Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Bücherecke Zeugung zum „Demokratischen Sozialismus". Er bejaht die „sozialdemokratische Gesellschaftspoli tik". Er ist stolz darauf, was der Sozialismus in Österreich seit 1970 erreicht, d. h. „tatsächlich ver ändert" hat: „Österreich hat sich unter sozialisti scher Führung seit 1970 aus einer unter dem euro päischen Niveau liegenden Wirtschaftsstruktur heraus zu einem modernen Industriestaat ent wickelt." Der Weg dahin wird mit wissenschaftli cher Gründlichkeit beschrieben. Sein Essay ist so mit auch ein Beitrag zur Parteigeschichte vom Hainfelder Gründungsparteitag 1888/89 über den Austromarxismus mit seiner oft problematischen „Sozialromantik", die Februartragödie 1934, die Zeit der großen Koalition, bis zum „Aufbruch zu neuen Ufern unter Bruno Kreisky 1967" und zum Standort „Wie Bruno Kreisky der große Durch bruch 1970/71 gelungen ist". Ab diesem Zeitpunkt setzt die kritische Linie des Buches ein. Der Autor untersucht messerscharf „Warum ist Sozialismus für die Mehrheit der Österreicher nichts Wün schenswertes geworden?" Er bedauert, daß sich die nach seiner Meinung beste politische Idee in einen „Pfründensozialismus" gewandelt hat. Auch im Stadium der Kritik bleibt R. HartI jedoch sachlich und wissenschaftlich. Seine Offenheit, sein klarer analytischer Geist würden im Augen blick der gesamten Parteipolitik in unserem Staat nützlich sein. O. Wutzel Neuerscheinungen des Landesverlages Paul Stepanek: Sprachbilde.r Prosa u. Lyrik ober österreichischer Schriftsteiler. Hrsg. vom Land Oberösterreich. — Linz: Landesverlag 1985, 272 Selten, Format 13 x 20,4 cm, Schwarzweißbild zu je dem Auto,r gebunden, Ladenpreis S 198.— „Stimmen am Strom" war das erste Lebenszeichen der damals in Aufbau begriffenen Literaturförde rung des Landes Oberösterreich nach dem Zwei ten Weltkrieg. Inzwischen erscheint jährlich „Die Rampe" und nunmehr liegt eine Anthologie mit Ar beiten von 41 heimischen Autoren vor. Der redak tionelle Betreuer dieses Buches, Paul Stepanek, erklärt in einem kurzen Vorwort die Motivation: Im Oberösterreich-Jahr sollten oberösterreichische Schriftsteller mit „Themen aus diesem Land oder über dieses Land" zu Wort kommen. Weiters soll ten die bisherigen literarischen Kulturpreisträger und Talentförderungspreisträger möglichst ge schlossen vorgestellt werden. Die Auswahl der Bei träge blieb den Mitarbeitern überlassen. Wir finden viele bekannte, zum Teil bereits interna tional respektierte Dichternamen, darunter man che erfreuliche Neubegegnung nach längerem Schweigen (in Oberösterreich), so etwa Rudolf Bayr, Margret Czerni, Hermann Friedl, Kurt Klinger, Irmgard B, Perfahl, Franz Tumler u. a. Dankbar müssen wir für die posthume Erinnerung an Karl Kleinschmidt sein. Wir vermissen aber auch schmerzlich manchen wichtigen Namen: Linus Kefer, Hans G. Hamber ger, Gottfried Glechner. Waren sie nicht erreich bar? Wollten sie nicht teilnehmen? Von Elfriede Prillinger wissen wir, daß sie nicht eingeladen wor den ist. Erfreulich das literarische Antlitz des oberösterrei chischen Schriftstellernachwuchses. Die Zahl der gewaltsam Modernen, der Sprachzerstörer und Dialektsprecher im Wiener Stadionjargon ist ge ring. Die meisten Jungen bemühen sich um einen echten Ausdruck. Sie versuchen, ihre brennenden Anliegen so vorzubringen, wie es einer dichteri schen Verarbeitung entspricht. Weniger erfreulich ist die graphische Gestaltung dieses Buches, mit dem der Landesverlag seine neue Verlagsserie „Literarische Edition" beginnt. Ein solches Unternehmen verlangt bibliophile Ge sinnung und nicht Gags, wie der Umschlag einer ist, oder herstellungstechnische Mängel, wie etwa auf Seite 43, die mit einem Ausgang (eines Absat zes) beginnt. Roswitha Zauner: Meine Liebe — Mein Land. Ge dichte. Iliustrationen: Eva Bosch. — Linz: Landesveriag 1986, 64 Seiten, 13 x 20,4 cm, gebunden, La denpreis S 128.