Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

lung im wesentlichen der Zeit nach dem Er sten Weltkrieg angehört. In bezug auf die Gestaltung dieser Neubauten fallen drei Fak toren aus dem vorstädtischen Rahmen, in welchem damals der Großteil dieses Stadttei les errichtet wurde: Das schon genannte Krankenhaus, die Herz-Jesu-Kirche und ein Schulbau von 1912, geplant von Mauritz Balzarek, zu seiner Zeit als Musterbau des Ju gendstiles in ganz Österreich anerkannt. Eine Überbauung vor nicht allzulanger Zeit hat die architektonische Qualität weitgehend vernichtet und den Bau in negativer Hinsicht nicht weniger bekannt gemacht. Die anderen Neubauten jener Zeit haben in der Regel nur ein Obergeschoß erhalten, die Fassaden wechseln von einem bescheidenen Historis mus zu einem keineswegs aufwendigeren Ju gendstil über. Die Entwicklung des Stadtgebietes südlich der Bahnlinie erfolgte unter anderen Ge sichtspunkten, sie war meist von anderen Auftraggebern und Baumeistern getragen. Man kann die Entwicklung in den anderthalb Jahrzehnten bis zum Beginn des Weltkrieges in einige Gruppen zusammenfassen. Vom Ausbau des Wohnviertels östlich der Dr.-Schauer-Straße haben wir schon gespro chen. Er setzte den Charakter als Villenvier tel fort, beachtenswerte Entwürfe im Sinne des beginnenden Jugendstils sind hier im mer wieder festzustellen. Was bis 1914 nicht verbaut war, wurde in der Zwischenkriegszeit durch genossenschaftliche Baublöcke er gänzt und auch die Bombeneinschläge sind an den fantasielosen Ersatzbauten bis heute sichtbar geblieben. Wichtig erscheint uns die ebenfalls damals (1905) erfolgte Einbindung der Maximilian straße in die Bahnhofstraße, die im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts mit städti schen Häusern und Jugendstilfassaden ge staltet wurde. Es scheint uns heute fast so, als ob die in dieser Hinsicht führenden Kräfte der Stadt in den Häusern Bahnhofstraße 11 (1908), 9 (1909) und 7 (1910) ihre Visitenkarte hätten hinterlassen wollen. Eine nicht weni ger bemerkenswerte Gruppe von „noblen" Wohnhäusern entstand damals in dem 1898 noch Flurgasse benannten, nach Westen führenden Straßenzug, seit 1903 FranzSalvator- und seit 1945 Eisenhowerstraße be nannt. Dort wurde bis 1914, bis zur Öffnung der vom Süden heranführenden Jahn- (heute Karl-Loy-)Straße, eine geschlossene Reihe geschmackvoller Häuser errichtet. Hier kam der Jugendstil am reichsten zur Geltung und man kann bei einzelnen der Bauten den Übergang vom Historismus fast binnen Jah resfrist verfolgen. Diese einstmals vornehm ste Straße ist derzeit einer schrecklichen Lärmbelastung ausgesetzt. Die letzten Häu ser im Westen zeigen in ihren Entwürfen einen wesentlich reicheren Stand der Deko ration gegenüber der Ausführung; der Einfluß des beginnenden Krieges ist daran abzule sen. Die ausführenden Kräfte sind im allge meinen in eher geschlossenen Bautengrup pen tätig gewesen. Für die zuletzt erwähnte war dies der Baumeister Franz Steinbacher KW und daneben Franz Scharf, dessen Vater mit dem Bauen in der Neustadt begonnen hatte, während der Sohn in den Gebieten südlich der Bahnlinie tätig war und mit Vorliebe Ju gendstilelemente in seinen Fassaden ver wendete. Ein besonderes Nahverhältnis zum Jugendstil hatte auch der Baumeister Rudolf Weixelbaumer, der im Betrieb seines Halb bruders Josef Weixelbaumer tätig war und später nach Schärding ging. Josef Weixel baumer war in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts am Westrand des alten Stadt kernes tätig, das Straßenbild der MariaTheresia-Straße und des Anfanges der Dra gonerstraße (Österreichischer Hof) ist durch ihn bestimmt. Die Jugendstilbauten des Bau meisters Schneiderbauer sind dagegen fast alle verschwunden. Im übrigen blieb die Ausdehnung der Bautä tigkeit nach Westen relativ gering. Die Bauten um die Dragonerkaserne blieben typisch vorstädtisch-eingeschossig. Die Bahnlinie nach Süden hat sich hier anscheinend ebenfalls als Hindernis für die Ausdehnung der Stadt ausgewirkt. Zusammenfassend kann man sagen, daß die Stadt Weis bis zum Beginn des Ersten Welt krieges das geringe von ihr eingenommene Gebiet — es waren immer noch kaum mehr als 4 km2 — voll durchgeplant und von innen nach außen in zunehmendem Maße bebaut hatte. Die Wohnbevölkerung hatte sich mehr als verdoppelt. Die größten freien Flächen la gen immer noch an den Außenseiten, an den Hauptverkehrslinien war die Bebauung auch über die Gemeindegrenzen vorgedrungen. Da aber die Randgemeinden, die 1850 aus dem Burgfried herausgelöst worden waren. Lichtenegg, Puchberg und Pernau, ganz zu schweigen von Thalheim mit Aigen und Aschet, wo als Pfarrort noch eine Art EigenLinks: Wels, Goethestraße 23, erbaut 1907 von Baumeister Franz Scharf, unverkennbar der Einfluß des Jugendstils. Foto: Bundesdenkmalamt Wien Rechts: Wels, Bahnhofstraße 9, entworfen 1909 von Rudolf Weixelbaumer, typischer Jugendstilerker. — Foto: Bundesdenkmalamt Wien 46

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