Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 3, 1986

Wildparks und Tiergärten in Oberösterreich Gabriel O'Donell Historische Entwicklung Wir kennen Tiergärten und Wildgehege schon aus dem frühen Mittelalter. Der Aus druck „Park" war aber nur in England üblich, wo sich sehr früh Form und Charakter dieser Anlagen gebildet haben und von uns heute noch als Vorbild übernommen werden kön nen. Erstaunlicherweise stehen die ältesten Bäume Englands, vor allem Eichen, in diesen Parkanlagen und das trotz jahrhundertelan ger Gefährdung durch Rot- und Damwild. Er staunlich auch der hohe ästhetische Gestaitungswille, der in diesen Anlagen steckt und sich durch herrliche Ausbiicke auf Schloßund Wasseranlagen dokumentiert. Der von uns heute geforderte Erhoiungseffekt war je denfalls diesen alten Parkanlagen in reichem Maße gegeben. Eine interessante Komponente der mitteiaiterlichen Wildgehege- und parks war die Auf zucht sowie Zähmung von Wildtieren, die dann wieder in die freie Wildbahn entlassen wurden. Es waren nämlich vielerorts durch zu häufige Hetzjagden mit Pferd und Hunden gerade in den besser bejagbaren Gebieten wildleere Räume entstanden und den Jagd herren lag sehr daran, diese überjagten Ge biete wieder mit möglichst zahmem Wild auf zustocken. Überhaupt galt früher das Zähmen von Wild tieren als eine wichtige Aufgabe der Jäger, ging es doch darum, das durch Hetzjagden verschreckte Wild mit gezähmten Wildtieren für die jährliche große Treibjagd wieder zu gänglich und dirigierbar zu machen. Dazu benötigte man Wildgärten, in denen Aufzucht und Zähmung des Wildes durchgeführt wer den konnten. Mit der Faiknerei, die in hohem Ansehen stand, waren aus dem Orient verschiedene Arten der Wiiddressur zu Jagdzwecken in un seren Raum gekommen und die Jagdherren waren stoiz, auch öffentlich vorzuführen, was die Jäger in den Wildgärten geleistet hatten. So zeigen uns Abbildungen aus dieser Zeit, wie das zahme Frettchen, umringt von vielen Leuten, ein Kaninchen aus seinem Bau holt. Wir sehen Jagdkutschen mit Hornbläsern, die vier- und sogar sechsspännig von Hir schen gezogen wurden. In unserem Land wa ren es vor allem die Bischöfe von Passau und Saizburg, die Wildgehege anlegten und sich auch mit dem Austausch und Handel von Wild befaßten. Der Mensch hat in jagdlichen Beiangen schon sehr früh in die Natur einge griffen und es ist für uns Österreicher er staunlich, wenn wir aus Schottland hören, daß dort die dunkle Rotbraunfärbung des be rühmten schottischen Hirsches auf Einkreuzungen mit Hirschen aus Salzburg und Berchtesgaden zurückgeführt wird. Das schottische Rotwild, vor einigen Jahren von Prinz Reuss in den Wildpark Altenfelden ein geführt, ist daher gar nicht so landfremd, wie man annehmen könnte. Neue Aufgaben für Tiergärten und Wildparks Heute gehören Dressurakte mit Wiidtieren, wie das Kutschenfahren mit Hirschen, sicher nicht mehr zum Aufgabenbereich eines Wild parkes. Erhalten geblieben ist aber die Aufga be, Wildtiere in ihrer Artenvielfait zu erhaiten und durch Aufzucht zu vermehren, um sie dann wieder in die freie Wildbahn auszuset zen. Große Verdienste haben sich hier die Wildparks und Tiergärten bei der Erhaltung von Steinwild (Steinbock), Wisent, Wildpferd (Przewalskipferd) und bei asiatischen Hir schen (Davidhirsch) erworben. Sehr intensiv wird außerdem an der Wiedereinbürgerung von Waidhühnern, Raubvögeln und Geiern gearbeitet. Am durchschlagendsten war si cher die Wiedereinbürgerung des Steinwil des. Wir sollten hier nicht vergessen, daß un ser gesamtes Steinwild durch Überjagen und Räude im vergangenen Jahrhundert bis auf 50 Stück in der königlichen Jagd in Gran Pa radiso in Oberitalien ausgestorben war. Von dort