Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

einzufangen. Trotzdem ist das Festtialten des Stadtbildes In regelmäßigen Abständen sinn voll und nötig, damit aber hinter die Gründe der ästhetischen Wirkung eines Stadtbildes kommen zu wollen, Ist ein zu hoher An spruch. Die phänomenologlsche Methode dringt nicht In die Irrationalität der Altstadt ein. Um Altstadt besser empfinden zu lernen, Ist die Zusammenschau gleicher Gestaltele mente In verwandten Städten angebracht. Der Autor hat durch Gegenüberstellung glei cher Situationen In den Inn-Salzach-Städten die Sprache dieses Stadt-Ensembles ver deutlicht: Stadtsilhouette, Platz, Gasse, über baute Gasseneinmündung, Tor, Lauben gang, Brunnen, Pflaster, Baum, aber auch die Innentextur der Häuser, die einen wesent lichen Teil der gesamten Erscheinung von Altstadt ausmachen.® Schönheit allein Ist aber gerade bei Altstäd ten mit Bedeutung und Interesse verbunden — oft mit öffentlichem Interesse an deren Pflege und Erhaltung — zur Schaustellung des Kreislaufes von Werden und Vergehen.^® Altstadt Ist lesbares Dokument einer Genesis unser selbst. Was heute als „Wohlordnung" und vielfältige Schönheit des Alten empfunden wird, kann In unserer zum Mystizismus tendierenden Zelt kaum definiert werden. Dies Insbesondere deshalb, well es sich weltgehend um nicht nachvollziehbare Schaffensprozesse han delt. Erfahrungen der Stadtbaukunst von einst sind heute weltgehend verschüttet.^^ Das Wissen um die krumme Straße, den Wechsel von Licht und Schatten, das Bauen gegen den Wind und gegen die Feinde sind uns als praktische Anforderungen nicht mehr geläufig — Zweckmäßigkeit wird nach Jahr hunderten ästhetisch bewertet. Die Viel schichtigkeit von Stadtgestalt, die sich Im Laufe der Entwicklung zu einem heutigen Zwischen-Endergebnis geformt hat, ermög licht nicht mehr den Durchblick auf alle Ein zelschritte der Genesis. Das hohe Maß an Unergründllchkelt berührt die Psyche In be sonderer Weise. Was liegt näher, als sich der Schönheit der al ten Städte aus der Ecke der Philosophie zu nähern, wird doch Ästhetik als WahrnehDie Dachlandschaft wird von der alten Ziegeldeckung und der Kleinteiligkeit der Dachformen geprägt. Die Bebauungsvorschriften für die Braunauer Altstadt legen die Verwendung von Tonziegeln und die weitgehende Beibehaltung der alten Dachformen fest i X Erstmals in Osterreich wurde „in der Scheiben" in Braunau ein Assanierungsgebiet festgelegt. Die alte Bausubstanz wurde vor allem aus Gründen einer besseren Förderungsmögiichkeit beseitigt. Die Neubauten übernehmen den vorgegebenen Formkanon in alter Handwerkstechnik. Die äußere Gestaltung fügt sich nahtlos in das Stadtbild ein

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