Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

Wels, Grünbachplatz 2, der erste Neubau nördlich der Bahnlinie, erbaut 1887 vom Maurermeister Stefan Scharf. — Foto: Bundesdenkmalamt Wien jPigll IKI IBI ■■ ■■ « II. IiI KINDERARTIKEL VERMITTLUNGSZENTRHLE Hause mitzunehmen), aufgrund derer wir feststellen könnten, wer die treibende Kraft war, daß man im Anschluß an den Stadtbrand von 1870 an die Zuschüttung des Stadtgra bens heranging. Wahrscheinlich war der künftige Bürgermeister Dr. Schauer, von dem wir schon damals ähnliche Initiativen ken nen, mitbeteiligt. Als Folge des Brandes wurde im Bereich zwi schen dem Altstadtkern und dem Vorstadt platz nach Niederreißen des Schmidtturmes (1875) und durch Zuschütten des angrenzen den Grabens um 1875 eine neue Bauzone ge schaffen, welche die Bautätigkeit des achten Jahrzehnts, also der Jahre von 1870 bis 1880, voll in Anspruch nahm. Damals ent stand die Welser Ringstraße in ihrer ersten Phase mit den meisten Häusern an der Süd seite und einigen an der Nordseite, wo die verbliebenen alten Häuser noch jetzt die alte Baulinie zeigen. Die Häuser der Südseite wurden gewissermaßen auf die Stadtmauer gesetzt und konnten auch den Zwinger miteinbeziehen. An der Ostseite, bis zum nicht wieder aufgebauten Fischertor, wurde eine Reihe von Neubauten vor den Zwinger ge setzt, — die ersten Entwürfe dazu stammen von Dr. Johann Schauer. Dasselbe gilt für eine Reihe von Villen, welche im Süden an der parallel zur Traun verlaufenden „Wasser straße" (heute Volksgartenstraße) ab 1879 er richtet wurden. Auch hier ist ein, freilich stark verändert in die Wirklichkeit umgesetzter, er ster Entwurf von Dr. Schauer erhalten. Mit diesen Maßnahmen war der Stadtkern von Wels nach Osten und Süden etwas erweitert, vor allem aber war durch die Verbauung der Ringstraße und den damit erreichten An schluß des Vorstadtplatzes eine echte Ver doppelung des Stadtkernes erreicht worden, der nunmehr drei parallel laufende Haupt straßen besaß. Dieser Anschluß war auch durch die Öffnung der Pfarrgasse nach Nor den und den Durchbruch der Plobergerstraße durch den Komplex des Polheimer Schlos ses betont worden, aber nur der östlichere Straßenzug wurde im Laufe der Zeit auch richtig städtisch verbaut. Noch sprengte die Stadt aber nirgends ihre Grenzen. Erst 1890 erfolgten bescheidene Arrondierungen, bis 1900 wurde das Gemeindegebiet auf 4,03 km2 erweitert. Für die zukünftige Entwicklung hat die Ära Groß noch ein bedeutsames Faktum gesetzt: die Anlage des Friedhofes, weitab im Nord osten, jenseits der Eisenbahnlinie gelegen; er wurde 1887 eröffnet. Der alte Friedhof, un mittelbar am Westende des Vorstadtplatzes gelegen (seit 1556), wurde für eine Fabriksan lage verwendet und erst in jüngster Zeit zu einem Marktgelände umgewidmet. Auch der neue Friedhof blieb städtebaulich ohne Be zug. Das Heranschieben von größeren Sied lungsbauten erfolgte erst in unserer Genera tion, die im Süden sich entwickelnde Bautätigkeit blieb auf Siedlungshäuser be schränkt. Durch die Verlegung der „Osttan gente", einer Fernstraße, zwischen die Neu stadt und den Friedhof und durch den Bestand der Bahnlinie südlich des Friedhofes ist dieser wohl für alle Zeiten vom eigentli chen Stadtkörper abgeschnitten. Die entscheidenden Maßnahmen für die Stadtentwicklung fallen mit dem Übergang von der Ära Dr. Groß auf die Ära Dr. Schauer zusammen. Der maßgebliche Aktenvorgang ist zwar noch nicht aufgefunden worden, je doch sehen wir in einem 1888 datierten Plan in einem Stadtführer von Woerl, daß damals das Zwischengebiet zwischen Stadt und Bahnlinie theoretisch zur Bebauung verplant worden ist. Er zeigt das gesamte Stadtgebiet nördlich und südlich der Bahnlinie von einem projektierten Straßennetz überzogen, wobei dieses Netz nur im Süden des Mühlbaches nicht ausgeführt worden ist. Auch der Zwickel zwischen den Bahnlinien wurde ausgespart. Man kann feststellen, daß der in die Neupla nung einbezogene Bereich die sechsfache Größe des bisher verbauten Stadtkernes um faßt und damit die künftige Entwicklung bis zu den Eingemeindungen 1938/39 vor wegnahm. Begreiflicherweise ging diese Entwicklung, dieser Ausbau der städtischen Besiedelung, nicht in einem Zug vor sich. Man kann jedoch deutlich eine erhebliche Planmäßigkeit beob achten. Die erste Ausbaustufe konzentrierte sich auf den Bereich, dessen West-Ost-Ach se später Maximilianstraße benannt wurde. Er schloß im Westen zunächst noch nicht an die Bahnhofstraße an: der notwendige Durch bruch erfolgte erst später (um 1905). Im Osten bestand die Magazinstraße als Verbin dung von der Bahn nach Süden. An ihrer Ost43

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