aus wurde über den Wildpark St. Peter und Paul in der Schweiz und in weiterer Folge auch über österreichische Wildparks das Aussetzen in die freie Wildbahn durchge führt. Wir verdanken den heute auf über 10.000 Stück angestiegenen Bestand dieses edlen Wildes der sorgfältigen Hege und Auf zucht der Schweizer und österreichischen Wiidparks. Gefährdete Wildarten in oberösterreichischen Wildparks In Oberösterreich wird Steinwild in den Wild parken Altenfelden im Mühiviertei, Enghagen bei Windischgarsten und in Hochkreut bei Altmünster gehalten, wobei noch heute eine ungebrochene Nachfrage nach Steinwild zum Aussetzen vor allem in Salzburger und Tiroler Revieren besteht. Neben der Aufzucht von Steinwild für die freie Wildbahn befaßt sich der Wildpark Altenfelden mit der Zucht von Davidhirschen, die ihre Lebensrettung um die Jahrhundertwende einem englischen Wildpark verdanken. Der Wildpark Grünau hat sich einer großangelegten Wiedereinbürgerungsaktion des „World Wildlife Fund" (WWF) angeschiossen und züchtet mit viel Erfolg Greifvögel, wobei das Aussetzen von Bartgeiern am vielversprechendsten er scheint. In den meisten Fällen bietet weniger die Vermehrung einzelner gefährdeter Arten das eigentliche Problem, als vielmehr das Aussetzen und Weiterleben des Wildes in der freien Wildbahn. So werden z. B. in Grünau und Altenfelden problemlos Luchse gezüch tet. Die Schwierigkeit ergibt sich beim Aus setzen, weil hier nicht mehr die geeigneten Biotope vorhanden sind. Prinzipiell ist dazu zu sagen: Der Biotopschutz muß noch vor dem Artenschutz rangieren, da eine Hege zum Aussetzen gefährdeter Wildarten nur dann einen Sinn hat, wenn artgemäße Bioto pe in Sicht sind. Zum Aussetzen müssen die Wiidpopulationen groß genug sein und hart gehalten wer den, um nach dem Aussetzen überleben zu können. Keinesfalls dürfen derartige Hilfsak tionen für gefährdete Wildarten Umweltzer störern als Argument dienen, „in der Natur sei alles machbar und reparabel". Je weniger wir Menschen in die Natur eingreifen, desto stabiler bleibt ihr ökologisches Gleichgewicht und desto mehr Arten können überieben. Wir sollten bei dieser Überlegung aber nicht zu weit übers Ziel schießen, wie das von funda mentalistischen Naturschützern jetzt häufig gemacht wird, wobei sie auch jene menschiichen Eingriffe verurteilen, die nur als Hilfslei stung für die gefährdete Natur gedacht sind. Natüriich verursacht jeder menschliche Ein griff in die Natur verschiedene naturwidrige Selektionen und pervertiert die Natur, wenn man sich so ausdrücken will. Weder Tiergär ten noch Wildparks können diesem Zwang entgehen, weil sie nie so hart selektieren kön nen, wie das die Natur selber macht. Um die gefährdeten Arten zu erhaiten, muß aber ein fach die Vermehrung forciert werden und der mit dieser Aufgabe befaßte Tiergarten oder -park bekommt eben dann für eine gewisse Zeit die Rolle einer „Arche Noah". Der Wildpark als Beweggrund für Umwelterzlehung — Es muß unser aller Anliegen sein, Aufklä rungsarbeit zu leisten, die der bestehenden Umweltproblematik gerecht wird und das bio logische Grundwissen fördert. — Wir sollten aber auch emotioneile Kräfte wecken, die ein generelles Eintreten für die Natur zur Selbstverständlichkeit machen. Diese Zielpunkte wurden unlängst für eine effiziente Umwelterziehung von Seiten des Naturschutzes gestellt. Sie geiten insbeson dere für Tiergärten und Wildparks, die eine wichtige Rolle in der Umwelterziehung be kommen haben. DER WILDPARK KANN DURCH ERLEBNIS VERMITTLUNG SOWOHL DEN SCHULI SCHEN BEREICH DER WISSENSBILDUNG MOTIVIEREN, ALS AUCH DAS EMOTIO NELLE HANDELN ZUM SCHÜTZE DER NA TUR ANSPRECHEN. 45

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