Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 3, 1986

Bücherecke Literatur zum Prinz-Eugen-Jahr Peter Broucek, Erich Hillbrand, Fritz Veseiy: Prinz Eugen, „Feldzüge und Heerwesen". — Wien: Franz Deuticke Veriagsgeselischaft 1986, 96 Seiten, 4 ausklappbare farbige Faksimiledrücke von Karten, farbiger Vorsatz und Nachsatz, zahlreiche SchwarzweiB-Abbiidungen und Karten, Tabellen, Ladenpreis S 790.—. Das Gedenkjahr 1986 bot den passenden Anlaß zur Herausgabe dieses Bilderbuches für Genießer. Auf ca. 100 Seiten erleben wir 50 Jahre österreichi scher Geschichte, 50 Jahre, in denen Österreich unbestritten siegreich war, in der Blüte seiner Kraft stand und von dieser Kraft auch noch an andere et was abgeben konnte. Wie die siegreichen Feldher ren ihre Umwelt an ihrem Glanz teilhaben ließen, indem barocke Freude durch barocke Kunst das Land durchflutete, so ließen Österreichs Siege über die Türken Europa seine Angst vor dem Osten vergessen und gaben ihm die Möglichkeit, seine eigenen Kräfte voll zu entfalten. Das vorliegende Buch gibt uns nun ein Bild jenes Werkzeuges, mit dem Österreich dies bewerkstel ligte, ein Bild des damaligen Heeres. Aus knapper Beschreibung und vielschichtigem Bildmaterial er wächst uns eine Vorstellung dieses komplexen Kör pers, angefangen von den Schuhen des Infanteri sten bis zu Hüten, Perücken und Gedanken der Generalität. Punktuell werden die einzelnen Teile dieser erfolg reichen Kriegsmaschinerie dargestellt. Infanterie, Kavallerie, Artillerie, Festungsbau, um nur einige zu nennen, treten uns getrennt gegenüber. Am Ende des Buches aber haben wir das Gefühl, et was über dieses Heer des Barock zu wissen, einen Einblick zu haben auch in das Zusammenspiel dieser vielen Kraftquellen. Besser als große Über blicke vermitteln uns Tabellen und Bilder mit aus gezeichneten Bildtexten einen Eindruck davon, wie eine solche Armee lebte, wie sie sich bewegte, wie sie sich versorgte und kleidete, wie sie siegte, und auch wie sie litt und starb. Unsere Vorstellung wird dahingehend berichtigt, daß Siege nicht von Helden erstritten werden, sondern durch die Opti mierung aller Kräfte: Die sich in unvorstellbar lan gen Laufgräben vorgrabende Armee, die martiali sche Technik der gewaltigen Geschütze, die bis zu 7 Tonnen schwer, bespannt mit bis zu 24 Pferden, dann nur zwei Mal In der Stunde einen Schuß ab gaben, die langsam, meist nur zu beschleunigtem Trab vorgehende Kavallerie, die Privatinteressen der Regimentsobersten, die ihre Truppe oft als Privatunternehmen führten, neue Methoden der Kriegskunst mit Hilfe der Kartographie, eine ausge feilte Festungstechnik, alle diese Komponenten mußte der Feldherr für kurze Zelt In eine Richtung bündeln. Prinz Eugen gelang dies offensichtlich. Weiterhin offen bleiben aber einige Fragen: Wie weit formte Prinz Eugen dieses Heer durch seine Person? Unterschied Ihn etwas von den anderen Heerführern seiner Zeit, was ihn siegen ließ? Än derte er Strategie und Taktik auf Grund persönli cher Theorien? Die Beantwortung dieser Fragen, sowie ein tieferes Eindringen in die Individualität des Prinzen steht aber ganz allgemein immer noch aus und will nicht Aufgabe dieses Buches sein. Wir finden hier ein Werk, das, ganz im Sinne des Barock, uns vor allem ein Bild vermittelt, ein üppi ges kraft- und lebensfrohes Bild einer hochgemu ten Zeit. Diesem entspricht die liebevolle Gestal tung des Buches, von Bildauswahl, Druck, Layout und Text her. Und wer genauer zu schauen ver mag, erkennt deshalb noch deutlich, daß es das Zusammenspiel der Einzelschicksale und der sachlichen Details ist, aus dem uns dieses Bild entsteht. A. Klupp Otto Mazal: Prinz Eugens schönste Bücher. Hand schriften aus der Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen. Erstveröffentlichung. — Graz: Akademi sche Druck- und Verlagsanstalt 1986, 64 Farbta feln, 22 Seiten, Text, Format 18,4 x 27 cm, farbiger Glanzfolienumschlag, Vorbestellpreis bis 21.12.1986 8 248.—, Ladenpreis ab 1. 1. 1987 8 360.