Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

Linzer Luft — Umweltschutzmaßnahmen werden konsequent durchgezogen Wenn heute in Linz über schlechte Luft geklagt und in diesem Zusammenhang gegen die Linzer Großbetriebe VOESTAlpine AG und Chemie Linz AG, im merhin Existenzgrundlage für 29.000 Arbeitnehmer, losgegangen wird, kommt man nicht umhin, zumindest in einigen der heftigst vorgebrachten Be schwerden Polemik zu erkennen. Dies insbesondere dann, wenn man sich vor Augen führt, daß noch vor 25 Jahren die Emissionswerte in der Landeshaupt stadt Linz um etwa das Dreifache höher lagen als heute. So betrugen etwa die maximalen Halbstundenmittelwerte der Schwefeldioxidkonzentration in den sechziger Jahren noch 2,8 Milligramm pro Kubikmeter, während sie heute bei höchstens 0,7 Milligramm pro Kubik meter zu liegen kommen. Freilich war auch das Umweltschutzbewußtsein der Bevölkerung, vielleicht in der Euphorie ständig ansteigender Wirtschaftswachs tumsraten, weniger ausgeprägt. Heute dagegen, nicht zuletzt angesichts der Problematik des Waldsterbens, ste hen Umweltschutz und Luftreinhaltung im Mittelpunkt der öffentlichen Mei nung, sind von brennender Aktualität. Und das ist gut so. Gerade in einem in dustriellen Zentrum wie Linz ist die Be lastung durch Luftschadstoffe zu groß. Der Linzer Bürgermeister Prof. Hugo Schanovsky erklärte daher bei seinem Amtsantritt im Jahr 1984 aus seinem ihm eigenen „G'spür" für die Anliegen der Bevölkerung die Verbesserung der Luftqualität in Zusammenarbeit mit Bund, Land und verstaatlichter Indu strie zum Hauptziel. Bei dem von ihm initiierten ersten „Luftgipfel" wurde da her ein Maßnahmenkatalog ausgearbeite, der bis zum Jahr 1990 in den beiden verstaatlichten Großbetrieben Umwelt schutzinvestitionen in Höhe von mehr als sechs Milliarden Schilling vorsieht. Maßnahmen werden beschleunigt Dieser vom Linzer Bürgermeister ange regte „Fahrplan" zu einer reinen Luft wird, wie bei einem erneuten Zusam mentreffen aller Verantwortlichen im Oktober 1986 Verstaatlichten-Minister Dr. Rudolf Streicher, Landeshaupt mann Dr. Josef Ratzenböck und Lan deshauptmann-Stellvertreter Dr. Karl Grünner dem Linzer Bürgermeister Prof. Hugo Schanovsky zusicherten, nicht nur eingehalten, sondern sogar wesentlich beschleunigt. So werden al lein im Bereich der VOEST-Alpine ur sprünglich bis zum Jahr 1991 vorgesehe ne Umweltschutzinvestitionen in Höhe von fünf Milliarden Schilling um rund zwei Jahre früher als geplant realisiert. Für Mitte 1987 ist geplant, einen der größten „Umweltverschmutzer", die Sin teranlage, mit Kosten in Höhe von 2,25 Milliarden Schilling zu erneuern und bis Prognose 1985-1990 Anteil der Verursacher an den Schadstoffemissionen SOj, NO„ Staub. Ammoniak NOx (alsNOz) 18.605 16 760 0.310 55.6 /q Staub I [ Kfz-Verkehr Raumheizung Sonst Ind. iml ESG Chemie Linz EU VOEST NHa 1985 1990 1985 1990 SlOO.O'J Iii iiiiiiiiiiiiiiiinfl 1985 1990 Die Grafik zeigt, aufgeschlüsselt nach vier Schadstoffkomponenten, sehr anschau lich, in welchem Ausmaß sich die Belastung der Linzer Luft bis zum Jahr 1990 reduziert. Ende 1989 mit einer zusätzlichen Rauchgas-Entschwefelungsanlage zu versehen. Die diesbezügliche Emissions minderung beträgt bei SO2 rund 90, bei Staub rund 80 Prozent. Ein weiterer Schwerpunkt im Rahmen