Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

Kunst der Gegenwart Der Allrounder Herbert Bayer Walter Beyer Das heute international längst anerkannte Phänomen Wiens um die Jahrhundertwende bestand In seiner weltweiten künstlerischen Öffnung, dem Einbeziehen aller Internationa len Kräfte bei maximaler Mobilisierung heimi scher Künstler. Fast scheint es, als wollte die bereits weidwunde Monarchie noch ein letz tes Mal zeigen, wozu sie fähig sei. Im krassen Gegensatz hiezu bewegte sich die heimische Kunstentwicklung nach 1918, welche zutiefst vom Schock des Wahnsinns von Saint Germaln geprägt war. Der Weltöffnung stand nun plötzlich das Verkriechen in sich selbst ge genüber. Die großen internationalen stilisti schen Entwicklungen, wie Kubismus, Da daismus, Konstruktivismus, ja sogar weitgehend Neue Sachlichkeit und Magi scher Realismus, zogen an Österreich vor bei, ohne entscheidende Entsprechung in nerhalb der Malerei dieses Landes zu finden. Statt dessen suchten heimische Künstler nicht selten Zuflucht In einer bukolischen Idylle, fast wäre man geneigt, von einem Neo Biedermeier zu sprechen, wie er uns In den Werken Merkels, Güterslohs oder Flochs ent gegentritt. Nur eine Handvoll österreichischer Künstler entging dieser Situation. Bezeichnenderwel se handelt es sich hiebei fast durchwegs um jene, welche frühzeitig ihren Weg ins Ausland fanden und daher vom innerösterreichischen Klima dieser Jahre unbeeinflußt blieben, viel mehr als Auslandsösterreicher in die großen, neuen Kunstströmungen integriert wurden. Neben Oskar Kokoschka, welcher von Dres den ausgehend bald kreuz und quer durch Europa vazierte, ehe er in London, später am Genfer See seßhaft wurde, müssen noch der Architekt Friedrich Kiesler sowie Raoul Haus mann genannt werden, der in Berlin zum ent scheidenden Impulsgeber der Dadabewe gung wurde, später vor Hitler nach Frank reich flüchtete, ohne jemals wieder in seine alte Heimat zurückzukehren. Vor allem aber sei Herbert Bayers gedacht, dessen Weg über das Bauhaus von Weimar und Dessau in die Vereinigten Staaten führte, wo er vor zwei Jahren verstarb. Ihm als Oberöster reichs bedeutendsten Beitrag zur internatio nalen bildenden Kunst dieses Jahrhunderts sei der folgende Artikel gewidmet. Exakt zur Jahrhundertwende im oberösterrei chischen Haag am Hausruck geboren, ent stammte Bayer mütterlicherseits einer altein gesessenen Landwirtefamilie. Die ersten bleibenden Eindrücke, von welchen der Künstler immer wieder sprach, bildeten die Ferienaufenthalte im Salzkammergut, des sen Berg- und Seenwelt ihn faszinierte. 1912 übersiedelte die Familie mit dem kleinen Her bert und seinen beiden Brüdern Maximilian und Theodor nach Linz. Hier besuchte Bayer Selbstporträt 1932/5, Fotomontage, aus der Mappe „Elf Fotomontagen". Technik: Fotografien werden ausgeschnitten, die Ausschnitte neu zusammengestellt, zum Teil retuschiert, die fertige Montage wird noch einmal fotografiert, siehe: Herbert Bayer, Das Werk des Künstlers in Europa und USA, Ravensburg, Otto Maier Verlag 1967, Seite 160 ff. 71

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