—. Diese Publikation bereitet nicht nur bibliophil ge sinnten Lesern eine Freude, sie ist für alle, die an der österreichischen Geschichte Interessiert sind, ein wesentlicher Beitrag zum „Prinz-Eugen-Jahr". Sie zeigt anschaulich, wie einseitig es ist, diese be deutende Persönlichkeit nur als Feldherrn und Staatsmann zu betrachten. Was Prinz Eugen auf diesem historischen Feld geleistet hat, wirkt impo nierend, Ist jedoch längst zerbröckelt. Geblieben bis heute ist sein Lebenswerk als „Kulturmäzen". Dazu gehört auch die Anlage einer großartigen Bi bliothek mit einem Umfang von 15.000 Bänden, 287 Handschriften und einer umfangreichen Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnun gen. Nach dem Tod des „edlen Ritters" erwarb Kai ser Karl VI. diese Bibliotheca Eugeniana für die Hofbibliothek, heute Österreichische Nationalbi bliothek. Otto Mazal bezeichnet mit Recht diese Er werbung als einer „Sternstunde". Prinz Eugen dachte sogar im Feldlager an seine Büchersammlung. Er ließ sich von berufenen Fachleuten beraten, hatte unentwegt Einkäufer un terwegs. Zu seinen Lebzeiten war seine Bibliothek in seinem Stadtpalais in der Himmelpfortgasse un tergebracht. Bienne Boyet wurde 1713 aus Paris nach Wien berufen, um hier als Bibliothekar und Buchbinder zu wirken. Er ordnete die Sammlung nach einem System, das der bedeutende Philo soph Gottfried Wilhelm Leibniz entworfen hatte, und legte einen wissenschaftlichen Katalog an. Die „Codices manuscripti" dieser Bibliotheca Eugenia na gewähren einen interessanten Einblick In die Geisteswelt einer Barockpersönlichkeit. Aus diesem kostbaren Bestand wurden 64 Bild beispiele ausgewählt. Ihre Wiedergabe ist druck technisch hervorragend, die Kommentierung, wie auch der einführende Text sind allgemein verständ lich und instruktiv. Wir werden bekannt gemacht mit der Tabula Peutingeriana, mit Illuminierten Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts, mit antiken Klassikern, Ausgaben der italienischen Humanistenliteratur, klassischen französischen Texten usw. Reizvoll sind die Einblicke in die islami sche Literaturwelt. Hinzuwelsen ist auch auf den äußerst günstigen Verkaufspreis. Dieses Werk sollte jeder Bücher freund erwerben. O. Wutzel Otto Stradai: Der andere Prinz Eugen. Vom Flücht ling zum fvluitimiiiionä.r — Wien: Öster.r Bundesver lag 1986, 202 Seiten, Schwarzweißabbildungen. Leinen, färbiger Schutzumschlag, Ladenpreis S 238.—. Der 1982 verstorbene, um den österreichischen Fremdenverkehr hoch verdiente Schriftsteller und Journalist Otto Stradai hat mit seinem amüsanten Lesebuch über den „anderen Prinz Eugen" ein Mu sterbeispiel qualltätvoller Populär-Hlstorlographie hinterlassen. Er schöpfte aus einer reichen Litera turkenntnis. Er verstand sich auf einen gepflegten Erzählstll. Er bemühte sich um ein Lebensbild des „edlen Ritters", das den Lesern vor allem die Menschlichkeit dieser historischen Persönlichkeit nahebringt. Die Neuauflage dieses Buches zum Prinz Eugen-Jahr Ist ein Verdienst des Österreichi schen Bundesverlages. In leicht faßlicher Form erfahren wir bei der Lektüre dieses Buches alle wesentlichen Daten über den Feldherrn und Staatsmann Prinz Eugen. Wir wer den aber auch eingeladen, seine Schlösser zu be suchen, sein Privatleben zu studieren, seine Nach wirkung In der österreichischen Geschichte zu überlegen. Grillparzer schrieb über ihn: „Dieser Prinz Eugen von Savoyen war wirklich ein außerge wöhnlicher Mensch. Es Ist eine Vorurteilslosigkeit und Klarheit der Ansichten in ihm, die durchaus nicht seiner abgeschmackten Zeit angehört." Leib niz urteilte über Ihn: „Er Ist nicht nur ein Feldherr, er ist ein Philosoph Im Harnisch." Alle diese menschlichen Komponenten werden in diesem Buch dargestellt, historische Fakten mit Anekdotischem gewürzt, ohne jemals in Trivialität abzustürzen. Es ist ein Vergnügen, diese Lebens geschichte zu lesen. Eine übersichtlich zusam mengestellte Zeittafel, exaktes Personenverzeich nis, Sach- und Ortsregister, auch einige Literaturhinwelse regen zur Vertiefung des Gelese nen an. E. Wutzel Fritz M. Rebhann: Die Generäle des Prinzen Eugen. — Wien: Österreichischer Bundesverlag 1986, 285 Seiten, Leinen, Ladenpreis S 298.— Die heurige niederösterreichische Landesausstel lung in den Marchfeldschlössern Schloßhof und Niederweiden wird von einer Springflut von Publi kationen begleitet. Leider befindet sich neben be merkenswerten Neuerscheinungen darunter auch Treibholz, wie vorliegendes Buch zeigt. Wie konnte nur eine Veröffentlichung dieser Art in das Verlags programm des Österreichischen Bundesverlages aufgenommen werden? Die Zielsetzung des Autors, aufzuzeigen, daß das österreichische Heldenzeltalter nicht einem Men schen allein zuzuschreiben sei, ist für gelernte Hi storiker eine Binsenwahrheit. Diesen Sachverhalt, populär einer breiten Leserschicht darzustellen, wäre grundsätzlich zu akzeptieren. Leider ist dem Autor aber nur ein Werk der Trivialliteratur gelun gen. Fast auf jeder Seite finden sich ungenießbare Stilblüten. Als Beleg zwei Beispiele: „Kaffeehäferlseiigkelt Maria Theresias" und „Kleinhäuslerel des Biedermeiers". Der Autor versucht eine Beschreibung des Zeital84

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