der vorgezo genen Umweltschutzinvestitionen der VOEST ist die Stillegung des LD-Stahlwerks II und die Verlagerung der Pro duktion auf das bei weitem emissionsär mere LD-III-Werk bis Mitte 1989. Durch diese vorgezogenen Umwelt schutzinvestitionen bleiben darüber hinaus mehrere hundert Arbeitsplätze im Werk auf Jahre hinaus erhalten. Ein mal ganz abgesehen von der beschleu nigten Realisierung dieser großen Um weltschutzvorhaben im Bereich der Verstaatlichten in den kommenden Jah ren sind die Bemühungen, der Luftver schmutzung in Linz den Garaus zu ma chen, bereits voll im Gang; So konnte im Bereich der VOEST be reits im Sommer 1986 die Erneuerung des Kraftwerks mit Gesamtinvestitio nen von 620 Millionen Schilling abge- ' .J-ÄS* Im Frühjahr 1987 geht der Neuhau der Salpetersäureanlage der Chemie Linz AG, der Gesamtinvestitionen in Höhe von 420 Nlillionen Schilling erfordert, in Betrieb. (Foto: Chemie Linz AG) schlössen werden, die diesbezügliche Emissionsminderung bei SO2 beträgt enorme 97 Prozent. In der Kokerei wur den bisher zwei Koksbatterien neu er richtet sowie eine Hochdruckabsaugung installiert. Die Erneuerung einer weiteren Batterie ist weitgehend abge schlossen, die nächste wird bis 1988 mit einem Kostenaufwand von rund 300 Millionen Schilling saniert. In den kommenden Jahren werden auch die verbliebenen sieben Kokerei batterien mit einer Emissionsminderung pro Batterie bei Staub und Kohlenwas serstoffen von jeweils 85 Prozent er neuert. Salpetersäureanlage bald fertig Die Chemie Linz AG stellt bis zum Frühjahr 1987 die neue Salpetersäurean lage fertig, die 420 Millionen Schilling kostet und die Gesamtemission der Che mie Linz an Stickoxiden um 65 Prozent reduziert. Als nächstes Großprojekt steht die Erneuerung der Düngemitteler zeugung bis 1989 ins Haus. Das 900-Millionen-Schilling-Projekt wird für eine 90prozentige Reduktion der Schwefeldioxidemission der Chemie Linz sorgen. Ein weiterer „großer Brocken" auf dem Weg, Luftverschmutzern den Hahn abzudrehen, ist die be vorstehende Entschwefelung des ESGFernheizkraftwerks. „Kleinverschmutzer" und Hausbrand bekämpfen Weiters wurden auch bereits Dutzende von Klein- und Mittelbetrieben, etwa Wäschereien oder Großkaufhäuser, deren Kesselanlagen nicht den durch das Dampfkesselemissionsgesetz vorge schriebenen Grenzwerten entsprechen, von der Baubehörde bescheidmäßig zur Sanierung ihrer Anlagen verpflichtet. Angesichts der Tatsache, daß rund ein Drittel der Gesamtemissionen vom Hausbrand herrühren, werden von der Stadt pro Jahr mehr als 350 Millionen Schilling in den Ausbau der umwelt freundlichen Heizenergien Erdgas und Fernwärme investiert. Im Großraum Linz werden derzeit bereits 56.000 Haushalte mit Erdgas und 8500 Haus halte mit Fernwärme versorgt. Optimismus scheint angebracht: In drei Jahren wird der S02-Ausstoß in Linz von heute 18.600 auf 7800 Tonnen sin ken. Der Stickoxidausstoß verringert sich bis dahin um 38 Prozent auf 10.300, der Staubanfall um 40 Prozent auf 5200 Tonnen. Viel Überzeugungsarbeit wird da und dort noch zu leisten sein, der Durch bruch ist jedoch längst geschafft. Die Stadt Linz und ihre für Zielstrebigkeit bekannten Bewohner werden den Weg zur sauberen Industriestadt konsequent fortsetzen. 69

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