Sommermorgen Hochsteigender Tag, taufunkelnd und licht, da durch Erdatemhauch die Sonne bricht, wo schräg überm Pfad liegt grün-goldener Schein, ragt der Berg, blau wie Rauch, in die Lüfte hinein. Der Hof noch im Tal tief im Schatten sich kühlt, doch der Birnbaum am Hang schon die Sonne fühlt. Über Wiesen der Duft von geschnittenem Gras und vom Hügel ein Blitz aus dem Fensterglas. „Der Gefangene" (Von Margret Bilger) Zweifach gefangen: Hier und nicht hier, dort und nicht dort. Das blickende Aug' in Taufkirchen, der innere Blick in St. Gilles., Fremd im Land ohne Wein, ohne Glut, ohne Meer. Weh im Haselnußaug', die Paria-Jacke blattwelk und erdbraun. Erdhaft schon damals, Poilu, und vielleicht, nach vielen Jahren, jetzt ganz Erde . . . Heimat Hörst du nicht täglich den Urlaut der Brandung, die sich an grünenden Ufern bricht, ist nicht vertraut dir der felsigen Berge graues, verschlossenes Angesicht? Kannst du nicht immer des wiegenden Spiegels wechselnde, spielende Farben sehn, spürst du nicht von hohen Gebirgen die herben, erfrischenden Winde wehn? Anblick des Sees und Anblick der Höhen, schenkt ihr dem Herzen nicht frohen Mut? Wie es auch werde auf weiter Erde, nur nahe bei euch ist Bergung und Hut. Land der Heimat, aus dir wächst beständig heimlicher Kräfte steigerndes Sein, und nur aus deiner Gnade lebendig, fühl ich mich dein auf Verderb und Gedeihn. Am Berg Glück deiner einsamen Flanken, wenn die Wand noch den Tag widerstrahlt, der rote Ball im Erdrauch verglüht und blaue Schatten aus Tälern steigen. Nur der Stille Wohllaut ringsum, der Schluchten Hauch und im Osten der wachende Stern. Der Augenblick Gelebt und entschwunden. Unfaßbar . . . Ein Sandkorn der Lebenswüste, ein Tropfen deines Sekundenmeeres. Verronnen, verdunstet, nie wieder. Mit einem kleinen Holzkreuz Ich möchte dir Blumen bringen: Anemonen, Traubenhyazinthen, Mandel- und Stemblüten, den Ginsterrausch und die fünffache Glockenblume vom Athos. Aber sie sind zu vergänglich. Ich möchte dir Steine bringen, die Transparenz des weißen, blauen und roten Marmors, das Korn vom Gneis und Granit, den spiegelnden Glimmerschiefer und den grünen Kiesel der Küste. Ertrügst du die Härte? Wenn's ginge brächt' ich ein Kleid von der Seide des Meeres, der Nachtigall Lied aus Kutlumusiu, den Urlaut der Brandung von Kafsokalivia oder die Litaneien der schwarzen singenden Mönche. Was ist deiner wert? Doch von all dem bliebe nur wenig im Blick und Gehör und im schwachen Gedächtnis. Bleibender ist das kleine, liebend geschnitzte Kreuz des leidenden Bruders Pavlu. Bitte weis' es nicht ab! 96
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2