— Mit diesem Lyrikband setzt der Landesverlag Linz seine neu geschaffene Reihe „Literarische Edition" fort. Ein guter Anfang. Ein Wegweiser. Bereits in der Anthologie „Sprachbilder" ließ Roswitha Zau ner mit ihren Gedichten aufhorchen. Sie sind form schön und gedankenreich. Das Weltbild der Dich terin ist, wie es in ihrer Generation gar nicht anders sein kann, von den Zeiterscheinungen über schattet. „Wenn ihr mich heut/manchmal nicht zu verstehen glaubt:/lch rede in der Sprache,/die ihr mich/ge lehrt habt." Doch führt sie uns mit ihren Versen im mer wieder aus dem Dunkel heraus zu „ihrem Land", das sie innig liebt: „Das ist mein Land: Hier wachsen die Bäume noch in den Himmel." Gegliedert ist der Inhalt dieses Bändchens in fünf Zyklen: Geboren im Schatten der Maulwurfshügel/lnnviertler Notizen/Meine Liebe — Mein Land/Die Karten sind aufgedeckt/Ich bin über die Erde gegangen. Die Dichterin stammt aus Peuerbach, hat bereits einige Preise errungen, darunter den Kulturpreis 1985 des Landes Oberösterreich, schreibt Hörspie le, Jugendstücke und eben auch Gedichte, die tief in die Seele des Lesers eindringen. Den Buchschmuck schuf einfühlend Eva Bosch mit elf Lithographien. Auch diesem Lyrikband hätte man wie den „Sprachbildern" eine liebevollere Buchgestaltung gewünscht. Adolfine Manzenreiter: D'Leut und d'Stoana in der Giashüttn. Holzrisse: Horst Bernhard. — Linz: Landesveriag 1985, 88 Seiten, 12,3 x 20 cm, 14 SWHolzrisse, broschiert, Ladenpreis S 128.— Eine echte Bereicherung der oberösterreichischen Mundartdichtung! Dieser schmale Band mit 24 Er zählungen aus der Landschaft des obersten Mühl viertels, aus der Ortschaft „Giashüttn" im Grenzbe reich des Böhmerwaldes, verdankt seine Entstehung einem Wettbewerb, der anläßlich des 100jährigen Bestandes des OÖ. Stelzhamerbundes 1983 ausgeschrieben worden ist und bei dem die ehemalige Gastwirtin Adolfine Manzenreiter aus Schwarzenberg mit ihrer Erzählung „Rund um d'Teuflschüssl" einen Preis errang. In schlichter Sprache und mit feinem Gespür für eine „Landschaftsseele" wird der Leser zu Men schen und Häusern geführt, die in einer ausge setzten, einsamen Heimat wurzeln. Wir spüren beim Lesen die Waldluft und die Kargheit des tägli chen Lebens. Dr. Horst Bernhard stellte als Bebilderung 14 Holz risse zur Verfügung. Vor kurzem sind wir diesem eigenwiliigen Künstler in einer Ausstellung der Mühlviertler Künstlergilde begegnet. Es war eine Entdeckung. Der gelernte Chemiker, der in reifen Jahren eine sichere Existenz aufgab, um als Künst ler freischaffend leben zu können, schreibt über sich selbst: „Seine Sturheit und die unverdrossene Zuversicht seiner Frau Brigitte führten dazu, daß die härtesten und unsichersten Jahre des Neuan fangs mit zu den schönsten wurden. So entstand in der nördlichsten Ecke Oberösterreichs, in Schwar zenberg, ein verrücktes Atelier und in Klaffer eine kleine Galerie, das Atelier Bernhard." Sigrid M. GröBing: Palatschinken sind keine Schin ken. Ein Buch f. Österreichfreunde, liiustrationen Agnes Huber. — Linz: Landesveriag 1985, 88 Sei ten, 24 Schwarzweißzeichnungen, 19 x 13,8 cm, ge bunden, Ladenpreis S 178.— Ein interessantes Büchlein, das Freunden (ober)österreichischer Spezialitäten viele Anregun gen gibt — zum Kosten und zum Selberkochen. Hervorzuheben ist die Vorliebe für einfache Spei sen, die bei uns zur Alltags- und Festtagsküche gehören. Die Rezepte werden anschaulich beschrieben und sind leicht zu erproben. Dabei wird uns bewußt, daß die Köchinnen der guten alten Zeit mit den Mengen und dem Kaloriengehalt nicht so zimper lich umgegangen sind, wie dies heute in einer Zeit, die Hunger nicht mehr erleben muß, oft der Fall ist. Auf Einfachheit der Küche wird, wie gesagt, Wert gelegt. Auch das sei modernen Köchinnen ins Merkbuch geschrieben! Wozu ausländische Ge würze, raffinierte Gaumenverlockungen! Gekocht wird, was in jedem normalen Haushalt jederzeit greifbar ist. Anmerken möchte ich, daß auch ohne Anleitung noch vieles in unseren Haushalten üblich ist. So gibt es z. B. noch immer Dukatenbuchteln und Zwetschkenknödel gerne zum Nachtisch. Unter Melange stellt sich allerdings kaum mehr eine Kö chin von heute einen mit Honig gesüßten Kaffee vor. Wie gesund! Auch das Salzkammergutschnit zel muß man schon selber ausprobieren. Die Kocheinflüsse aus Italien und Norddeutschland sind für heimische Köchinnen und Köche keine Empfehlung. Schnitzel mit Powidl gefüllt! Da wen det sich der Salzkammergütler mit Grausen! Bleiben wir lieber bei der Lieblingsspeise Kaiser Franz Josephs: Tafelspitz, und beim Lieblingses sen der Steiermärker: Sterz mit Kernöl. Die Illustrationen sind heiter. Die Gestaltung des Buches hält sich an ein erprobtes Beispiel. Helga Litschels „Hupfauf und Rauberbraten" könnte übri gens auch einmal neu aufgelegt werden. Diese Randbemerkung soll den guten Eindruck dieses „landschaftsgebundenen" Kochbuches allerdings nicht mindern. E. Wutzel 89

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