenden politischen Zustände entschließt sich der Künstler im Jahr 1938 Eu ropa zu verlassen und zunächst für acht Jah re nach New York zu gehen. Diese Phase der Umstellung ist für Bayer nicht leicht, fordert vielmehr gesteigerte Anforderungen und ge waltige Umstellungen. Zunächst arbeitet er primär als Ausstellungsgestalter, 1944 wird er künstlerischer Konsulent der Werbeagentur Walter Thompson, 1945 Direktor von Dorland International. 1946 schließlich beginnt für Herbert Bayer der letzte große Abschnitt seines wahrlich aufregenden Lebens, indem er für die Ent wicklung der Stadt Aspen in Colorado zum Konsulenten berufen wird. Hier endlich kann er sich seiner heimlichen Liebe zur Architek tur widmen. Schon frühzeitig, durch seine fo tografische Tätigkeit angeregt, konnte er, wie er später einmal feststellte, in der Zweidimensionalität seiner Arbeit keine echte Befriedi gung mehr finden. Es drängte ihn unwillkür lich in die Möglichkeiten der dritten Dimen sion. Nun kam die Aufgabe, Aspen zu einem Wintersportort wie auch zu einem Kulturzen trum zu entwickeln. Der Aktionsradius reichte vom Entwurf von Schnellimbißrestaurants bis 74

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