Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 3, 1986

Historische Landeskunde Hof des Verwaltungsgebäudes der Österreichischen Bundesforste, Forstverwaltung Bad Geisern, 1773—1850 Pflegamt der Herrschaft Wlldensteln. Zeichnung von Winfried Auhell in dem Buch „Goiserer Skizzen", herausgegeben 1985 » / «/ - trag zum Hausstand der Jungvermählten in „barer Münze" leisteten, an den Brauttisch. Dann und wann konnte es sich ein Brautvater sogar leisten, seiner Tochter eine Schüssel voll Silberguiden mit einem Kröniein aus Goldmünzen darauf zu weisen. Heutzutage begnügt man sich mit Papiergeld in Briefum schlägen. Die Braut bot jedem, der sein Geschenk brachte, einen Trunk Wein aus einem bemal ten Glaspokal dar, während sich hinter dem Rücken des Gebers Bräutigam und Brautfüh rer die Hände reichten. Nach dieser Zeremo nie sprach der Ladmann oder Prokurator, der für den würdigen Ablauf des ganzen Festes zu sorgen hatte, die Danksagung, deren Text sich von Generation zu Generation vererbte und die beinahe wie eine Predigt klang, weil sie mit biblischen Sprüchen gewürzt war. Ein paar Sätze daraus mögen den feierlichen Ernst dartun, mit dem man einstmals große Hochzeiten feierte: „Nachdem nun anheute mit göttlicher Gnade und Beistand ist alles vollzogen, was im Bu che Tobias im 9. Kapitel geschrieben steht, nämlich: ,Sie traten zum Essen und hielten das Brautmahl in der Furcht Gottes . . .', so bedanket sich der gegenwärtige Bräutigam samt seiner vielgeliebten Braut gegen die großgünstigsten, nach Standesgebühr hoch zu verehrenden Hochzeitsgäste, daß sie heute auf unsere so geringe Einladung so gutwillig erschienen und kommen sind, ernst lich den Kirchgang haben ehren und zieren geholfen und dem Gottesdienste frei beige wohnt und der Kopulation, sonderlich auch Gott um seinen Beistand anzuflehen sich be liebet haben ... so bedanket sich der hoch achtbare Herr Wirt, daß sich solch wertge schätzten Hochzeitsgäste haben gefallen las sen, in seine Behausung einzukehren und das wenige Traktament einzunehmen sich beliebet haben . . .er bittet aber untertänigst, mit diesem wenig angeordneten Traktament für gut und fürlieb zu nehmen, und soll denn eine jede Ehrenperson in Essen und Trinken schuldig sein 5 Gulden und 30 Kreuzer. . ." Nach dem Weisen steckte die Braut das dem jungen Paar zugedachte Geld in ihren Kitteisack, dann sagte der Brautführer sein anzüg liches Sprüchlein: „Is d'Braut g'sund und frisch, steigt's her übern Tisch, Is s' aber matt und krank, schleicht's dana nach da Bank." Nur die jungfräuliche Braut sollte über die Hochzeitstafel steigen, um mit dem Brautfüh rer, der sich während des ganzen Tages um sie gekümmert hatte, eine feierliche Ehren76

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