Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 4, 1986

Kulturzeitschrift ! T" .^agSBBS^SSSä^ Sf^'S Iii y^i 011 i' fl'Wi ® lij" IlHEji' I JIll -i" sfei®! s.it«; r j js,- f % Kleinstädtische Idylle im 19. Jahrhundert — „Gmunden, Vorstadt, Seestadl", kolorierte Lithographie, gezeichnet von Carl Ritter, im Eigenverlag gedruckt von L. Förster, Artist. Anstalt In Wien, ca. 1855. Carl Ritter (1807—1885) war ab 1853 Kanzllst der Gmundner Salinen- und Forstdirektion, ab ca. 1850 führte er In Gmunden eine gut besuchte Privat-Zeichenschule. Das Gmundner Stadtmuseum und das oö. Landesmuseum besitzen von ihm zahlreiche Zeichnungen und Lithographien. Die Schriftleitung dankt Frau Professor Elfriede Prillinger für die Reproerlaubnis und die Beschriftung. — Foto: H. G. Prillinger, Gmunden. Altstadt und Heimatgefühl Was Heimat Ist, wird wohl von den meisten Bürgern, ob alt, ob jung, zum wesenhaften Teil bildhaft empfunden: das Bild der Land schaft, das Bild eines Platzes, von Gassen und Häusern, das Bild der eigenen vier Wän de oder auch nur eines alten Pflasters oder eines verrosteten Türgriffs. Auch in großen Städten sind es weniger die menschlichen Beziehungen, die die Bindung zum eigenen Bezirk herstellen, als die Eigenart eines bild haften Sammelsuriums — wie enttäuscht kann man sein, wenn ein Markt einem Park platz oder ein Baum einem Haus weichen mußte! Der Mensch hat viele Rechte: Menschen rechte. Das Recht zur Erhaltung seiner ge stalteten Beheimatung ist jedoch nirgends verbrieft. Gerade in Stadtrandzonen, wo sich alles in ständigem Umbruch befindet, ist das Gepräge aus der Zeit der Kindertage ihrer Bewohner meist in deren reiferen Jahren völ lig verändert — aus dieser Sicht wird der Wert der Beständigkeit in den Altstadtbereichen deutlich: Die Altstadt als Ort, wo die Bilder im mer noch mit den Ansichtskarten überein stimmen, wo viele Generationen dieselben Steine begangen haben, wo ein Bezug zur Vergangenheit herstellbar und erfahrbar ist. Wenn man schon nicht weiß, wohin man geht, ist es ein Trost zu wissen, woher man kommt. Man könnte Bücherfüllen mit Gedanken über den Begriff der Heimat. Die Vielschichtigkeit der Beziehungen von Menschen zu ihrer Um gebung ist in ihrer Gesamtheit kaum durch schaubar. Daß aber die Altstadt in Verknüp fung mit dem Heimatbegriff eine außer ordentliche Stellung einnimmt, wird niemand zu bezweifeln wagen. Nicht immer muß es Schönheit sein, die zur lebenslangen Ver trautheit wird: Auch Bahnhöfe und Hafenan lagen, düstere Hinterhöfe und Stiegenhäuser können Heimat darstellen. Das Desolate bin det oft intensiver als das perfekt Gepflegte. Zitat aus der Publikation des Verlages Christian Brandstätter 1985 „Altstadt in Österreich", Text von Rainer Relnisoh (siehe auch Bücherecke In dieser Nummer der Zeltschrift „Oberösterreich" mit Besprechung dieser Publikation). 1

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